Johann Michael Flor Zitieren
* 02. Feb 1708, Stuckateur
Vom Leben Johann Michael Flor ist nur wenig der Nachwelt überliefert. Er war als Stuckateur im nördlichen Niederösterreich tätig und gilt als Vertreter einer Künstlergruppe mit ausgeprägtem lokalem Charakter[1]. Albert Groiss beschreibt ihn als einen konservativen Künstler, der „mit Vehemenz (…) sein längst überholtes Formenrepertoire“ verteidigte.[2]
Laut den Matrikeln der Pfarre Unterretzbach wurde Flor am 2. Februar 1708 in der Pfarrkirche zum heiligen Jakob in Unterretzbach getauft.[3] Nach dem frühen Tod von Flors Mutter heiratete sein Vater am 21.11.1724 Maria Pichinger.[4]
Johann Michael Flor war schon sieben Jahre als Stuckateur tätig, als er 1741 Anna Maria Mallinger (Meylinger, Meyllinger) heiratete.[5]
Im Taufbuch der Pfarre von Ravelsbach (Hollabrunn) scheinen sechs Kinder aus dieser Ehe auf (ein Sohn Ignaz Anton und fünf Töchter, darunter starben drei bereits im Kindesalter).[6] Im Allgemeinen Künstlerlexikon wird auf einen Sohn Johann Georg verwiesen, der ebenfalls als Stuckateur tätig war. Allerdings wird ihm ein erstes Werk in Stift Dürnstein schon 1750 zugeschrieben.[7] Es könnte sich daher bestenfalls um einen Stiefbruder aus der zweiten Ehe von Flors Vater handeln.
Johann Michael Flor taucht zweimal in den Matrikeln als Pate auf. Nach dem 12.5.1755 gibt es aber keine Einträge mehr in den Kirchenbüchern, und so bleiben Flors Sterbedatum und -ort unbekannt.
Über seine Wohnorte gibt es präzisere Informationen. Flor erwarb 1741 das Bürgerrecht von Ravelsbach. Dort besaß er das Haus Nr. 54 (jetzt Hauptstraße Nr. 5). 1770 zog er nach Zwettl um (jetzt Hauptplatz 10). Flor war vermutlich wohlhabend, da er 1745 eine Vermögenssteuer von 1 fl. 20 Kreuzer bezahlte.[8]
Seine Ausbildung dürfte er unter Franz Joseph Ignaz Holzinger (1691–1775) erhalten haben – einem bekannten Vertreter der Wessobrunner Schule.[9] Flor arbeitete hauptsächlich für Stifte und in Pfarrkirchen, aber auch in profanen Bauten. Beispiele sind die Stuckierung der Festsaaldecke des Rathauses in Stein oder Wohnhäuser in Langelois, Ottenstein und Krems.[10]
Insgesamt sind von ihm 22 Stuckaustattungen bekannt (davon drei Zuschreibungen, s. Werkverzeichnis). Ein Drittel seines Werks umfasst Stuckaturen an Altären (acht). Flor war ausnahmsweise auch als Bildhauer tätig, so fertigte er die Giebelfiguren für Altenburger Bibliothek und die Immaculata-Statue der Ravelsbacher Pfarrkirche (1752) an. Sein erster Stuckaltar (1733 in der Bründlkapelle bei Gobelsburg) gilt heute als verloren.[11] Sein bedeutendster Auftrag war die Leitung der Stuckarbeiten im Benediktinerstift Altenburg, wo er 1735 die Nachfolge Holzingers antrat und neben den berühmten Malern Paul Troger und Franz Anton Zeiller arbeitete.[12]
Sein einziges quellenmäßig gesichertes Werk in Altenburg sind die Stuckaturen und Skulpturen in der Bibliothek des Stifts, über die zwei detaillierte Rechnungen aus dem Jahr 1742 erhalten sind.[13] Laut Andreas Gamerith[14] und Jakob Werner[15] erlauben es jedoch augenfällige stilistische Übereinstimmungen, Flor auch die Stuckaturen im Festsaal, in der Feststiege (Kaiserstiege), in den Kaiserzimmern, im Marmortrakt und in Teilen der Prälatur zuzuschreiben. Möglicherweise verbirgt sich Flor auch hinter der Rätselsignatur „HKP 1573“ (Anagramm des Jahres 1735) auf dem Kaminrelief „Venus bei Vulcan“ im Marmorsaal.[16]
Erdteilallegorien kommen einmalig im Gesamtwerk Flors vor, im blauen Raum neben der Feststiege (Kaiserzimmer) sind neben Personifikationen der vier Elemente auch die vier Erdteile dargestellt.[17] Zeitgleich mit Flor arbeitete auch der auf Marmorarbeiten spezialisierte Johann Georg Hoppel.[18]
[1] Österreichischen Kunsttopographie Band I, Bezirk Krems, S. 52.
[2] Gamerith 2008 (a), 68.
[3] Tauf-, Trauungs- und Sterb Protokoll über die Pfarr Unterrätzbach von anno 1683 bis 1741, Bd. 3, matricula-online, Bild: 02- Taufe_0097. http://www.matricula.findbuch.net/php/view2.php?ar_id=3670&be_id=1638&ve_id=192303&count= (30.07.2013).
Transkription des Eintrags zu Flor vom 2. Februar 1708 : „2. Februarii baptizatus est Joannes Michael filius Gregorii Florer & Susanna uxoris: Patrinus Simon Rauscher allo hier“
Ich bedanke mich herzlich bei Wolfgang Angerer aus Ravelsbach für seine freundliche Unterstützung und sachdienlichen Hinweise.
[4] Matzke 1973, 121–126
[5] Trauungsprotokoll der Pfarre Ravelsbach 1738–1783, matricula-online, Bild: 03-Trauung_0045. http://www.matricula.findbuch.net/php/view2.php?ar_id=3670&be_id=1588&ve_id=185925&count= (30.07.2013).
Transkription des Eintrags vom 11. April : „Den 11 ist Joannes Michael Flor von Rözbach des Gregorii Flor und Susanne seiner Ehewürthin ehelich gezeugter Sohn allhier copuliert worden mit Anna Maria, Mallingerin von hier des hl.(hochlöblichen)Antonii Mallinger und Theresia seiner Ehewürthin ehelich gezeugte Tochter.“
[6] Matzke 1973, 122
[7] AKL „Johann Michael Flor“.
[8] Matzke 1973, 122.
[9] Gamerith 2008 (a), 68.
[10] Gamerithr 2008 (a), 68.
[11] Gamerith 2008(a), 68.
[12] Werner 1994, 308–317.
Bei der Ausstattung der Pfarrkirche in Zwettl 1749 arbeitete Flor nach Entwürfen von Troger. Vgl. Gamerith, Künstler 2008, S. 68.
[13] Österreichischen Kunsttopographie Band V, Teil 2, Bezirk Horn, S. 268/2, Baurechnungen der Altenburger Bibliothek von 1742.
[14] Gamerith 2008 (a), 68-69; Gamerith 2008 (b), 93–97.
[15] Werner 1994, S. 316
[16] Alternativ käme auch der Stuckateur Johann Christoph Kirschner in Frage. Vgl. Gamerith 2008(a), 68 f., Polleroß 2008, 77.
[17] Dehio NÖ nördl d. Donau 1990, S. 27.
[18] Werner 1994, 16.
Zuletzt aktualisiert am: 09.12.2015