Traunkirchen (PB Gmunden), Mariä Himmelfahrt Zitieren
Die Fischerkanzel der ehemaligen Jesuitenkirche in Traunkirchen bot den Predigern der Jesuiten einen eindrucksvollen visuellen Rahmen – in der Mitte eines goldenen Nachens stehend, flankiert von den Fischern Jakobus und Johannes, hinter ihnen erhöht Jesus, der den Fischer Simon Petrus segnet –, so sprachen sie zu den Menschen, die über den See in die Kirche gekommen waren. Das Wasser scheint in silbrig glänzenden Strömen durch die Maschen des prall mit Fischen gefüllten Netzes abzulaufen, das die beiden Apostel über die Bordwand hieven. Es ist die Geschichte der Apostel als Menschenfischer (Lukas 5,1–11), die in diesem skulpturalen Werk ihre Umsetzung fand.
Das in der Metapher des Fischzugs enthaltene Motiv der Bekehrung und Mission ist auch in der Gestaltung des Schalldachs präsent. Auf dem höchsten Punkt steht der heilige Franz Xaver, Patron der Mission wie der Seereisenden. Zu seinen Füßen reckt ein gewaltiger goldener Krebs seine Scheren, in denen er ein Kruzifix festhält, das dem Heiligen der Legende nach bei einem Sturm ins Wasser gefallen sein soll. Laut einer lokalen Sage ging das Kruzifix bei einer Fronleichnamsprozession über den See verloren und wurde von Fischern zusammen mit einem Krebs geborgen.[1]
Um ihn herum am Rand des Schalldachs stehen Allegorien der vier Erdteile: von links nach rechts Europa, Amerika, Afrika und Asien. Bemerkenswert ist der Unterschied in der Darstellung der Erdteile. Während Europa als bärtiger Mann mit einem Buch in der Hand und priesterlichem Gewand dargestellt ist, erscheinen die Vertreter der übrigen drei Erdteile als Putti mit dunkler Hautfarbe, krausem Haar und Federrock. Sie alle halten Attribute des Heiligen in Händen: Europa trägt eine Bibel; Amerika präsentiert in ausgestreckten Händen eine Jakobsmuschel (als Taufschale) und ein Schriftband, auf dem die Zahl 1 200 000 steht – angeblich die Zahl der von Franz Xaver getauften Menschen; Afrika hält einen hoch aufragenden Kreuzstab und einen breitkrempigen Pilgerhut; Asien hütet die Behältnisse für die heiligen Öle.
Die Skulpturengruppe des Schalldachs verweist also auf die jesuitische Missionstätigkeit auf der ganzen Welt. Sie fügt sich dabei in das größere Thema der Bekehrung und Mission insgesamt ein und stellt Franz Xaver, stellvertretend für seinen Orden insgesamt und die auf dieser Kanzel auftretenden Prediger, in die Nachfolge der Apostel als Menschenfischer.
[1] Remes 2007, 24.
SCHALLDACH
heiliger Franz Xaver, Krebs mit Kruzifix
die vier Erdteile, von links gegen den Uhrzeigersinn: Europa, Amerika, Afrika, Asien
UNTERSEITE
Heiliger Geist in Gestalt einer Taube
RÜCKWAND
Christus und Petrus
KANZELKORB
in Gestalt eines Bootes, die Apostel Jakobus (links) und Johannes (rechts) ziehen ein Netz voller Fische empor
Zuletzt aktualisiert am: 30.09.2016