Christoph Thomas Scheffler entstammte einer Künstlerfamilie: Sein Vater war der Maler Wolfgang Scheffler und sein Bruder der spätere Prager Hofmaler Felix Anton Scheffler. Die Brüder absolvierten ihre Lehre in der Werkstatt ihres Vaters, danach setzten sie ab 1719 ihre Ausbildung bei dem bayerischen Barockmaler Cosmas Damian Asam fort.[1] Der zwei Jahre ältere, 1699 in Mainburg bei Freising geborene Christoph Thomas Scheffler war von 1719 bis 1722 Asams Geselle.[2] Über seine Lehrjahre berichtete er rückblickend:
„Vatter zu Freysing die freye Kunst des öhlmahlens rechtmäßig erlehrnt, und hernachmahls dieselbe bey dem Berühmten Virtuosen Herrn Asam zu München wie folgendes zu Mergenthal, Schleißheim, Ellwangen und Allersbach mit elaborierung Klein und großer Historien auch sonderbar in Fresco etliche Jahr lang practicirt, bey meiner allhier beschehenen Ankunft aber bey unterschiedlichen Kunsterfahrenen fürnehmlich auch denen Kupferstechern mit fürweißung meiner Arbeit mich infinnirt […].“[3]
Zum Zeitpunkt des Schreibens war Scheffler aus dem Jesuitenorden, in den er am 20. September 1722 in Landsberg am Lech als Laienbruder eingetreten war, wieder ausgetreten. Insgesamt war er sechs Jahre Mitglied der Societas Jesu und hatte während dieser Zeit auch als Maler für den Orden gearbeitet,[4] wie die Herstellung der Altarblätter (1725) und die Ausmalung der Jesuitenkirche in Ellwangen (1727) belegen.[5] Als Laienbruder des Jesuitenordens kann bei ihm, „stärker als bei anderen Malern, eine Kenntnis der Ordenshistoriografie, Ordensikonografie sowie ein vertrauter Umgang mit den Ordensmitgliedern vorausgesetzt“ werden.[6]
Dass die Societas Jesu seine Arbeit und künstlerische Begabung auch nach dem Austritt aus dem Orden sehr schätzte, belegt die weitere Zusammenarbeit. So malte Scheffler zwar nach 1728 auch für andere Orden, aber Mitte des 18. Jahrhunderts überträgt ihm die Societas Jesu wieder zwei Großaufträge: Ab 1750 freskiert Scheffler die Jesuitenkirche in Dillingen, darauf folgt ab 1753 die Ausmalung der Ordenskirche in Landsberg am Lech.[7] Auch sein Bruder Felix Anton, mit dem Scheffler nach 1728 zusammenarbeitete, war für den Jesuitenorden tätig, wie die im Jahr 1744 ausgemalte Jesuitenkirche in Brünn (Mähren) belegt.[8] Felix Anton, der im Jahr 1730 mit seinem älteren Bruder zur Ausmalung der Breslauer Peter-Paul-Kirche nach Schlesien gereist war, kehrte im Gegensatz zu diesem nicht wieder zurück, sondern war vor allem in Schlesien, Mähren und Böhmen tätig, wo er sich 1747 in Prag niederließ.[9]
Christoph Thomas Scheffler hingegen ging 1732 nach Augsburg, wo sich ihm als Maler durch die Kupferstecher, für die er Vorlagen zeichnete, ein „breites Tätigkeitsfeld“ bot.[10] Dort verschaffte ihm Prior Cölestin Mayr, Abt von St. Ulrich und Afra, viele Aufträge „in und um Augsburg“. Sein Wirkungskreis, der den bayrisch-schwäbischen Raum umfasste, reichte bis nach Mainz, Trier und Regensburg, wo er ein „umfangreiches Schaffen“ entfaltete.[11] Bei diesen vielfältigen Aufträgen haben ihn auch Lehrlinge und Gesellen unterstützt, allerdings ist über Christoph Thomas Schefflers Werkstattbetrieb und seine Mitarbeiter wenig bekannt.[12]
Schefflers Tafelbilder belegen, dass er neben der Fresko- auch die Ölmalerei beherrschte und seine Auftraggeber auch von „seinen Fähigkeiten als Ölmaler überzeugt“ waren.[13] Für den Kongregationssaal der Jesuiten in Ingolstadt, den sein Lehrer Cosmas Damian Asam 1734 ausgemalt hatte, lieferte er 1752 beispielsweise zwei Tafelbilder.[14] Ob er das Ingolstädter Fresko mit der Darstellung der Erdteilallegorien aus eigener Anschauung kannte, ist hingegen nicht belegt. Entscheidend beeinflusst scheinen sie Schefflers Erdteilallegoriedarstellungen allerdings nicht zu haben, wenn man die Personifikationen der vier Kontinente in der Wallfahrtskirche in Witzighausen betrachtet, die 1740 entstanden sind.[15] Auch die Erdteilallegoriedarstellungen in der Dillinger Jesuitenkirche, die etwa zeitgleich mit den Tafelbildern für Ingolstadt entstanden sind, zeigen einen anderen Aufbau. Zwar sind die Dillinger wie die Ingolstädter Erdteildarstellungen sehr figurenreich und zeichnen sich durch einen narrativen Charakter aus, allerdings unterscheiden sie sich von den Fresken Asams in ihrem dreiteiligen, pyramidalen Aufbau und mit der Betonung auf die Wundertätigkeit von Marienbildern. Die Darstellung der erfolgreichen Weltmission durch den Jesuitenorden in Dillingen führt dem Kirchenbesucher – im Gegensatz zum mariologischen Programm in Ingolstadt – die Ordenshistoriografie und Ordensikonografie der Societas Jesu vor Augen.[16]
Da Scheffler am 25. Januar 1756 starb, sind die Landsberger Deckengemälde – nach der Ausmalung der Dillinger Jesuitenkirche – Schefflers „letztes großes Werk, das er als schwerkranker Mann schuf“.[17] Da nach seinem Tod einige Aufträge unvollendet blieben, kehrte sein Bruder Felix Anton für kurze Zeit nach Augsburg zurück, um die von Scheffler begonnenen Arbeiten zu vollenden.[18]
[1] Vgl. hierzu Braun 1939, 2–3; Schneider 2014, 47.
[2] Vgl. CdbM 14/2010, 269.
[3] Zitiert hier nach Braun 1939, 97. Es handelt sich bei dem Zitat um einen Auszug aus dem Gesuch Schefflers um einen „Beisitz“ im Augsburger Magistrat. Das Gesuch selbst ist zwar undatiert, wurde aber am 22. Mai 1728 behandelt und am 12. Juni desselben Jahres genehmigt. Siehe hierzu Braun 1939, 5.
[4] Vgl. Lochner von Hüttenbach 1895, 59; Braun 1939, 3–5; Schneider 2014, 47–48.
[5] Zu den Arbeiten in Ellwangen siehe Braun 1939, 3–4, 29–31, 75, 85.
[6] Schneider 2014, 47.
[7] Vgl. Schneider 2014, 48; Braun 1939, 10, 60–64, 69–73.
[8] Vgl.ThB 30/1936, 7.
[9] Vgl. Braun 1939, 2, 5, 31–33; ThB 30/1936, 7, 9.
[10] Balk 1999, 5; CdbM 14/2010, 269.
[11] CdbM 14/2010, 269; vgl. Balk 1999, 5.
[12] Vgl. Schneider 2014, 48.
[13] Braun 1939, 10.
[14] Braun spricht von drei Tafelbildern (vgl. Braun 1939, 9), Bauer-Wild/Langenstein hingegen führen zwei Tafelbilder von Scheffler an, die noch heute dort aufgestellt sind (vgl. Bauer-Wild/Langenstein 2010, 98, 102).
[15] Vgl. Braun 1939, 48–52.
[16] Eine eingehende Untersuchung der Erdteilallegorien Schefflers liefert Schneider 2014.
[17] Bauer/Rupprecht 1976, 132. Vgl. Balk 1999, 24; ThB 30/1936, 9; Lochner von Hüttenbach 1895, 65.
[18] Vgl. ThB 30/1936, 7; Vgl. Balk 1999, 27.
Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2016