Anselm II. Schwab Zitieren
* 09. Jan 1713, † 23. Mai 1778, Abt, Salem, Zisterzienserkloster

Auftraggeber von
Kurzbiografie 

Abt Anselm II. Schwab kam am 9. Januar 1713 gegen 21 Uhr als Franz Meinrad Schwab in Füssen als achtes von elf Kindern zur Welt. Sein Vater Franz Benedikt Schwab, ein geachteter Kaufmann und ehemaliger Bürgermeister, schickte ihn zum Studium der Philosophie an die Benediktinische Universität zu Salzburg. Im Alter von 18 Jahren trat er als Frater Anselm dem Zisterzienserorden in Salem bei. Sechs Jahre später legte er im Studium der Theologie am 5. April 1737 das Cura-Examen ab und erhielt daraufhin die Priesterweihe. Bis zu seiner Abtwahl am 6. Juni 1746 war er als Dozent für Theologie tätig und hatte die Aufgabe des Novizenmeisters inne. Keine drei Jahre nach seiner Wahl ließ sich Anselm II. vom kaiserlichen Hofmaler und Freskant von Birnau Gottfried Bernhard Göz (1708–1774) porträtieren. Aufrecht steht er mit schwarzer Mozetta, Kappe und diamantenbesetztem Abtskreuz in Dreiviertelansicht in einem Innenraum, der am linken Bildrand durchbrochen ist und den Blick über eine Brüstung tief auf eine wellige Landschaft öffnet. In dieser finden sich in der Senke Schloss und Wirtschaftsgebäude von Maurach und auf der Anhöhe die Wallfahrtskirche Neu-Birnau. Der Abt, der selbstbewusst zum Betrachter schaut, lenkt stolz die Aufmerksamkeit desselbigen mit dem ausgestreckten Zeigefinger seiner rechten Hand direkt dorthin. Das Porträt enthält weitere Hinweise seiner erfolgreichen ersten drei Amtsjahre. Mit der linken Hand umfasst er zwei Schriftstücke, die nichts anderes als die Ernennung zum „Wirklichen Geheimen Rat“ der österreichischen Erblande (Erzherzogin Maria Theresia) und des Heiligen Römischen Reiches (Kaiser Franz I. Stephan) vom 30. April 1748 belegen. Hierdurch berief Wien jemanden, der als Abt eines reichsunmittelbaren, konsistoralen, königlich exemten Klosters nicht nur im Kollegium der schwäbischen Prälaten und im Schwäbischen Kreis eine eigene und mächtige Stimme besaß, sondern auch im Konsistorium, der Vollversammlung der Kardinäle unter Vorsätze des Papstes, Mitglied war und nicht der bischöflichen Obrigkeit in Konstanz unterstand.[1]

In den Folgejahren bewies Anselm II. nicht nur politisch Geschick und Weitsichtigkeit[2], sondern auch in Finanzangelegenheiten. Er brachte alleine für den Bau der Neu-Birnau innerhalb von vier Jahren 150.000 Gulden auf und mehrte das Kapital Salems „bis 1761 um rund 400 000 Gulden“[3]. Innerklösterlich führt er ein strenges Regiment. Es heißt, dass er „alle Arbeiten […] in eigener Person [prüfte]“[4]. Für die drei Patres in Neu-Birnau verfasste er 1751 ein eigenes Statut, das die Lebensweise, die Seelsorge und wirtschaftliche Verwaltung regelte. Auch setzte er während seiner Amtszeit die bis dato etwas lax gehandhabte Bulle In Suprema zur „Genauen Observanz“ von Papst Alexanders VII. (reg. 1655–1667) aus dem Jahr 1666 durch.[5]

In seiner Funktion als Abt gehörte auch das Reisen zum Alltag. Eines der Reiseziele waren jeweils die Tochterklöster Salems: die Frauenzisterzen Wald, Baindt, Rottenmünster, Heiligkreuztal, Heggbach, Gutenzell, Feldbach und Kalchrain (CH). Sein zentralisierendes Machtverständnis blieb nicht ohne Spannungen im Vater-Tochter-Verhältnis und führte letztlich 1752 dazu, dass Anselm II. nach einem Konflikt mit der Äbtissin von Wald, Maria Dioscora von Thurn und Valsassina (reg. 1739–1772), die Paternität über alle Frauenzisterzen niederlegte, mit der Absicht Wald zum Einlenken zu bewegen. Am Ende seiner Amtszeit erkannten von den ursprünglich acht lediglich vier Klöster weiterhin Salem als Vaterkloster an.[6] Andere Reisen führten ihn jährlich nach Citeaux zum Generalkapitel, manchmal sogar bis nach Paris, zu anderen Brüderklöstern in Frankreich, Süddeutschland oder wie 1758/59 nach Ungarn als Visitator.

Im Verlauf seiner Amtszeit erwarb Anselm II. nicht nur Freunde, sondern auch Feinde, die ihn im Frühjahr 1761 versuchten abzusetzen. Erst das Eingreifen des Papstes in der Gestalt des Präfekten der vatikanischen Archive Monsignore Giuseppe Garampi (1725–1792) löste den Konflikt mittels eines Kompromisses zwischen Konvent und Abt.[7] In seinen Aufzeichnungen lobte Garampi zwar Anselm II. als ein frommes und kluges Oberhaupt, aber konstatiert auch seinen Argwohn, seinen aufbrausenden Charakter und seine Prunkliebe.[8]

Ein Porträt Anselms aus den 1770er-Jahren[9], zugeschrieben Andreas Brugger (1737–1812), erinnert unter anderem an dieses Ereignis: In der rechten Hand hält Anselm II. die Papstbreve von 1666, rechts vor ihm liegen auf einem Samtkissen seine Ernennung zum „wirklichen Geheimen Rat“ und seine Rehabilitierung von 1762. Am linken Bildrand befinden sich zwei Pläne: unten den für die Wallfahrtskirche von Neu-Birnau, oben der des Salemer Vierungsturms. Nach Abschluss der Birnauer Bauarbeiten wendet Anselm seinen Veränderungsdrang im Speziellen dem Salemer Münster zu: bis 1751 Erweiterung des Chores, bis 1753 ein 60 Meter hoher Vierungsturm[10] (1808 Abbruch wegen Baufälligkeit), 1770er-Jahre neue Orgel von Karl Joseph Riepp (1710–1775), Nord- und Westempore bemalt von Andreas Brugger. Auch vor dem Inneren des Konvents machte er nicht halt: Abtsalon (stuckiert von Johann Georg Dirr und mit Gemälden von Gottfried Bernhard Göz 1764) und Bernardusgang (mit dem Bernarduszyklus von Andreas Brugger 1765/66). Als Auftraggeber überwachte Abt Anselm II. sehr genau den Fortschritt und hatte auch wahrscheinlich genaue Vorstellungen vom Ergebnis. Als ein sehr gebildeter Mann war es auch vermutlich er, der die Programme entweder selber entworfen oder bei deren Formulierung maßgeblich mitgewirkt hat. Besonders für Birnau spricht sehr viel dafür, dass er nicht nur Auftraggeber, sondern auch Programmentwerfer war.

Bis zu seiner Abtwahl 1746 hat er in Salzburg Philosophie studiert und in Salem Theologie unterrichtet. Auch war er es, der bei der Kirchweihfeier unter anderem die Themen für die Predigten vorgegeben hat. Hierauf verweist der Redner der zweiten Predigt – „Vorschrift, eines marianischen Anselmi“ – explizit. So scheint es ein „glücklicher Umstand“, dass sein krankheitsbedingter Leidensweg am 23. Mai 1778 am Fuße seines größten Bauvorhabens Neu-Birnau im Klostergut Maurach endet. Der Nachwelt bleibt er als kunstsinniger und energischer Abt in Erinnerung. Auf seiner Grabinschrift ist heute noch zu lesen: „Das Münster verdankt ihm seinen Schmuck, das Gymnasium und Seminar den Flor der Schüler und schönen Künste, die Bibliothek einen vermehrten Schatz und Neubirnau sich selbst.“[11]

[1] Vgl. Dillmann 1987, 10.

[2] 1764 Einladung zur Wahl und Krönung Josephs II. zum römischen König nach Frankfurt; Direktor und Kondirektor des schwäbischen Reichsprälatenkollegiums.

[3] Dillmann 1987, 11. Auch gründete er 1749 mit der Ordentlichen Waisenkasse die erste deutsche Sparkasse. Vgl. Siweck 1984, 305f.

[4] Dengel 1905, 92.

[5] Dies umfasste unter anderem das Gebot des Stillschweigens, verschärftes Fastengebot, Verbot von Tabak, strengere Regelung des Tagesablaufs etc. Vgl. Dillmann 1987, 12.

[6] Vgl. ebenda, 13–15.

[7] Unter den „Neider[n] des Salemer Wohlstands“ (wie Anselm II. sie selber nannte) befand sich neben zwei Salemer Mönche und den Äbten von Ebrach und Lützel auch der Konstanzer Fürstbischof Kardinal Franz Konrad von Rodt (1706–1775). Gemeinsam bewirkten sie bei der Ordensmutter in Citeaux eine Visitation Salems durch die Äbte von Ebrach und von St. Urban (Schweiz), die allerdings ohne die erwartete sofortige Absetzung des Abtes endete. Zur weiteren Verteidigung seines Amtes kontaktierte Anselm seine Verbündeten an der Kurie in Rom und am kaiserlichen Hof in Wien. Daraufhin wurde Garampi im Herbst 1761 zur endgültigen Beilegung dieses Zwistes entsendet. Ausführlich zur außerordentlichen Visitation von 1761 siehe Dengel 1905, 87–178.

[8] Dengel 1905, 149 Anm. 1; Dillmann 1987, 36.

[9] Hubert Hosch, der Brugger Forscher, datierte es 1987 zwischen 1774 und 1778. 2008 korrigiert er sich und nimmt aufgrund der Datierung um 1779 an, dass es von Andreas Brugger nach dem Tod Abt Anselms entstanden sei. Jedoch widerspricht die Ikonografie meines Erachtens einer Datierung nach dem Tod des Porträtierten. Vgl. Hosch 1987, 170f. B 82; ders. 2008, 36 Abb. 23a.

[10] Vgl. für eine Abbildung Siwek 1984, 296.

[11] Zitiert nach: Siweck 1984, 313.

Zuletzt aktualisiert am: 24.01.2016

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Forschungsplattform Erdteilallegorien im Barockzeitalter / Research Database Continent Allegories in the Baroque Age

Nirgendwo hat der Barock eine solche Dichte an Allegorien der vier Erdteile – Europa, Asien, Afrika und Amerika – hervorgebracht wie im Süden des Heiligen Römischen Reiches. In ihnen manifestieren sich die Vorstellungen des Barock von der Gestalt der Welt, ihrer politischen, sozialen und spirituellen Ordnung, vom Fremden wie vom Bekannten. Diese einzigartige Sammlung dokumentiert Darstellungen der vier Erdteile in Fresken, Stuck, Gemälden oder Skulpturen in ihren ursprünglichen Ausstattungskontexten. Baugeschichten sind ebenso erfasst wie Künstler und Auftraggeber.

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Allegories of the four continents – Europe, Asia, Africa, and America – were an extremely popular iconographic motive during the baroque era. It was most prevalent in the Southern Parts of the Holy Roman Empire. These allegories express/manifest/carry the imagination/conception/vision of the baroque of the shape of the world, its political, social, and spiritual order as well as of foreign and familiar things. This unique collection documents depictions of four continents in frescoes, stucco, paintings or sculptures in their place of origin. The historical contextualization contains the building history as well as artists and principals.

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