Maria Anna von Waldburg-Wolfegg-Wolfegg Zitieren
* 31. Okt 1681, † 13. Aug 1754,
Maria Anna Renata[1] wurde als einziges Kind von Franz Christoph von Schellenberg (1651–1708) und Maria Anna Renata, geb. Kißlegg (†1715) am 31. Oktober 1681 in Kißlegg geboren. Mit 18 Jahren wurde sie am 14. Februar 1700 mit Ferdinand Ludwig von Waldburg-Wolfegg (1678–1735) verheiratet. Als Mitgift brachte sie als Alleinerbin ihres Vaters den Schellenberg’sche Anteil an der Herrschaft Kißlegg in die Ehe. Der Heiratspakt sah bis zu ihrem Tod eine Anwartschaft ihrer Kinder auf die Kißlegger Herrschaft vor.[2] Die Erträge der Herrschaft flossen in den allgemeinen Familienbesitz zur „besseren Unterhaltung und Erziehung ihrer gemeinsamen Kinder“[3]. In den ersten 17 Jahren gebar sie vier Töchter und vier Söhne. Mit ihrem Ehemann verband sie darüber hinaus eine ausgeprägte Frömmigkeit und Bauleidenschaft. Anlässlich der Geburt des lang ersehnten männlichen Erbfolgers Joseph Franz (1704–1774) ließen sie die 1668 errichtete Loretokapelle am Ortsrand von Wolfegg 1706 erweitern.[4]
Bis zum Tod ihres Mannes 1735 wurden sieben Bauprojekte auf dem Gebiet beider Herrschaften vollendet oder initiiert. In Kißlegg wurden zeitgleich zunächst das Alte Schloss von Johann Georg Fischer (1673–1747) zwischen 1717 und 1721 umgebaut und die Gottesackerkapelle St. Anna neu gebaut.[5] Dass hier Maria Anna und nicht ihr Mann federführend war, geht aus dem Testament ihres Mannes von 1730 hervor, in diesem bedachte Ferdinand Ludwig die „von seiner Frau wiederum neuerrichtete St. Annakapelle bei Kißlegg“[6] mit einer Schenkung in Höhe von 25 fl. Auch für den Umbau und Teilneubau der Pfarrkirche St. Gallus und Ulrich in Kißlegg, den sie noch zu Lebzeiten ihres Mannes 1734 initiiert hatte, jedoch erst als Witwe 1738 zu seiner Vollendung brachte, war sie in ihrer Rolle als Landesherrin die eigentliche Bauherrin.[7] Sie verdingte in beiden Fällen für die Bauausführung den aus Füssen stammende Architekten Johann Georg Fischer und im Falle der Kißlegger Pfarrkirche den Maler Franz Anton Erler (~1700–1745) und den Stuckateur Johann Schütz (<1704–1752), alle drei kannte sie bereits aus deren Wolfegger Tätigkeit gut.[8]
Als das letzte von ihr in Auftrag gegebene Werk kann sicherlich die 1748 vorgenommene Barockisierung der Wallfahrtskirche Maria Königin der Engel in Rötsee angesehen werden.[9] Es handelt sich hierbei um eine Filialkirche der Kißlegger Pfarrkirche. Die Ausmalung wird aufgrund einer „Bauw Rechnung Vber den Neuven Kirchenbauw von Röthsee“[10] dem „Maler Antony“ Widmann zugeschrieben, den Maria Anna bereits aus seiner Tätigkeit bei der Ausstattung der Pfarrkirche in den 1730er-Jahren kannte.[11] Darüber hinaus verbindet wohl Maria Anna eine Szene[12] innerhalb des mariologischen Ausstattungsprogramms der Rötseer Kirche mit der Stiftung der dort ansässigen Bruderschaft „Leibeigenschaft Mariae um ein seliges Ende“.
Ihre Frömmigkeit und Mildtätigkeit werden auch noch 90 Jahre nach ihrem Tod in der Oberamtsbeschreibung von Johann Daniel Georg von Memminger aus dem Jahr 1841 erwähnt, in dem er sie als eine „wegen ihrer Mildthätigkeit sehr verehrte Frau“[13] bezeichnet. Gemeinsam mit ihrem Mann stiftete sie 1718 das Spital Neutann, erneuerte die 1704 zerstörte Kapelle des Heilig-Geist-Spitals in Kißlegg (Weihe 1723) und förderte die ebenfalls in Kißlegg gelegene Leprosenpflege zu St. Anna. Über umfangreiche Donationen sorgte sie für den finanziellen Unterhalt der Einrichtungen; letztmalig nach ihrem Tod am 13. August 1754 in ihrem 1730 verfassten Testament.[14] Die Rötseer Kirche bedachte sie extra mit 1000 fl., wodurch siech „deren Vermögen […] auf das Zehnfache“[15] erhöht haben soll. Zeitlebens war sie ihren Kißlegger Untertanen „mit Discretion und Liebe“ verbunden und legt ihrem Sohn diese in ihrem letzten Willen besonders ans Herzen, auf das er „meine kißleggischen Untertanen nicht über die Gebühr beschweren oder unverantwortliche Neuerungn einführen, sondern im Gegenteil viel mehr diese mit Gnaden ansehen“[16].
[1] Im Gegensatz zur Schellenbergischen Stammtafel wird sie in der Wolfegg’schen Stammtafel nicht Maria Anna Renata, sondern Maria Anna Amalia genannt.Vgl. ESTA XII, Tafel 152, ESTA V, Tafel 155.
[2] Die Herrschaft Kißlegg war schon seit dem 14. Jahrhundert geteilt. Der sogenannte Paumgartische Anteil ging auch über eine Anwartschaft der Waldburg-Trauchburger Linie 1669 in den Besitz der Söhne Christoph (†1682) und Johann Ernst I. (†1687) über. 1625 hatte ihr Vater Friedrich von Waldburg-Trauchburg (1592–1636) die Paumgart’sche Erbin Susanna Khuen von Belasi (1610–1669) geheiratet. Vgl. Baumann 1893.
[3] Rauh 1971, 162.
[4] Vgl. Kullen 2002, 31; Mayer 2006, 260.
[5] Vgl. Rauh 1951, 236f.; KDV Wangen 1954, 206–210; Sauermost 1969, 49–51; Bushart 1982, 27–44; Dehio BW II/1997, 350f.; Mayer 2006, 261.
[6] Vgl. Rauh 1971, 155.
[7] Vgl. KDV Wangen 1954, 193.
[8] Die Verbindung zu Fischer ist ursprünglich über Innsbruck geknüpft worden, da am kaiserlichen Hof des Öfteren Mitglieder des Hauses Waldburg im Hofdienst tätig waren. Weiterhin ist die Liste der tätigen Künstler in der Kißlegger St.-Anna-Kapelle um Cosmas Damian Asam (1686–1739); in der Kißlegger Pfarrkirche um Erlers Gehilfen Benedikt Gambs (~1703–1751) und in der Wolfegger Kirche um den Freskanten Franz Joseph Spiegler (1691–1757) zu erweitern. Vgl. Sauermost 1965, 106; Bushart 1982, 27–44.
[9] Im Familienarchiv Waldburg-Wolfegg sind eine Reihe verschiedener Dokumente und Risse zur Barockisierung von 1748 – Abt. Wolfegg Nr. 3914 und Nr. 3958 – aufbewahrt. Vgl. KDV Wangen 1954, 277.
[10] Vglh. KDV Wangen 1954, 277.
[11] Darüber hinaus beschäftigt sie auch den Türkheimer Bildhauer Johann Wilhelm Hegenauer (1719–~1754), der zur gleichen Zeit die Kanzel der Kißlegger Pfarrkirche St. Gallus und Ulrich geliefert hatte und von ihrem Sohn Joseph Franz (1704–1774) für die Ausstattung des Rittersaals auf Schloss Wolfegg beschäftigt wurde. Vgl. Schwager 1963, II: 16.
[13] OA Wangen 1841, 265 Anm. 7.
[14] Vgl. Rauh 1971, 161f.; Mayer 2006, 261.
[15] Grimm 1864, 86.
[16] Testament der Maria Anna, Gräfin zu Wolfegg vom 12. Juni 1730, zitiert nach: Rauh 1971, 162.
Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016