Erdteilallegorien in Tirol und Südtirol: Passagen eines Sujets
Die Freskenausstattung der Kirche St. Hermagoras und Fortunatus ist die mit Abstand späteste Darstellung des Erdteilthemas im gesamten Untersuchungszeitraum und ein bemerkenswertes Beispiel für das Aufgreifen spätbarocker Motive in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Da der Künstler unbekannt ist, lässt sich wenig über direkte Vorbilder sagen. Offensichtlich ist lediglich die Verbindung zu dem Kanon barocker Erdteildarstellungen, wie sie Auftraggeber und Künstler aufgrund eigener Anschauung aus Tiroler Kirchen vertraut gewesen mussten.
Aufgrund der Quellenlage lässt sich kein direktes Vorbild identifizieren, das entweder Auftraggeber oder Künstler angeregt haben könnte. Vergleiche im regionalen Umfeld mögen allenfalls Indizien liefern. Die chronologisch nächste Erdteildarstellung in der Umgebung sind jene in der Pfarrkirche von Mittewald (1832), St. Veit in Obertelfes (1826), Mariae Himmefahrt in Tisens (1780), St. Margarethen in Uttenheim (1774) oder St. Georg in Tiers (1771). In allen genannten Fällen sind die Erdteile um eine Weltkugel gruppiert dargestellt.
Derartige Übereinstimmungen reichen nicht aus, um den unmittelbaren Entstehungszusammenhang des Freskos in St. Hermagoras und Fortunatus zu klären oder ein direktes Vorbild zu bestimmen. Aber immerhin verorten sie das Albeinser Fresko als spätes Beispiel im reichen Kontext von Erdteilallegorien in Kombination mit Weltkugeln, wie sie in Nord- und Südtiroler Dorfkirchen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts auftreten.
Albeins | 1858
Die vier Kontinente knien in anbetender Haltung vor der Monstranz.
Dieses Motiv der Anbetung ist durchaus verbreitet, es visualisiert den universalen Anspruch des Katholizismus und tritt allein im Tiroler Bereich sechsmal auf.
Albeins | 1858
Stifter-Mediallon über der Empore der Pfarrkirche von Albeins. Der Unterhuber-Hof, auf dem die Familie Ritsch ansässig war, existiert bis heute.
Albeins | 1858
Die strukturlose graue Fläche zwische nEuropa und Asien und die beiden großen, annähernd symmetrischen braungrauen Flecken über den Köpfen Europas und Asiens lassen vermuten, dass die beiden Figuren ursprünglich vor einer Weltkugel knieten.
Mittewald | 1832
Unter den Albeins verwandten Südtiroler Erdteildarstellungen sind jene von Mittewald aud der Hand Josef Renzlers die chronologisch und räumlich nächsten.
Mittewald | 1832
Detailansicht
Obertelfes | 1824
…auch die späten Erdteildarstellung in St. Veit in Obertelfes (L. Puellacher) folgen der geläufigen Kombination von Erdteilallegorien vor Weltkugel in Anbetung der Eucharistie.
Brixen im Thale | 1795
…Andreas Nesselthalers klassizistisch anmutende Interpretation des Verehrung der Eucharistie durch die vier Erdteile….
Hägerau | 1787
Die Verbindung von Verherung der Euchariste und den brennenden Herzen der Gläubigen in Kombination mit den vier Erdteilen und einer Weltkugel zeigt auch das Langhausfresko der Pfarrkirche SS. Sebastian und Rochus in Hägerau (J. Degenhart).
Hägerau | 1787
Detail: Erdteile
Fulpmes | 1747
Die von Johann Georg Bergmüller in der Kirche St. Veit in Fulpmes gemalten Fresken sind ein expressives Beispiel der Erdteilikonographie.
Gottfried Bernhard Göz | 1748
Von Gottfried Bernhard Göz sind mehrere Stiche und Vorzeichnungen erhalten, die das Erdteilthema zeigen. Die Verbreitung der Stiche lässt vermuten, dass sie sich auch als Vorlagen für andere Künstler dienten.
Garsten | 1683
…dieser Triumph des hl. Benedikt aus dem Stift Garsten ist ein frühes Beispiel für die Darstellung der Erdteile in Kombination mit der Weltkugel.
Künstler: Michael Christoph Grabenberger.