Über den Pfarrer und eigentlichen Initiator des Neubaus der Oberliezheimer Pfarrkirche ist kaum etwas bekannt. In der Literatur zur Kirchengeschichte wird er zumeist als „Josef Ignaz“ bezeichnet.[1] Allerdings wird er in einer zeitgenössischen Quelle – das von Georg Christoph Hamberger begründete und nach dessen Tod 1773 von Johann Georg Meusel fortgeführte Nachschlagewerk „Das gelehrte Teutschland oder Lexicon der jetztlebenden teutschen Schriftsteller“ – im 1. Nachtrag zur vierten Ausgabe 1786 und erneut im achten Band der fünften Ausgabe von 1800 als Johann Igna(t)z, Autor des 1781 in Wallerstein gedruckten Schrift „Gedanken eines Landpfarrers über die Verminderung der Feyertag, und schuldige Heiligung der Sonn- und beybehaltenen Feyertag“, bezeichnet.[2] Laut der Herausgeber soll Wild in den 1740er-Jahren in der Residenzstadt der Grafen von Oettingen-Wallerstein geboren worden sein, und vor seinem Umzug in die Oberamtsstadt Bissingen soll er das Amt des Pfarrers in Oberliezheim innegehabt haben. Der Wechsel vollzog sich irgendwann zwischen der Fertigstellung der Kirche 1781 und seiner Ersterwähnung in Hamberger/Meusels Lexikon 1786. Unter seinem zweiten Namen „Ignaz“ findet man ihn auch schließlich in der Funktion des Pfarrers von Bissingen als Förderer von Johann von Gott Fröhlich (~1780–1849), ein Kind Bissingens und späterer Rektor des Alten Gymnasiums (ab 1849 Wilhelmsgymnasiums) in München. So habe der Pfarrer „Ignaz Wild“ diesen im „Herbste des Jahres 1790 an das Gymnasium zu Ellwangen gebracht“[3].
Von seiner herausgehobenen Bedeutung im Neubau der Pfarrkirche legt nicht nur sein überliefertes Engagement in der Beschaffung notwendiger finanzieller Mittel Zeugnis ab, [4] sondern vor allem sein Porträt im Langhausfresko der Kirche. Hier verewigte der Künstler Anton Wintergerst (1737–1805) Wild inmitten von Kranken und Leidenden. Gemeinsam mit ihnen erfleht er die Hilfe des heiligen Leonhard. Wild ist in einem schwarzen Talar und Chorhemd gekleidet. Mit himmelnden Blick und der rechten Hand auf dem Herzen zitiert er aus einem Buch links von ihm Esther 7,3 „Schencke mir mein Seel, für welche ich bitte und mein volck für welchs ich flehentlich ansuche.“
Darüber hinaus war dem Vorhaben des Pfarrers auch der Patronatsherr wohlgesonnen, da er Pfarrer Wild durch die Bereitstellung seiner Hofkünstler unterstützte. Sowohl der Maler Wintergerst als auch der Architekt Johann Georg Hitzelberger (1714–1792) sind ungefähr zeitgleich um 1769 mit dem Titel eines Hofmalers bzw. Hofbaumeisters geehrt worden.[5]
[1] Vgl. Steichele 1883, 722.
[2] Vgl. Hamberger/Meusel 1786, 525; dies. 1800, 525.
[3] Vgl. Spengel 1849, 9.
[4] Den Bau soll er im Wesentlichen durch eigenes Engagement finanziert haben, indem er um finanzielle Unterstützung nicht nur beim Patronatsherr – die fürstliche Familie Oettingen-Wallerstein –, sondern bis hinunter in den Schwarzwald und in die Schweiz geworben haben soll. Vgl. Steichele 1883, 722.
[5] Während das Jahr bei Hitzelberger mit 1769 feststeht, ist dies bei Wintergerst zwar nicht der Fall, aber seine Heirat 1768 in Wallerstein und die ersten Aufträge in Maihingen und Röttingen 1769/70, die beide auf Oettinger Territorium lagen, erlauben die Annahme einer zeitnahen Ernennung. S. auch die Kurzbiografie von Anton Wintergerst.
Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016