Kranzegg (Oberallgäu), Mariä Opferung Zitieren
Die Darstellung „Verherrlichung Mariens als Quell der Gnade durch die vier Erdteile“ ist Teil einer Ausstattung, die aus einem Mittelbild mit einer Interzessionsdarstellung Mariens sowie vier ovalen Eckfeldern besteht. Franz Anton Weiß hat sie 1770 – belegt durch eine Signatur – angefertigt. In der südöstlichen Ecke knien die weiblichen Repräsentanten der vier Erdteile um einen Brunnen, in dessen Zentrum erhoben durch einen Sockel Maria mit Kind sitzt. Im Vordergrund fangen Europa und Asien, und entsprechend hinter ihnen Afrika und Amerika das Wasser aus den Gefäßen des göttlichen Paares in Schalen auf. Die Ikonografie der Erdteile ist einfach gehalten: Europa in Ritterrüstung trägt einen roten Mantel mit goldener Bordüre und eine Krone; Asien schmückt sich mit Perlen im Haar und am Hals sowie goldenen Borten an Halsausschnitt und Borte. Ihr knielanges hellblaues Oberkleid ist an der Taille mit einem goldenen Gürtel geschnürrt. Unter diesem ist ein weißes Unterkleid zu erkennen. Sowohl Afrika als auch Amerika bestechen durch ihre schwarze Hautfarbe. Das Weiß ihrer Kleidung und Perlen kontrastiert mit ihrem Teint. Während Afrika in einem ziemlich langen Gewand gekleidet ist, ist Amerika bis auf einem Federrock und einer Federkrone nackt.
Die Szene wird noch durch ein gemaltes Banner mit folgender Inschrift abgerundet: „Alle theil der ganzen Erdn | durch dein gnad begossen Werden.“
von West nach Ost:
LANGHAUS
- nördliche Seitenbilder:
- Maria als Fürbitterin für den heiligen Dominikus vor dem zürnenden Christus – Inschrift: Hast erhalten meine Pfeil. | Hetts sonst gworffen in der eil.
- Verherrlichung Mariens als Quell der Gnade durch die vier Erdteile – Unterschrift: Alle theil der ganzen Erdn | durch dein gnad begossen Werden.
- Mittelbild: der heilige Antonius als Empfänger der Rosen Mariens (Signatur)
- südliche Seitenbilder:
- Christus als Weltenrichter (erneuert 1928) – Unterschrift: Halte strenge im Gerichte | Lohn dem Guten Straf vem Bösewicht.
- Maria schwebt über der Kranzegger Marienkapelle – Unterschrift: Da will ich wohnen | euch Zu vershonen.
CHORBOGEN
Wappen des Fürstbischofs von Augsburg, Alexander Sigismund Pfalzgraf von Neuburg (reg. 1690–1737)
CHOR
Mariä Verkündigung (1725/1726)
Eine erste Renovierung ist für das Jahr 1883 belegt. Auf diese gehen vermutlich die Übertünchungen der Chorfresken sowie die Übermalungen im Langhaus zurück, die im Zuge der Restaurierung 1928/1929, durchgeführt von den Gebrüdern Haag aus Ottobeuren, wieder entfernt wurden.[1] Das südwestliche Eckfeld mit der Darstellung „Christus als Weltenrichter“ wurde komplett erneuert, der Stuck wurde neu getönt und die Figuren der Altäre neugefasst.[2]
[1] Vgl. KD Schwaben 8/1964, 496.
[2] Vgl. ebenda, 497f.
Inspirationsquell war für den Künstler die Erdteilkomposition aus der Kirchaslacher Wallfahrtskirche. Dessen umfangreiches mariologisches Programm, das sich innerhalb kleinerer und größerer Deckenspiegel über die gesamte Decke der dreischiffigen Kirche entwickelt, wurde 1714 erstmals in Augsburg und dann in einer zweiten Auflage 1726 in Mindelheim unter dem Titel „Gnaden-bräu…zu Kirchhaslach…“ in Text und Bild veröffentlicht. Dieses Büchlein wurde nicht nur konzeptuell als Vorlage für andere Kirchenräume herangezogen, sondern trug auch ganz wesentlich zur Verbreitung des Bildmotivs selber bei oder wie Cornelia Kemp schlussfolgerte: Seine Wirkung sei „nur mit der Popularität der Symbolograpia von J. Boeschius [Augsburg 1701 und Dillingen 1702] vergleichbar“ (121).[1]
Innerhalb des erfassten Bestands bezieht sich neben Kranzegg nur noch eine der Fons-Gratiae-Kombinationen in Bernbeuren, Mariae Heimsuchungskapelle direkt auf diese. Bei Bayrischzell handelt es sich um einen mittelbaren Nachfolger, da die Sockelfigur der ausschenkenden Maria durch die Schmerzensmutter ersetzt wurde und das gnadenbringende Wasser direkt aus dem Brunnen fließt.
[1] Auch für andere Szenen waren sie vorbildhaft siehe beispielsweise in Ailsingen (Schutzmantel, Jericho etc.), Lehenbühl (Arche Noah, Schutzmantelmadonna), Günzburg (Chor), Bernbeuren (Langhaus), Mussenhausen (Chorgestühl) und für viele mehr außerhalb des erfassten EA-Bestands. Vgl. hierzu ausführlich Kemp Emblematik 1981, 122.
Zuletzt aktualisiert am: 03.10.2018