Maria vom Trost und Hl. Antonius Bruderschaften (Vorderburg) Zitieren
Bruderschaft, Gruppe

Auftraggeber von
Kurzbiografie 

Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg „Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“ (235f.):

Eine wichtige Rolle in der Finanzierung spielten die existierenden Bruderschaften zum heiligen Antonius und Maria zum Trost.[1] Die ältere Bruderschaft, dem heiligen Antonius geweiht, geht auf das Jahr 1678 zurück. In diesem Jahr bat der Ortsgeistliche, Pfarrer Johannes Lutzenberger (reg. 1676–1686),[2] den Fürstbischof Johann Christoph von Freyberg in einem Schreiben darum, eine Bruderschaft gründen zu dürfen, da doch alle umliegenden Kirchen bereits

„allbereite mit unterschiedlichen, schönen andächtigen Bruderschaften versechen [seien] zum großen Nutzen und Eifer der Seelen“[3].

Die Genehmigung wurde ihm umgehend erteilt mit dem Auftrag, eine Bruderschaft zum heiligen Antonius von Padua zu gründen.[4] Durch den Bischof wurde sie am 11. Oktober 1678 bestätigt und im darauffolgenden Jahr durch zwei päpstliche Breven mit vollkommenen Ablässen für den Beitritt, für die Sterbestunde und für das Hauptfest sowie mit einem Teilablass für die regelmäßige Teilnahme an den Bruderschaftsumgängen sowie an den Gottesdiensten ausgestattet. Im selben Jahr, keine zwei Monate nach der Gründungsfeier, habe, so ein Bericht Pfarrer Lutzenbergers an das Augsburger Generalvikariat, die Bruderschaft bereits 2000 Seelen gezählt.[5]

Das rasche Anwachsen der Bruderschaft brachte auch finanziellen Erfolg mit sich. Bis 1747 verzeichnet die Bruderschaft Einnahmen in Höhe von 3610 fl. Die von 1679 bis 1802 im Pfarrarchiv erhaltenen Bruderschaftsrechnungen geben Auskunft über die Ausgaben: Die Fraternität finanzierte nicht nur die Bruderschaftsaktivitäten[6] sowie ihr Personal[7], sondern gab auch bis 1737 über 700 fl. für „Kirchenzierde“ und für den anschließenden Kirchenneubau bis 1742 weitere 900 fl. „auf Verbauen“ aus. Ihr finanzieller Beitrag zum Kirchenbau machte rund 40 Prozent der gesamten Bausumme in Höhe von 2202 fl. aus.

Die zweite Bruderschaft zur Verehrung der Maria zum Trost wurde von Pfarrer Erdt entweder zur Lösung der Finanzierungsprobleme oder zur Erbauung seiner Kirchengemeinde oder auch schlicht aus einem persönlichen Wunsch heraus gegründet. Die neue Fraternität feierte ihre Einrichtung am 12. Februar 1741 in Anwesenheit zweier Vertreter des „Mutterordens“ der Bruderschaft, der Augustiner-Eremiten. Sie wurde der Erzbruderschaft bei S. Giacomo in Bologna angegliedert.[8] Wie der jährliche Ankauf von ein bis fünf gegerbten Kalbsfellen zur Herstellung der Bruderschaftsgürtel belegt, stieß die Neugründung auf reges Interesse in der Gemeinde.[9]

1747 wurden die Bruderschaftskassen zusammengelegt. Für den Zeitraum bis 1789 verzeichnet das Bruderschaftsbuch Einnahmen in Höhe von 5737 fl., wovon neben jährlichen Ausgaben (im Durchschnitt circa 60 fl.) auch die Neugestaltung des Kircheninneren zwischen 1782 bis 1789 bestritten wurde. Dieses umfasste einen neuen Choraltar für 206 fl., ein Altarbild für 80 fl., sonstigen Schmuck im Wert von 47 fl. und die Ausmalung durch den Rettenberger Maler Dionys Roman Weiß. Letztere belief sich auf insgesamt 448 fl. und wurde gänzlich von der Bruderschaft bezahlt. Der verantwortliche Pfarrer zu dieser Zeit war Johann Jakob Jeck.

Anders als in Oberigling deutet innerhalb des Bildprogramms nichts direkt auf die beiden Bruderschaften hin. Die Fresken im Langhaus zeigen Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons, im Chor verherrlichen die vier Erdteile die Eucharistie, also ein Thema, dass für den Aufbewahrungsort des allerheiligsten Altarsakraments durchaus angemessen und typisch ist. Einzig die Inschriftenkartusche erinnert nicht nur an das Engagement des Pfarrers und an den ausführenden Künstler, sondern auch an das archivalisch belegte bruderschaftliche Engagement:

„Die Kirche wurde aus Bruderschaftsmitteln restauriert unter dem Pfarrer Jakob Jeck mit der Hilfe von Roman Dionys Weiß.“

[1]      Dies belegt eine Analyse ihrer finanziellen Verhältnisse, ihrer Mitgliederzahlen, ihrer Aktivitäten, kurz: ihrer Rolle und Bedeutung im religiösen Leben der Kirchengemeinde, die Josef Stadelmann 1948 im Zuge seiner Heimatgeschichte durchgeführt hatte.

[2]      Pfarrer Lutzenberger war ein eifriger Seelsorger, der als „vir doctissimus“ bezeichnet wurde. Er verblieb zehn Jahre in der Pfarrei, wechselte dann 1686 nach Petersthal. Dort wirkte er bis zu seinem Tode und übte zusätzlich die Funktion des Dekans des Landkapitels Kempten aus. Vgl. Stadelmann Vorderburg 1948, 146.

[3]      Zitiert nach: Stadelmann Vorderburg 1948, 203.

[4]      Dieser Wunsch soll auf die Vorliebe des fürstbischöflichen Hofmarschalls Joachim von Stein für den Heiligen zurückgehen. Zu dieser Zeit „waren italienische Franziskanerpatres überwiegend im bayerischen Raum tätig. Die bayerische Ordensprovinz nahm 1624 sogar den Namen des heiligen Antonius an. Binnen weniger Jahrzehnte erfolgte ein starker Aufschwung, ja eine Blüte der Antoniusverehrung, die sich nicht auf die Klöster beschränkte, sondern auch von Weltpriestern geleitete Wallfahrtsorte des Antonius ins Leben rief […]. Mitglieder der kurfürstlichen Familie gehörten zu seinen eifrigsten Verehrern.“ Vgl. Kleinschmidt Antonius 1931, 263; Stadelmann Vorderburg 1948, 203.

[5]      Die Zahl ist wohl etwas übertrieben, da der Ort im Jahr 1690 gerade mal 86 Familien mit 631 Einwohnern zählte. Vgl. Stadelmann Vorderburg 1948, 148.

[6]      Dazu gehören zum Beispiel die Bruderschaftsmessen und die Jahresumgänge. Vgl. ebd., 207.

[7]      Hierbei handelte es sich um die Fahnenträger, den Mesner, den Bruderschaftsmeister und die Vorsänger.
Vgl. ebd.

[8]  Der Ursprung der Bruderschaft liegt im Augustiner-Eremitenorden. Unter ihrem Generalprior Gerhard von Rimini ersuchte sie am 14. August 1439 beim Papst um die Erlaubnis, an der Kirche S. Giacomo in Bologna eine Gürtel-Bruderschaft (Confraternitas Cincturatorum et Cincturatarum S. Augustini et S. Monicae) zu gründen. Keine sechzig Jahre später, 1495, wurde auf Initiative des Augustinerpaters Martinus von Vercelli erneut in Bologna eine zweite Bruderschaft Maria vom Trost (Confraternitas BMV de Consolatione) errichtet. Die Vereinigung beider Bruderschaften zur Bruderschaft vom Gürtel der seligsten Jungfrau Maria vom Trost durch den Ordensgeneral Thaddäus von Perugia wurde am 15. Juni 1557 durch Papst Gregor XIII. in der Bulle Ad ea bestätigt und am 1. August 1576 in der Breve Curandum est zu einer Erzbruderschaft erhoben. Vgl. MLK Trost 1994, 477f. Papst Gregor XIII. stammte selbst aus dem Augustiner-Orden und war das erste Mitglied der neu gegründeten Bruderschaft.

[9] Vgl. ebd., 208.

Komplettes Verzeichnis der in der Dissertation verwendeten Literatur findet sich in der Datenbank unter Bibliografie > Dissertation.

Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016

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Forschungsplattform Erdteilallegorien im Barockzeitalter / Research Database Continent Allegories in the Baroque Age

Nirgendwo hat der Barock eine solche Dichte an Allegorien der vier Erdteile – Europa, Asien, Afrika und Amerika – hervorgebracht wie im Süden des Heiligen Römischen Reiches. In ihnen manifestieren sich die Vorstellungen des Barock von der Gestalt der Welt, ihrer politischen, sozialen und spirituellen Ordnung, vom Fremden wie vom Bekannten. Diese einzigartige Sammlung dokumentiert Darstellungen der vier Erdteile in Fresken, Stuck, Gemälden oder Skulpturen in ihren ursprünglichen Ausstattungskontexten. Baugeschichten sind ebenso erfasst wie Künstler und Auftraggeber.

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Allegories of the four continents – Europe, Asia, Africa, and America – were an extremely popular iconographic motive during the baroque era. It was most prevalent in the Southern Parts of the Holy Roman Empire. These allegories express/manifest/carry the imagination/conception/vision of the baroque of the shape of the world, its political, social, and spiritual order as well as of foreign and familiar things. This unique collection documents depictions of four continents in frescoes, stucco, paintings or sculptures in their place of origin. The historical contextualization contains the building history as well as artists and principals.

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