Die niederösterreichischen Stände setzten sich aus adeligen Grundherren, Rittern, geistlichen Würdenträgern und Mitgliedern des vierten Stands (Bürgermeister, Stadtrichter usw.) des „Landes unter der Enns“ zusammen. Ihre Sitzungen fanden im Landtagssaal des niederösterreichischen Landhauses statt, um wichtige Fragen zu besprechen. Die Stände verkörperten die legislative Macht des Landes Niederösterreich. Sie waren dem Kaiser untertan, hatten aber trotzdem einen Handlungsfreiraum, der jedoch von 1620 an sukzessive eingeschränkt wurde. Kaiser Ferdinand II. (reg. 1619–1637) wurde als „die Schlüsselfigur eines österreichischen Frühabsolutismus“[1] bezeichnet. Vor der Zeit Ferdinands hatten die Stände relative Freiheit genossen, um ihre Angelegenheiten selber zu regeln. Es war Ferdinands Absicht, „den Ständen politisch das Rückgrat zu brechen.“[2] Ferdinand und vor allem sein Nachfolger Kaiser Leopold (reg. 1657/58–1705) versuchten, die Stände und die ständischen Behörden und Beamten zu reinen Befehlsempfängern der landesfürstlichen Behörden und Regierungen zu machen,[3] was aber nicht völlig gelang. Vielmehr beharrten die Stände auf ihrem Steuerbewilligungsrecht, ihrem Beschwerderecht und auf den Anspruch auf Teilhabe an der Gesetzgebung, auch wenn das nur bedeutete, dass sie vor dem Erlass eines Gesetzes angehört und um Rat gefragt werden mussten. Das Steuerbewilligungsrecht war besonders wichtig, da die Stände nach jeder Steuerbewilligung einen „Schadlosbrief“ erhielten, der sie gegen Steuerdekretierung vonseiten des Landesfürsten schützte (oder schützen sollte).[4]
Die Stände hatten nach 1620 keine politischen Ambitionen mehr, aber sie waren auch keine reinen Instrumente des Landesfürsten. Ein Beispiel dafür finden wir in der Erbhuldigungszeremonie, diese war kein „formaler Akt“, sondern ein Vertrag zwischen Ständen und Landesfürst. Die Stände deklarierten ihrer Loyalität gegenüber dem Landesfürsten, während dieser gleichzeitig ihre Rechte und Freiheiten bestätigte (wie das oben genannte Steuerbewilligungsrecht usw.)[5]
So gab es eine gewisse Konsensbildung zwischen Fürst und Ständen. Eine komplizierte Situation, in der der Kaiser versuchte, seine Macht zu festigen und seine fürstliche Macht auszubauen, während die Stände ihre traditionellen Rechte schützen wollten. In diesem innenpolitischen Kontext entstanden die Fresken im niederösterreichischen Landhaus, und das erklärt auch gewisse Unklarheiten, die darin zu finden sind. So kann man nach Kusternig die Figur im Zentrum des Gemäldes als eine Verschmelzung des „Fürsten“ und des „Landes“ Österreichs interpretieren.
[1] Winkelbauer 2003, 73.
[2] Ebd.
[3] Ebd.
[4] Ebd., 77.
[5] Godsey 2005, 155.
Zuletzt aktualisiert am: 28.02.2016