Tabernakel

Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg “Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert” (112):

Das Tabernakel ist als allgegenwärtiges und gegenständliches Symbol für seine Bedeutung in der katholischen Glaubenslehre zentral in der Mitte der Mensa platziert.[1] Anders als in Italien, wo das Altartabernakel seit dem 16. Jahrhundert gängige Praxis war und Karl Borromäus für sein Bistum bereits 1565 eine Platzierung im Zentrum des Altars durchgesetzt hatte, war nördlich der Alpen vereinzelt bis weit ins 19. Jahrhundert die mittelalterliche Aufbewahrung in Wandschränken und Sakramentstürmen üblich.[2] In seiner Gestalt der eines Rundtempels nachempfunden,[3] verweist das ikonografische Programm des Altartabernakels meist auf seine Funktion als Aufbewahrungsort der konsekrierten Hostien, indem es Ereignisse aus dem Alten und Neuen Testament mit Verweischarakter auf den Opfertod Jesu Christi darstellt. Auch die Erdteilikonografie wird in einzelnen Fällen hier eingebunden; nicht so sehr in einer szenischen Reliefdarstellung, sondern als eigenständige kleine Skulpturen, die als Putti unter Umständen als Kerzenleuchter dienen können. Es handelt sich hierbei um seltene Exemplare. Neben den Beispielen in Niedersonthofen und in Golsberg wurden solche Darstellungen bislang nur noch am Tabernakel in der Klosterkirche von Schlehdorf und der Kremsmünster Kaplaneikirche von Kirchberg in Oberösterreich sowie als Altarfiguren in einer Seitenkapelle in der ehemaligen Jesuitenkirche in Hall in Tirol gefunden.

[1]      Erst 1863 wurde die Aufstellung des Tabernakels an einem anderen Ort als dem Altar durch die Ritenkongregation verboten, was aber der Diskussion um den Aufstellungsort kein Ende setzte. Vgl. hierzu ausführlich Lengeling Bedeutung 1966, 156–186; van Bühren Kirchenbau 2014, 100–104.

[2]      Vgl. Lengeling Bedeutung 1966, 156; Nußbaum Aufbewahrung 1979, 439–442, 474; van Bühren Kirchenbau
2014, 103.

[3]      Ein besonderes Beispiel ist hier das Tabernakel von Gian Lorenzo Bernini, das dieser 1674 für die Sakramentskapelle von St. Peter in Rom geschaffen hatte. Es ist Bramantes Kirchenbau San Pietro in Montorio, den dieser Anfang des 16. Jahrhunderts antiken Vorbildern folgend als Tempietto gebaut hatte, nachempfunden. Vgl. van Bühren Kirchenbau 2014, 99.

Komplettes Verzeichnis der in der Dissertation verwendeten Literatur findet sich in der Datenbank unter Bibliografie > Dissertation.

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