*Wien (PB Wien), Majoratspalais der Fürsten von Liechtenstein Zitieren
Vier vergoldete Zinkgußfiguren. Über der mittleren Öffnung der Westwand des Ballsaales befinden sich Europa und Amerika, über jener der Ostwand Asien und Afrika, jeweils symmetrisch angeordnet links und rechts von einer Kartusche. Jede der sitzenden Figuren fungiert als Träger eines Kandelabers.
Westwand des Ballsaales: Europa sitzt links der mittleren Kartusche, der Oberkörper in den Raum gewandt, die überkreuzten Beine nach links gedreht. Auf dem Haupt ein kronenähnlicher Kopfschmuck, ist ihr Körper kaum durch eine sorgfältig drapierte Stoffbahn bedeckt, die sich an der Wand hinter der Figur fortsetzt. Unter dem Stoff zeichnen sich die Körperformen ab, ganz nach dem Vorbild des Effekts eines nassen Gewandes.
Die Gestalt der Amerika trägt eine hohe Krone auf dem Kopf, unter der das Haar in geflochtenen Zöpfen, die dekorativ verschlungen sind, frisiert ist. Die Brust ist unbedeckt, unter dem Hals liegt ein breites Collier, um die Hüfte ist Schurz aus Fell geknüpft. Hinter der linken Körperhälfte ist ein Köcher mit Pfeilen zu sehen. In dieser sitzenden Pose hängen die bloßfüßigen Beine leicht in den Raum hinab, der Oberkörper ist entgegengesetzt Richtung Raummitte und Kandelaber gedreht. Beide Figuren blicken in den Ballsaal hinein.
Ostwand des Ballsaales: Die Figur der Asia ist mit nacktem Oberkörper dargestellt, über ihre Hüften schmiegt sich eine Stoffbahn, die lehnt sich mit ihrer linken oberen Körperhälfte gegen die Ornamentdekoration der Mitte und hebt mit der rechten Hand ein verzweigtes Blumenbouquet empor, wobei sie den Blick nach rechts unten wendet. Ihre Beine weisen ebenfalls nach unten und ihr Kopf ist mit einem Turban geschmückt, der durch eine Perlenschnur verziert ist. Das Dekolleté wird durch ein Collier bedeckt. Die Gestalt der Afrika ist spiegelverkehrt zur Pose der Asia wiedergegeben, wobei ihre Beine über den Knöcheln überkreuzt sind. Ihr Schmuck sind ein breiter Reifen, der eng am Hals anliegt und Creolen in den Ohren. Der Kopf ist unbedeckt und das Haar wird in kleinen Löckchen getragen.
Die vier Figuren zeichnen sich durch Bewegung und Unmittelbarkeit aus, ihre schwebende Inszenierung verbindet sie mit den Gestalten der Putti in den Eckdekorationen und dem monumentalen Luster in der Raummitte des Ballsaales.
Die Figuren der Erdteile sind als Teil der Gesamtausstattung des Ballsaales anzusehen: „4 Figuren Modelle, über Lebensgröße, weibliche Gestalten, die Erdtheile Europa, Asien, Afrika, und Amerika vorstellend, bestimmt, ihren Platz im reichen Tanzsaal einzunehmen…“.[1]
[1] Michael C. M. Huey, Peter Hubert Desvignes und die Neo-Rokoko-Neugestaltung des Stadtpalais Liechtenstein 1837-1849, Wien 1999 (Diplomarbeit), S. 152.
Originalzustand nach Entstehung; Restaurierung des Stadtpalais in den Jahren 2008-2013.
Rechnung von August Kitschelt (aktiv 1835 bis um 1871), Eisen- und Zinkgußproduzent in Wien vom 8. November 1847, verwahrt im Archiv der fürstlichen Familie Liechtenstein.[1]
[1] FLHAW, K. H1853, nach Michael C. M. Huey, Peter Hubert Desvignes und die Neo-Rokoko-Neugestaltung des Stadtpalais Liechtenstein 1837-1849, Wien 1999 (Diplomarbeit), S. 152
Peter Hubert Desvignes wurde wahrscheinlich 1837 von Fürst Alois Josef II. mit der Umgestaltung des Majoratshauses beauftragt. Die ersten mit dem Projekt zusammenhängenden Briefe datieren mit dem Jahr 1841.[1] Die vier vergoldeten Figuren wurden von August Kitschelt 1847 in Zinkguß gefertigt, „unter der besonderen Leitung seiner Durchlaucht des regierenden Herrn Alois Fürsten von Liechtenstein und des Herrn Architecten von Desvignes ausgeführt“.[2]
[1] Michael C. M. Huey, Peter Hubert Desvignes und die Neo-Rokoko-Neugestaltung des Stadtpalais Liechtenstein 1837-1849, Wien 1999 (Diplomarbeit), S. 35.
[2] ebd., S. 152.
Zuletzt aktualisiert am: 21.12.2017