Sebastian Joseph von Pemler-Hurlach-Leutstetten Zitieren
* 08. Mär 1718, † 17. Aug 1772,
Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg „Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“ (189–191):
In der Kirche St. Laurentius in Hurlach ist nicht der Patronatsherr, das Augsburger Stift St. Moritz, verewigt, sondern die Ortsherrschaft, wie am Wappen am Chorbogen für jeden Besucher ersichtlich. Die Aufarbeitung der überlieferten Tage- und Ausgabebücher des Ortsherrn und Auftraggebers Sebastian von Pemler zu Hurlach und Leutstetten durch Barbara Kink 2007 ermöglicht auch konkretere Einblicke in das Miteinander von Ortsherrschaft und Geistlichkeit.[1] Von besonderem Interesse ist das zweite Tagebuch, das im Jahr der Ausmalung der Hurlacher Pfarrkirche nach einer Überlieferungslücke von elf Jahren 1763 wieder einsetzt und die Jahre bis 1765 umfasst.[2] Die überlieferten Ausgabebücher setzen ebenfalls mit dem Jahr 1763 ein und enden im Jahr 1782.[3]
Zu den zentralen Orten der Frömmigkeit der Familie ist nicht nur die 1682 errichtete hauseigene Loretto-Kapelle im Schloss sondern auch die regelmäßig besuchte Pfarrkirche im Dorf zu zählen. Die Schlosskapelle wurde entweder von einem eigens bestellten Schlosskaplan oder vom Hurlacher Ortsgeistlichen (mit)betreut. Zur Zeit seines Vaters wurde die Kapelle für kurze Zeit von 1744 bis 1749/50 von Josephs älteren Bruder, dem Absolventen der Ingolstädter Jesuitenuniversität Franz Joseph d. J., versorgt.[4] Nach dessen Wechsel auf die Pfarrstelle in Wullenstetten 1749 füllte die geistlich-seelsorgerische Vakanz der Ortsgeistliche Johann Caspar Fesenmair aus, der seit 1731 in Hurlach die Pfarrstelle inne hatte und auch ab und an von Franz Joseph auf seiner Pfarrstelle vertreten worden war.[5] Mit Vertretern der Geistlichkeit im Allgemeinen speiste, spielte, plauderte man oft. Zum Ortspfarrer Fesenmair, der für seine Lesung der Schlossmessen extra entlohnt wurde,[6] unterhielt die Familie, wie die Tagebucheinträge von Pemler belegen, auch auf gesellschaftlicher Ebene ein gutes und lebhaftes Verhältnis.[7]
Der Freiherr von Pemler war in seiner Frömmigkeitsauffassung, wie Barbara Kink in ihrer Analyse der Tagebücher schreibt, „ganz Kind seiner Zeit“[8]. Grundgerüst adeliger Erziehung war die Religion[9], durchschnittliche Ausgaben in Höhe von 120 Gulden für fromme Zwecke, familiäre Gedächtnispflege an bestimmten Festtagen und Mitgliedschaften in verschiedenen Bruderschaften waren selbstverständlich.[10] Abwechslung vom regelmäßigen Kirchgang boten unter anderem die von den Kapuzinern, Franziskanern und Jesuiten durchgeführten Volksmissionen wie auch in der Nachbarschaft stattfindende Prozessionen. Für das Jahr 1748 ist in den Tagebüchern ein solch seelsorgerisches Intensivprogramm für Hurlach belegt. Die visitierenden Jesuiten, die mit dem Kenntnisstand der Katechese der Hurlacher nicht zufrieden waren,[11] hielten Bußpredigten, Messen, Beichten und Lehrpredigten ab, wie beispielsweise die „christenlehr vür die Jungen ledigen gesellen“[12], an der Sebastian von Pemler teilgenommen hat. Für das Jahr 1764 hält Pemler eine Teilnahme an der Prozession der Oberiglinger Bruderschaft, mit deren Gründer, der Hofmarksfamilie Donnersberg, ihn enge verwandtschaftliche Beziehungen verbinden,[13] fest:
„In der Frühe fahre ich mit meiner Frau und beiden Schwestern nach Igling zu dem hohen Umgang, wobei ich als Praefect von der bruederschaft konfirmiert worden. P. Procurator von Landsberg Magnus Widmen hölt die Predigt und Ambt. Wir finden auch alldorth Herrn Vötter Franz Hofmarschall von Merspurg, so gestern angekommen. Wir speisen in dem Schloß, hernach spielen die anderen Trist, ich aber rauche Tobac.“[14]
[1] Vgl. Kink Lebenswelt 2007 und siehe Anm. 177 in der vorliegenden Arbeit
[2] Das erste Tagebuch enthält Aufzeichnungen der Jahre 1748 bis 1750. Vgl. ausführlich Kink Lebenswelt 2007,
29–35.[3] Vgl. ebd., 36–41.
[4] Vgl. ebd., 87.
[5] Vgl. ebd., 272.
[6] Dies wiederum bedeutete für ihn einen wichtigen Zusatzverdienst. Vgl. ebd., 273.
[7] Man besuchte sich gegenseitig, wie der häufige Eintrag Sebastians „gehe zu hl pfarrer“ zeigt. Vgl. ebd., 131f.
[8] Ebd., 270.
[9] Obwohl über die Kindheit Sebastians nichts überliefert ist, sind die Jugenderfahrungen, die Franz Caspar von Donnersberg in seinen Tagebüchern festgehalten hat, sicherlich auch in gewissem Maße für die Erfahrungswelt von Pemler gültig. So beschreibt Donnersberg anschaulich eine spielerische Nachahmung der Messe:
„Da wir nun durch unsere Ministrier-Kenntnisse selbst Lust zum Messelesen bekamen, so wurde die Rebhühnerkammer unseres Vaters in eine Kapelle umgeschaffen, ein Altar aufgemacht, Kirchengeräte angeschafft und alle Verrichtung des Pfarrers aufs Haar nachgemacht.“ Donnersberg, Jugenderinnerungen 32, zitiert nach: Kink Lebenswelt 2007, 83.
[10] Vgl. ebd., 270–276.
[11] Zu diesem Schluss kamen die Jesuiten nach einer vorausgegangenen Umfrage (Tabula pro Catechesibus). In dieser erhielten die Hurlacher nur den Zusatz „pro capacitate instructi“. Vgl. Lichtenstern Besitz 1986, 23f.
[12] Tagebucheintrag vom 6. März 1748, zitiert nach: Kink Lebenswelt 2007, 370.
[13] Die ältere Schwester von Joseph Anton Christoph von Donnersberg, dem Auftraggeber der Oberiglinger Erdteilallegorien, Maria Theresia Cleopha Adelheid heiratete den Vater Sebastians Franz Joseph von Pemler. Keine elf Monate nach Sebastians Tod heiratete dessen Witwe Anna Maria, geb. Karwinsky, wiederum Sebastians Vetter Franz Joseph von Donnersberg auf Kaufering. Vgl. für die Genealogie der Familie von Pemler Kink Lebenswelt 2007, 78 (Stammbaum) und 109; für die von Donnersberg Fees-Buchecker Ortschronik 2009, 42f. u. 611.
[14] Zitiert nach: Wöllitz 300 Jahre 2001, 17.
Komplettes Verzeichnis der in der Dissertation verwendeten Literatur findet sich in der Datenbank unter Bibliografie > Dissertation.
Zuletzt aktualisiert am: 01.12.2015