Datenbank (Ziele)

Voraussetzung für weiterführende wissenschaftliche Forschung ist eine systematische Erfassung sowie detaillierte Aufbereitung der Erdteilallegorien im Hinblick auf eine Vielfalt von Zugängen durch unterschiedliche Disziplinen. Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme sollen nach Abschluss des Projekts durch eine frei zugängliche Datenbank (open access) veröffentlicht werden. Hierzu entwickelt ein Expertenteam, bestehend aus Martin Gasteiner und Julian Rödelius, in Zusammenarbeit mit den ProjektmitarbeiterInnen eine speziell entworfene Hypermediaumgebung, die einerseits jedes Objekt

  1. über eine detaillierte Bildbeschreibung nicht nur textlicher Art, sondern vor allem visuell durch Markierung von Bilddetails und von komplexen Kompositionsschemata,
  2. über einen Situierungsplan zur Verdeutlichung der räumlichen Bezugs- und Wahrnehmungsnetze,
  3. über Angaben zum Entstehungskontext, restaurative Zeitschichten, Primärquellen, Bibliographie

zugänglich macht; andererseits diese in ihrer komparatistischen Gesamtheit mittels Beschlagwortung und Hyperlinks miteinander verknüpft. Ziel soll nicht lediglich das Verfügbarmachen eines großen Datenpools sein, sondern es soll vorrangig eine interaktive Datenbank entstehen, die die Fülle eines ansonsten nur schwer zugänglichen Quellencorpus‘ so aufbereitet, dass der (die) Benutzer(in) interaktiv wesentliche Einblicke in Präsenz, Gemeinsamkeiten, Unterschiede sowie in die historisch funktional-kommunikative Rolle der Ikonographie der Erdteile innerhalb des Untersuchungsgebiets gewinnt. Leitende Fragestellungen sind im Wesentlichen:

  • Aus welchen Gründen wurden wo, wann, durch wen, für wen Erdteilallegorien ausgeführt? Wie sah das gesellschaftliche Beziehungsgefüge aus, in dem Bild, Künstler und Auftraggeber standen?
  • Was für Vorlagen/Vorbilder wurden benutzt? Lassen sich lokale Besonderheiten (die wir bereits bei den Vorerhebungen festgestellt haben) dingfest machen? Lässt sich etwas zur Mobilität von Künstlern und Ideen aussagen? Gibt es Unterschiede in Inhalt, Ausführung, Rahmenbedingung zwischen Zentrum und Peripherie?
  • Was sind, aufgrund der konkret verwendeten Attribute sowie der übergeordneten Ausstattungsprogramme, die inhaltlichen Aussagen? Verändern sich diese unter Berücksichtigung des kulturellen Stellenwertes des Anbringungsortes (bspw. Grablege, Wallfahrt) und des gesellschaftlichen Beziehungsgefüges? Mittels der Bestandsaufnahme ist es erstmals möglich einen systematischen Überblick über das ikonographische Variationspotential seit der relativen Festigung durch Ripa zu gewinnen. Die ikonographische Analyse der Darstellung unter Heranziehung verschiedenster Nachschlagewerke, Vorbilder, etc. zählt zu den wichtigsten Schritte in der Entschlüsselung der Darstellung.
  • Bezogen auf die Erdteilallegorien: Was für unterschiedliche Rezeptionsstrategien lassen sich identifizieren? Die Wirkungsweise und Wahrnehmung der Erdteilallegorien ist nicht nur vom Betrachter selber abhängig, sondern auch von der Zugänglichkeit und öffentlichen Präsentation der Bilder, d.h. hier soll ein besonderes Augenmerk auf die Positionierung, die Beziehung der Ikonographie zu bedeutungsgeladenen Orten im Raum und deren ikonographischen Ausgestaltung, Komposition, farbliche Gestaltung sowie das verwendete Medium gelegt werden.
  • Inwieweit erlaubt die Feststellung zur regionalen oder überregionalen Bedeutung des Anbringungsortes (wie bspw. Wallfahrtskirchen) Schlüsse zur geographischen und sozialen Breitenwirkung?
  • Welche sind lokale und regionale Spezifika, auch im Licht der vorangehenden Fragen? Gibt es Spezifika, die mit dem politischen Territorium und der regierenden Dynastie, mit Konfession, mit speziellen Vernetzungen in der barocken Kunstproduktion, mit ganz bestimmten Orden als Auftraggebern, mit besonderen sozio-ökonomischen Bedingungen, mit der Funktion des Anbringungsortes selber oder ereignisgeschichtlich zu erklären sind?

Die Fragen werden naturgemäß unterschiedlich dicht und umfassend beantwortet werden können. Ständige Prüfkriterien sind dabei das Lokale, das Translokale, das Regionale, das Über- oder Transregionale, Vernetzungen zwischen diesen Ebenen, den Akteuren und Rezipienten.

Jeder Interessierte soll gezielt mittels Expertensuche nach ikonographischen Attributen, Künstlern, Orten, etc. suchen, und sich diese topographisch via Karte und chronologisch via Zeitleiste mit der bibliographisch relevanten Information anzeigen lassen können. Ziel soll sein, das Quellencorpus in einer Art und Weise zugänglich zu machen, die hierauf basierende weiterführende Forschungen erlaubt und fördert. Mit einer überregionalen, gattungsübergreifenden ikonographischen Bestandsaufnahme wird vor allem in der kunsthistorischen Forschung ein neuer Weg in der Erforschung lokaler, regionaler und überregionaler Vernetzungen beschritten. Ähnlich wie durch Werkverzeichnisse oder gattungsspezifische Bestandsaufnahmen innerhalb nationaler Grenzen sollen durch die Fokussierung auf ein bestimmtes ikonographisches Thema komparatistische und bilddiskursanalytische Studien unterschiedlichster Art ermöglicht werden. Umgekehrt wird auch der geschichtswissenschaftlichen „Bildkunde“ zugearbeitet, insoweit genuin kunsthistorische Ansätze und Methoden speziell und von Anfang an auf geschichtswissenschaftliche Zugangsweisen und Praktiken bezogen werden. Die Hypermediadatenbank eröffnet die Chance zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit beider Wissenschaften im Umgang mit Bildern, deren Dokumentation und Bereitstellung.
Altenhohenau