*) VORLAGE – Die Glorie des heiligen Benedikt – Thesenblatt von J. K. von Reslfeld und dessen Rezeption Zitieren
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Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg „Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“:
Bei Reslfelds Stich handelt es sich um eine umfangreiche, sehr kleinteilige Komposition mit insgesamt 145 Figuren. Das Zentrum der Darstellung ist der Triumphwagen des heiligen Benedikts am Himmel, der von Vertretern der vier Erdteile und deren Tieren geführt wird. Flankiert ist diese Szene von Fama und Chronos, den Verkündern des zeitlosen Ruhms des Ordensgründers. Dies alles geschieht unter dem Segen der Heiligen Dreifaltigkeit und in Anwesenheit einer großen Anzahl von Ordensheiligen, Ordensstiftern und Zweigordensstiftern, die oberhalb des heiligen Benedikts im Schein der Feuerkugel aus der Vision Benedikts auf Wolken knien. Am rechten und linken Bildrand auf der Höhe des Triumphwagens haben sich Vertreter der Salzburger Universität sowie verschiedene Lobredner versammelt. Auf der Erde wird das Wirken des Ordens in Kleingruppenszenen thematisiert:
- Links: Missionsdarstellung (Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden, Taufe, Zerstörung von Götzenbildern, Kreuzesaufrichtung)
- Mitte-Hintergrund: Werke der Barmherzigkeit (Gefangenenbefreiung, Krankenseelsorge, Aufnahme Fremder, Erlösung armer Seelen durch den heiligen Odilo, Totenerweckung)
- Mitte-rechts: Ecclesia mit Weltkarte
- Rechts: Ordensbaum, in dessen Ästen sich Insignien kirchlicher und weltlicher Würden befinden
- Rechts-hinten: Pflege der Wissenschaft
Abgerundet wird das Thesenblatt durch Schilder in den vier Bildecken, gehalten von Putti. In diesen wird emblematisch, zum Teil über Zitate aus der griechischen Mythologie, auf die Verheißungen Benedikts bildlich Bezug genommen.[1]
Im Programm des Stiches verbinden die Autoren die strahlende Apotheose der Seele des heiligen Benedikts mit der alttestamentlichen Himmelfahrt des Propheten Elijas, der triumphal in einem Feuerwagen entschwand (2 Kön 2,11–12: „erschien ein feuriger Wagen mit feurigen Pferden […]. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel empor.“).[2]Hierdurch huldigen sie dem heiligen Benedikt als Ordensgründer („Patriarcha Monachorum“) und als der prophezeite wiederkehrende Prophet Elias („Elia redivivus“). Durch das Wirken Benedikts und seines Ordens wird die Botschaft Gottes in die ganze Welt getragen.[3] Explizit bildlich umgesetzt hat der Künstler dies einerseits durch die Verwendung des Triumphwagenmotivs[4] und andererseits durch das missionarisch-barmherzige Wirken verschiedener Benediktinermönche sowie der allegorischen Figur der Ecclesia, die eine Weltkarte vor sich hält.
Innerhalb des Benediktinerordens fand der Kupferstich weite Verbreitung, indem in der Regel der Teil mit der Inschriftenkartusche angepasst wurde. Die kurz nach dem Salzburger Blatt erschienenen Ausgaben aus den Jahren 1703 bis 1705 veränderten die Widmungsanschrift und ersetzten die Inschriftenfelder durch drei Bildfelder mit Ansichten zentraler Orte benediktinischer Ordensgeschichte (Monte Cassino, Rom und Subiaco). Ein Beispiel dieser Verwendung findet sich im Kellerschlösschen zu Dürnstein. Dieses Blatt ist dem Garstener Abt Anselm Angerer gewidmet. Spätere Verwendungen vergrößerten das Blatt nach unten hin, indem unterhalb der drei Bildfelder drei Inschriftenfelder hinzugefügt wurden.[5] Beispiele hierfür finden sich als Kupferstich in der Sammlung der Erzabtei St. Peter in Salzburg oder als Pergamentmalerei[6] im Bestand des Benediktinerklosters Metten.[7]
Die vielfigurige Komposition inspirierte auch verschiedenste Künstler, die sie innerhalb der Wand- und Deckenmalerei sowie in Ölmalerei und Plastik umsetzten. Anbringungsorte waren nicht nur Klosterkirchen oder Konventgebäude benediktinischen Besitzes, sondern auch in Dorfkirchen finden sich vereinzelte Nachfolger. Die Künstler beschränkten sich hierbei allerdings meist auf die Verwendung von Versatzstücken wie der Mittelszene oder einzelner Figuren.
Datierung |
Typus |
Benediktinerklöster/-kirchen |
Künstler |
1722 |
Fresko |
Ottobeuren, Konvent, Abtei-Treppenhaus |
Arbogast Thalheimer |
1727–1730 |
Fresko |
Oberaltaich, St. Peter und Paul, Langhaus |
Joseph Anton Merz |
1730 |
Fresko |
Gloggnitz (AT), Konvent, Treppenhaus |
unbekannter Künstler |
1731/32 |
Kanzel |
St. Lambrecht (AT), Klosterkirche, Schalldach der Kanzel |
Balthasar Prandstätter |
1739 |
Fresko |
Melk (AT), Konvent, Prälatensaal |
Paul Troger |
1745/1747 |
Fresko |
Neresheim, Konvent, Aureliuszimmer |
Johann Michael Zink, zug. |
1756 |
Fresko |
Neuler, St. Benedikt, Langhaus |
Johann Michael Zink |
1761 |
Fresko |
Fischingen (CH), Klosterkirche, oberer Chor |
Johann Jacob Zeiller |
1764 |
Fresko |
Thierhaupten, St. Peter und Paul, Langhaus |
Franz Joseph Maucher |
1781 |
Ölgemälde |
Füssen, St. Mang, Konvent, Bibliothek, Ölgemälde als einsetzbare Zwischendecke |
Franz Anton Zeiller |
Tabelle 1: Bekannte Beispiele mit dem heiligen Benedikt in der Glorie [MOTIV 1]
Datierung |
Typus |
Benediktinerklöster |
Künstler |
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die Erdteile in Begleitung ihrer Tiere [MOTIV 2]: |
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1725/26 |
Fresko |
Melk (AT), Konvent, Dietmayrsaal |
Johann Georg Waibl |
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1760 |
Fresko |
Ebersmünster (F)[8], St. Mauritius, Chor |
Joseph Mages |
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die Tiere der Erdteile [MOTIV 3]: |
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1725 |
Fresko |
Ochsenhausen, St. Georg, Langhaus „Verherrlichung der Eucharistie“ |
Johann Georg Bergmüller |
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Weitere Figurengruppe wie Missionsgruppen etc. [MOTIV 4]: |
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1721 |
Ölgemälde |
Salzburg (AT), Kollegienkirche, Altarblatt des Benediktusaltars |
Johann Michael Rottmayr |
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1726–1729 |
Fresko |
Raijhrad (CZ), St. Peter und Paul, Langhaus |
Johann Georg Etgens |
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1732 |
Fresko |
Regensburg, St. Emmeram, Chor |
Cosmas Damian Asam |
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1747 |
Fresko |
Mallersdorf, St. Johannes Evangelist, Chor |
Johann Adam Schöpf |
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1748–1752 |
Fresko |
Ettal[9], Mariä Himmelfahrt, Hauptkuppel |
Johann Jacob Zeiller |
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1756 |
Fresko |
Ottobeuren, St. Theodor und Alexander, Langhauskuppel |
Johann Jacob Zeiller |
Tabelle 2: Überblick zu den verwendeten Versatzstücken aus Reslfelds Kupferstich
Es lassen sich sicherlich noch weitere Beispiele in ganz Europa und vor allem im Untersuchungsgebiet aufführen.[10]
Das Triumphwagenmotiv wurde nicht nur innerhalb des Benediktinerordens zur Verherrlichung des Ordensgründers verwendet, sondern es findet sich auch in Kirchen anderer Orden. In der Luzerner Jesuitenkirche zum Beispiel ziehen die Erdteile die Biga des heiligen Franz Xaver, ausgeführt 1749 von Giuseppe Antonio und Giovanni Antonio Torricelli. Ein weiteres früheres Beispiel, das gerade einmal vier Jahre nach dem Reslfeld-Stich, aber unabhängig von ihm entstanden ist, befindet sich in einem Lünettenfresko der Kirche San Esteban im spanischen Salamanca, 1705 gemalt von Antonio Palomino. In diesem wird durch einen Triumphzug der Ecclesia der Dominikanerheilige Thomas von Aquin gehuldigt.
[1] Ausführlich hierzu siehe Koppensteiner Reslfeld 2/1993, 633.
[2] Vgl. Lechner Typologie 1980, 27; Lechner/Neuhardt Hl. Benedikt 1980, 41.
[3] Vgl. hierzu einerseits 1 Kön 17,8f. und 2 Kön 5,1–14. Zur Übertragung auf Jesus und dessen weltumspannendes Wirken vgl. Lk 4,25–27.
[4] Vgl. zur Genese des Motivs Müller-Bochat Triumphzug 1957.
[5] Vgl. Koppensteiner Reslfeld 2/1993, 634.
[6] Vergleichbar sind die Gemälde des Garstener Pergamentmalers Joseph Gottfried Pechler in den Stiften Kremsmünster und Lambach von 1722.
[7] Siehe für weitere Ausgaben Anm. 1221 in der vorliegenden Arbeit.
[8] Vgl. ausführlich Bornert Thesenblatt 1984, 233–244.
[9] Matsche führt auch noch die Anastasiakapelle in Benediktbeuern auf. Allerdings lassen sich meines Erachtens keine eindeutigen Übernahmen aus dem Stich finden. Vgl. Matsche Zeiller 1970, 575 Anm. 512.
[10] Eine mit Google Maps erstellte Karte visualisiert die Verbreitung des Reslfeld-Stiches innerhalb des Benediktinerordens: https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=1QBd2UODOTfRoM25CZlAM4TErsgI&hl=
Zuletzt aktualisiert am: 27.07.2020