Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg “Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert” (272 Anm. 1062, 273 und 276):
Anders als das Leben des jungen Johann Baptist Enderle, das gut erforscht ist, stammt der letzte grundlegende Beitrag zu Anton Enderle vom Anfang des 20. Jahrhunderts.[1] Die bei Rudolf Weser 1917 aufgezählten Werke Enderles beginnen im Jahr 1741 mit seinem wohl umfangreichsten Werk in der Frauenkirche zu Günzburg und enden mit seiner letzten Arbeit in der Pfarrkirche Maria Immaculata in Haldenwang 1761, deren Vollendung nach seinem Tod sein Mitarbeiter Christoph Keller übernahm.[2] Bis heute konnte die Liste seiner freskalen Werke nur noch durch ein weiteres Werk in der 1755 angebauten Seitenkapelle St. Calasantius der ehemaligen Günzburger Hofkirche St. Trinitatis sowie durch die Zuschreibung der Fresken in der Hl.-Kreuz-Kirche in Landensberg[3] (1750er-Jahre) erweitert werden. Überhaupt erstmals künstlerisch fassbar wird er mit zwei Seitenaltargemälden für die Kirche St. Stephan zu Autenried aus dem Jahr 1729.[4] […]
Anton Enderle, der am 11. Juni 1700 als jüngstes von 12 Kindern auf die Welt gekommen war, stammt wie sein 25 Jahre jüngerer Neffe Johann Baptist aus Söflingen bei Ulm, wo ihre familiären Wurzeln bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Sie entstammten keiner Malerfamilie; die Mitglieder der weitverzweigten Familie übten das Handwerk eines Metzgers, Bäckers oder Webers aus. Weder der Beruf seines Vaters Johann Baptist noch des seines älteren Bruders Mauritius, des Vaters des jüngeren Enderle, sind überliefert. Antons Ausbildung liegt vollkommen im Dunkeln. Rudolf Weser vermutet eine erste Lehre bei einem für das Klarissenkloster Sölfingen tätigen Maler[5] und eine Fortsetzung bei einem ebenfalls unbekannten Maler in Günzburg.[6] Dort blieb Enderle dann auch bis zu seinem Lebensende ansässig. Er betrieb eine erfolgreiche Werkstatt, hatte selber Schüler[7] (unter anderen seinen Neffen Johann Baptist) und genoss in der Günzburger Bürgerschaft, wie die Taufpaten seiner Kinder und die Trauzeugen seiner zweiten Hochzeit belegen, hohes Ansehen.8] Erdteilallegorien finden sich in fünf von sieben seiner Freskenprogrammen. […]
Anton Enderle war ein einfacher Maler, der keine neuen Maßstäbe setzte und dessen Werke von der Kunstgeschichte als „unbedeutend“ [9] eingeschätzt werden. Weder an der Akademie noch in Italien ausgebildet, sondern als Lehrling einheimischer Künstler orientierte er sich auch an der ersten Garde seiner Malerkollegen. Gerade hierdurch zählt er zu den von Stefan Römmelt erwähnten Meistern der zweiten Reihe, die durch ihre Rezeption künstlerischer Entwicklungen „als Vermittler oftmals bedeutsamer als die Spitzenbegabungen sind“[10] und die durch ihre Werke Ausdruck und Gestalter des kulturellen Profils Süddeutschlands sind.
[1] Weser Enderle 1917, 20–32; Schoettl Günzburg 1925, 17f. Ansonsten findet er in der umfangreichen Literatur zu seinem Neffen (siehe Anm. 1084 in der vorliegenden Arbeit) und in einzelnen Künstlermonografien von Malerkollegen wie Joseph Wannenmacher (Reistle Wannenmacher 1990, 35 Anm. 55) und zur Pfrontener Malerfamilie Keller in Tacke Herbst des Barock 1998, 35 Erwähnung.
[2] Vgl. Dehio Schwaben 2008, 429; ThB Enderle, Anton 10/1914, 516; AKL Enderle 33/2002, 535. Trotz der vorhandenen Signatur „Ant. Enderle Chri Keller inv. et prinx 1760“ im Langhausfresko soll sich Kellers Arbeit auf die Eckmedaillons der vier Evangelisten beschränkt haben (Dehio Schwaben 2008, 453). Aufgrund zahlreicher Restaurierungen und Übermalungen (so auch die Jahreszahl der Signatur, vgl. Welser Enderle 1917, 31) kann dies nicht mehr endgültig entschieden werden. Darüber hinaus wurden die Fresken 1977–1979 durch die Werkstatt Severin Walter (Augsburg) in die Dorfkirche St. Maria Immaculata in Heimpersdorf bei Baar (Landkreis Aichach-Friedberg) transferiert. Die alte Kirche in Haldenwang wurde abgerissen.
[3] Es handelt sich hierbei um eine Verehrung des Kreuzpartikels im Chor und eine Kreuzigung Christi mit Kreuzerhöhung und Kreuzauffindung sowie eherne Schlange und Sündenfall im Langhaus. Sie werden ihm zugeschrieben. Dehio Schwaben 2008, 623.
[4] Weitere Gemälde von Anton Enderle finden sich laut dem Dehio Schwaben 2008 in den Kirchen St. Georg in Aislingen (1750er-Jahre), in St. Peter zu Dillingen (1740er-Jahre), in der Frauenkirche zu Günzburg (1747/1750/ 1755) und in der Wallfahrtskirche von Waldkirch (um 1745).
[5] Weser begründet seine Annahme mit dem regen Kunstleben Söflingens, dessen Herz das ansässige Reichskloster der Klarissen bildete. Fast gleichen Alters war der ebenfalls aus Söflingen stammende Maler Franz Anton Kraus, der seine ersten Erfahrungen im Malerhandwerk auch bei dem unbekannten Klostermaler erworben haben soll. Kraus’ weiterer Lebensweg führte ihn – anders als Anton Enderle – über die Augsburger Werkstatt von Johann Georg Rothbletz und die Augsburger Kunstakademie sowie einen kurzen Aufenthalt in Regensburg nach Venedig, wo er bei Giovanni Battista Piazzetta studierte. Vgl. Weser Enderle 1917, 12–20; ThB Kraus, Franz Anton 21/1927, 447; Zumsteg-Brügel Kraus 1983, 19–33.
[6] Vgl. Weser Enderle 1917, 21.
[7] Eine Gesellenschaft bei Enderle wird neben seines Neffen Johann Baptists (1740er-Jahre) ebenfalls für Joseph Wannenmacher (1722–1780) zwischen 1738 und 1741 und für Paul Ignaz Viola (1728–1801) in den 1740er-Jahren (?) angenommen. Vgl. Schöttl Günzburg 1925, 28f.; Reistle Wannenmacher 1990, 35f.; AKLONLINE Viola; Paula Bayerisch-Schwaben 1998, 35.
[8] Insgesamt war Anton Enderle dreimal verheiratet: 1723–1732 Maria Anna N., 1733–1754 Maria Anna Baumeister und 1757–1761 Maria Martha Mohrin von Hohenwang (Hochwang?). Aus den beiden ersten Ehen hatte er zehn Kinder, die allerdings alle in jungen Jahren verstarben. Die Taufpaten seiner ersten Kinder waren Anton Kugelmann und Anna Maria Violin war. Bei seiner zweiten Vermählung 1733 fungierten Rev. Dominus Böttinger und der Günzburger Bürgermeister Johannes Winkler als Trauzeugen. Die Familien Kugelmann, Viola und Winkler zählten zu den ersten Familien der Stadt. Vgl. Weser Enderle 1917, 21.
[9] Vgl. Bisthum Augsburg 5/1895, 781 (Waldkirch); Weser Enderle 1917, 22 und 32. Noch die Autoren des Dehio Schwaben 2008 urteilen, dass die Fresken „dem Rang der Architektur nicht entsprechen“ (412).
[10] Römmelt Enderle 2002, 506.
Komplettes Verzeichnis der in der Dissertation verwendeten Literatur findet sich in der Datenbank unter Bibliografie > Dissertation.
Zuletzt aktualisiert am: 18.02.2016