Fürstliche Bauherren entschieden schon immer über Lage und Größe ihrer Schlösser, hatten starken Einfluss auf die Anordnung der Räume und ihre künstlerische und stilistische Gestaltung. Doch in den meisten Fällen musste der Fürst bei der Platzwahl zuerst an die Notwendigkeiten des Staates denken, den er vertrat. Dazu kommt es noch, dass die Mehrzahl der großen Residenzen erst von Nachfolgern vollendet wurde, wobei die ursprünglich gedachte Gestalt des Schlosses oft verändert wurde.
Der Fall des Schlosses zu Pommersfelden, das der Bamberger Fürstbischof und Mainzer Kurfürst Graf Lothar Franz von Schönborn in den Jahren 1711 bis 1718 erbauen ließ, ist in diesem Sinne eine erfolgreiche Geschichte: Das Bauwerk wurde vom Anfang an als ein Privatschloss gedacht und ganz nach dem persönlichem Geschmack des Bauherrn gebaut. Architekt war der berühmte Johann Dientzenhofer (Fuldaer Dom, Fassade des Stifts Neumünster). Nach dem Tod des Bauherrn blieb das Gebäude in der Familie Schönborn, an seiner originären Gestalt wurde nichts geändert. Unter Berücksichtigung dessen, welche bedeutende Rolle Lothar Franz von Schönborn im politischen und kulturellen Leben des Heiligen Römischen Reiches spielte – sein nachhaltiger Einfluss auf den süddeutschen Barock ist unbestreitbar –, ist von einem einzigartigen Glücksfall zu sprechen. Das Schloss zählt zu den am besten erhaltenen Schlossanlagen seiner Zeit und ist in seiner Authentizität ein hervorragendes Geschichtsdenkmal.[1]
Das Treppenhaus des Schlosses ist für seine Epoche ein einmaliges Werk der architektonischen Kunst und zählt zu den großartigsten Schöpfungen des deutschen Barock. Ohne konkretes Vorbild, ganz nach der Idee und Vorstellung Lothar Franzʼ errichtet, umschließt dieser fast quadratische Raum 8000 Kubikmeter. Wie Uta Grund und Tilmann von Stockhausen ausführen, erinnert das Stiegenhaus in seiner Form mit den umlaufenden Galerien an italienische Innenhöfe der Renaissance. Das illusionistische Deckenfresko (von Johann Rudolph Byss und Giovanni Francesco Marchini gefertigt), das eine Himmelzone abbildet, verstärkt diesen Eindruck[2]
Zeittafel:
seit dem 14. Jahrhundert ist Pommersfelden im Besitz der Truchsesse von Pommersfelden
1349 Heinrich Truchseß stiftet die Kirche St. Maria und Johannes und erhielt das zugehörige Patronat. Pommersfelden wird jetzt kirchenrechtlich eigenständig.
1710 - Lothar Franz von Schönborn erbt die Herrschaft Pommersfelden[3]
1. Oktober 1711 - am östlichen Flügel des Hauptbaues wird der Grundstein zum Schloss gelegt, der in der Urkunde „das neue Schloß auf dem Berg“ genannt wurde. Baubeginn nach Plänen des deutschen Architekten Johann Dietzenhofer. Wiener Hofbaumeister Johann Lucas von Hildebrand und Maximilian von Welsch waren an der Planung der Schlossanlage auch beteiligt
1712 das Baumodell des Schlosses in Pommersfelden wird aufgestellt
Februar 1713 ein Flügel des Schlosses steht bereits unter Dach, vom Saal und Treppenhaus die Fundamente
1714 Mittelbau fertig im Rohbau, der westliche Teil des Hauptbaues fertiggestellt
Dezember 1714 Lothar Franz tauft sein Schloss „Weißenstein“
Mai 1715 das Dach über dem Mittelbau wird aufgesetzt
November 1716 - Vollendung des letzten Schlossflügels.
1717 das Deckenfresko im Treppenhaus wird von aus Prag berufenem Schweizer Johann Rudolph Byss gefertigt
1718 Vollendung des ganzen Baues
1719–1729 Innenausbau
1723 die Wasserkaskaden und die Springbrunnen erstmals liefen
1756–1763 der Schloss wird von preußischen Truppen angegriffen und beschädigt
1820 Umformung des Gartens im englischen Stil
[1] Vgl. Kreisel 1953, S.7.
[2] Schiedermair 2003, S.6
[3] Hier und weiter: Schiedermair, v. Stockhausen S.6, 23.
Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2016