1687 wurde durch Fürst Johann Adam Andreas (1657–1712) ein Grundstück in der Rossau, einer vor den Stadtmauern Wiens gelegenen Gegend, erworben (heute Alsergrund, 1090 Wien, Fürstengasse 2). Der Tradition der Wiener Aristokratie folgend, die grünen Gebiete fernab des Ortes der kaiserlichen Residenz zu nutzen und zu gestalten, war es auch dem kunstaffinen Fürsten ein Anliegen, neben dem Majoratspalais in der Stadt, einen „Palazzo in Villa“ errichten zu lassen. Der Palast sollte in eine Gartenanlage eingebettet werden, deren Abschluss ein zart gegliedertes Casino darstellte.
Nach dem Ankauf des Areals unterbreiteten Johann Bernhard Fischer von Erlach 1688 und Domenico Egidio Rossi 1690 dem Fürsten Entwürfe zu dem Projekt. Dieser erteilte Rossi den Auftrag für die Errichtung des Palastes, Fischer von Erlach wurde der Bau des Belvedere übertragen. Dieses war 1690 nahezu vollendet, während die Errichtung des Palais 1691 ihren Beginn nahm; 1692 wurde die Planung an den römischen Architekten Domenico Martinelli übertragen, und es erfolgte die Vergabe der ersten malerischen Ausstattungselemente (Leinwandgemälde in Öl) an den bolognesischen Maler Marcantonio Franceschini, wobei es sich nicht nur um die Dekoration der Plafonds, sondern auch um die der Wände handelte. In weiterer Folge sollten die Decken des großen Saales im ersten Stock, jene der beiden symmetrischen Stiegenhäuser sowie jene der vier Erdgeschossräume durch Fresken eine Gestaltung erfahren. Mit den Stuckarbeiten wurde Santino Bussi beauftragt, Andrea Pozzo konnte für den großen Saal und Johann Michael Rottmayr für die Fresken im Bereich der Treppenhäuser, der Erdgeschossräume und der Sala Terrena gewonnen werden. Die Sujets der gemalten Ausstattung behandeln mythologische und allegorische Inhalte: Der große Saal – nach dem Protagonisten der Szenen Herkulessaal genannt – wurde in der Deckenzone durch den römischen Spezialisten für illusionistische Malerei, Andrea Pozzo, mit Szenen aus dem Leben des Helden Herkules und seiner Aufnahme in den Olymp dekoriert. Für die beiden Stiegenhäuser und für die Sala Terrena führte Johann Michael Rottmayr die Themen „Die Aufnahme des militärischen Genies in den Olymp“ (Westen) und „Der Sturz der Giganten“ (Osten) aus, für die übrigen Räume des Erdgeschosses führte er in den Deckenzonen die Helden der Antike als Tugendbeispiele an: In den Damenappartements (drei Räume) zitierte er mehrere Gestalten der Antike, der zweite Raum war Ariadne gewidmet und im dritten Raum erzählte er die Geschichte der Andromeda. Die Herrenappartements (auch Bibliothek genannt) wurden durch die Erlebnisse der Helden Aeneas, Jason und Alexander dargestellt. In der Sala Terrena führte Rottmayr die Fresken in Feldern des Gewölbes aus, dabei folgte er einem komplexen Programm, das die Elemente, die Sinne, die Künste und zudem Gestalten der antiken Erzählungen zum Inhalt hat.
Das Palais wurde nach 1700 fertiggestellt, die malerische Ausstattung der Räumlichkeiten wurde 1709 abgeschlossen. Die Gartenanlage, die durch das Belvedere von Johann Bernhard Fischer von Erlach begrenzt wurde, spiegelte im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts den Geschmack der barocken Gestaltung wider: In die symmetrisch angelegte Zonen wurden die Skulpturen von Giovanni Giuliani zur Aufstellung gebracht. Dieser verwendete klassische Vorbilder als Anregung für die Gestaltung der Steinfiguren. Auch die Nebengebäude fanden in den bekrönenden Skulpturen eine Akzentuierung.
Den Strömungen der Aufklärung folgend, wurde das Gartenareal nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten umgestaltet, das Belvedere mit Gewächshaus und Grotte wurde 1873 abgerissen und durch ein von Heinrich von Ferstel entworfenes Gebäude ersetzt. Im frühen 19. Jahrhundert wurde das Palais als Galeriegebäude der Präsentation der Kunstwerke der fürstlichen Sammlungen gewidmet. In den Jahren 2000 bis 2003 wurde das Gebäude einer Generalsanierung und Restaurierung unterzogen und präsentiert heute einen Teil der Sammlung der fürstlichen Familie Liechtenstein.
Zuletzt aktualisiert am: 17.06.2016