In den 30er-Jahren des 18. Jahrhunderts schuf Cosmas Damian Asam[1] insgesamt sechs Darstellungen von Erdteilallegorien. Diese Arbeiten fallen alle in das Spätwerk Asams, der 1739 verstarb. Geboren wurde der Künstler im Jahr 1686 als Sohn des Malers Georg Asam, bei dem er – wie auch sein jüngerer Bruder Egid Quirin – in die Lehre ging und wahrscheinlich auch die Öl- und Freskomalerei erlernt hatte.[2] Der Vater war mit seinem Werkstattbetrieb in Benediktbeuern, am Tegernsee, in Fürstenfeld, in Freising und in der nördlichen Oberpfalz tätig.[3] Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1711 trennten sich die Wege der Brüder Cosmas Damian und Egid Quirin, die bis dahin beide im Familienbetrieb gearbeitet hatten, vorübergehend. Während der Stuckateur Egid Quirin am 25. Juli 1711 bei dem Münchner Hofbildhauer Andreas Faistenberger seine Lehre antrat, entschied sich Cosmas Damian für eine Weiterbildung in Rom.[4] Dort gewann der Ältere am 23. Mai 1713 an der römischen Accademia di San Lucca „einen ersten Preis der ersten Malereiklasse“.[5] Auch wenn Asam nur kurz in Italien weilte – wahrscheinlich war er von 1711 bis 1713, spätestens bis Anfang 1714 dort –,[6] so konnte er in Rom nicht nur seine Sammlung an Vorlagenzeichnungen erweitern, sondern lernte auch die römische Deckenmalerei mit ihrem „illusionistischen Bildraum“ und ihren „barocken Raumensembles“ kennen.[7]
Nach seiner Rückkehr aus Italien nahm Asam mehrere Aufträge an. Seinen ersten Großauftrag erhielt er 1718 mit der Ausmalung der Benediktinerklosterkirche in Weingarten in Oberschwaben.[8] Für den Benediktinerorden malte Asam im Verlauf seines Lebens mehrere Kirchen- und Klosterräume aus. So unter anderem in Süddeutschland (Regensburg; Straubing), in der Schweiz, aber auch in Böhmen und in Schlesien. Dies führte dazu, dass man ihn auch als „Benediktiner-Künstler“[9] oder als „Benediktinermaler“[10] bezeichnete. Allerdings war Cosmas Damian nicht nur für die Benediktiner tätig, auch die Zisterzienser (Fürstenfeldbruck) oder die Jesuiten (Ingolstadt) zählten zu seinen Auftraggebern. Darüber hinaus malte er Pfarr- und Wallfahrtskirchen (Friedberg) aus.[11] Im Gegensatz dazu fällt sein Œuvre im weltlichen Bereich bescheiden aus: Nur vier Aufträge wurden hier an ihn herangetragen.[12] Allerdings wuchs sein Ansehen auch im „reichsfürstlichen und episkopalen Bereich“, wie die Ernennung zum „Fürstlich Freisingischen Kammerdiener[…]“ am 19. September 1724 belegt. Diese Ernennung erfolgte gemeinsam mit seinem Bruder Egid Quirin, welcher Hofstuckateur wurde, während Cosmas Damian Hofmaler wurde. 1730 wurden beide Brüder „in München zu kurbayerischen Kammerdienern ernannt“, zwei Jahre später beförderte der Pfälzer Kurfürst den Hofmaler Cosmas Damian Asam zum „kurpfälzischen Hofkammerrat“.[13]
In der letzten Schaffensphase Asams, die nach 1730 einsetzte und in die alle seine Erdteilallegoriedarstellungen fallen, freskierte er Sakralräume, die meist von „einem einzigen großen Fresko überspannt“ wurden,[14] so auch den Kongregationssaal der Jesuiten in Ingolstadt, den er 1734 „in 36 Tagewerken“ durchführte.[15] Zwar unterstützten ihn dabei Schüler, Gesellen und Mitarbeiter wie sein Sohn Franz Erasmus, allerdings ist bei dieser kurzen Zeitspanne davon auszugehen, dass Asam über eine sehr „souveräne Technik des Freskomalens“ verfügte.[16] Oft führte er die Arbeiten gemeinsam mit seinem Bruder Egid Quirin aus, der dann meist für den Stuck des Raumes zuständig war. So wiederholte Egid Quirin in Ingolstadt in den Ecken unter den gemalten Erdteilallegorien die Allegorien in Stuck. Nach dem Tod von Cosmas Damian Asam am 10. Mai 1739 vollendete sein Bruder die angefangenen Arbeiten und übernahm – obwohl er hauptsächlich als Stuckateur tätig war – auch Aufträge zur Freskierung von Innenräumen, wie die Ausstattung der Mannheimer Jesuitenkirche belegt.[17]
Während es von Egid Quirin Asam keine gemalten Erdteilallegoriedarstellungen gibt, haben sich von Cosmas Damian Asam sechs Darstellungen in Freskomalerei erhalten. Die älteste davon hat er 1731 in der Zisterzienserklosterkirche Maria Himmelfahrt in Fürstenfeld ausgeführt. Diese Erdteildarstellungen unterscheiden sich von den darauffolgenden durch ihre monochrome Malerei und durch ihre Einfassung in Kartuschen. Dadurch werden sie vom Bildgeschehen abgetrennt, im Gegensatz zu den Erdteilpersonifikationen im ein Jahr später entstandenen Benediktinerkloster St. Emmeran in Regensburg, wo die Erdteile auf einem Bildfeld im Zusammenhang der Weltmission des Benediktinerordens gezeigt werden. Wie im zwei Jahre später gemalten Deckenfresko in Ingolstadt sind die Erdteilpersonifikationen als Akteure ins Bildgeschehen miteinbezogen. Auffällig sind auch die Motive aus Regensburg, die Asam in Ingolstadt wiederverwendet. So wären hier nur das Schiff mit den Missionaren zu nennen, das in Ingolstadt in der Erdteilallegorie Amerikas wieder auftritt. Auch die betende Prinzessin erinnert in ihrer Gestik und Mimik an die Personifikation Afrikas, die in Regensburg männlich ist und von einem Benediktiner getauft wird. Auch das Motiv der brennenden Fackel findet sich in beiden Deckengemälden wieder: Während in St. Emmeran ein Benediktinermönch vor der Personifikation Europas ein Buch in Brand steckt, ist es in Ingolstadt Europa – dargestellt als Minerva – selbst, die die Weltkugel entzündet. Auch im Bildaufbau ähneln sich die beiden Deckenfresken: Von der Heiligen Dreieinigkeit beziehungweise Gottvater fallen Lichtstrahlen auf die vier Erdteile. Obzwar es sich in Ingolstadt um ein mariologisches – und nicht um ein ordensikonograpfisches – Programm handelt, erinnert das Deckenfresko in Ingolstadt an die Darstellung der Weltmission durch den Jesuitenorden, wie es beispielsweise Andrea Pozzo im Langhaus von S. Ignazio bereits im 17. Jahrhundert monumental umgesetzt hatte.[18]
Wie in dem römischen Fresko verteilt Asam in Ingolstadt die Erdteildarstellungen in alle vier Bildecken, eine Komposition, die auch in der Ursulinenklosterkirche in Straubing beibehalten wird. In Straubing nimmt er auch einzelne Motive aus dem Ingolstädter Kongregationssaal wieder auf, was an der Allegorie Europas mit der Quelle beziehungweise dem Wasserfall, der Darstellung der schönen Künste und dem Pferd deutlich wird. Anders dagegen Asams zeitgleich zu Straubing entstandene Erdteilallegoriedarstellungen in der Wallfahrtskirche in Friedberg. Diese sind nicht mehr in ein, sondern durch Stuckbänder in mehrere Bildfelder unterteilt, die nur durch einen gemalten Vorhang um den Laternenring zusammengehalten werden. Die Erdteilpersonifikationen sind in den Diagonalfeldkompartimenten dargestellt und werden jeweils von einem Engel auf das Christusmonogramm in der Laterne hingewiesen.[19] Die Friedberger Fresken zählen zusammen mit den Straubinger Deckengemälden zu den letzten Arbeiten Asams, bei denen „Cosmas Damians künstlerische Kraft zu erlahmen“ scheint. So fehlt nach Rupprecht in seinen letzten Fresken „Einzelfiguren und Gruppen […] die Dynamik, der anschauliche Bezug“.[20]
[1] Die Lebensdaten (28.9.1686–10.5.1739) sind durch das Taufdatum am 28. September 1686 belegt. Es ist wahrscheinlich, dass Asam deshalb am 27. September geboren wurde. Vgl. hierzu Penzlin 1983, 14; Trottmann 1986, 10.
[2] Vgl. Trottmann 1986, 12; Rupprecht 1980, 16; Penzlin 1983, 14; ders, 1986, 12–13, 19; Hanfstaengl 1955, 7.
[3] Georg Asam war mit der Tochter des Münchner Hofmalers Niklas Prugger verheiratet, mit der er gemeinsam mit seinen Kinder, hauptsächlich mit den Söhnen Cosmas Damian und Egid Quirin, die Werkstatt betrieb. Vgl. Trottmann 1986, 12; Rupprecht 1980, 16; ders. 1986, 12.
[4] Vgl. Rupprecht 1986, 13, 18; Trottmann 1986, 12. Noch 1980 hatte Rupprecht behauptet, beide Brüder seien nach Rom für „eine neue Ausbildungsphase“ gegangen (Rupprecht 1980, 17).
[5] Rupprecht 1986, 13. Vgl. ders. 1980, 17; Penzlin 1983, 15; Trottmann 1986, 12.
[6] Vgl. Rupprecht 1980, 17; ders. 1986, 13; Trottmann 1986, 10.
[7] Rupprecht 1986, 19. Neben den Arbeiten Pozzos lernte Asam auch die Werke Gaullis, Orazzi, Garzi und Callandrucci aus eigener Anschauung kennen (vgl. ders. 1980, 25–26). Vgl. auch Möseneder 1986, 30; Hanfstaengl 1939, 10; ders. 1955, 9.
[8] Vgl. Rupprecht 1986, 14, 17, 21; Trottmann 1986, 62, 70; Rupprecht 1980, 18; Möseneder 1986, 29–30.
[9] Rupprecht 1980, 18.
[10] Rupprecht 1986, 16.
[11] Eine enge Verbindung zu den Benediktinern hatte bereits sein Vater Georg Asam, allerdings war er wie sein Sohn auch für die Zisterzienser tätig. Bezeichnend ist jedoch, dass die Familie Asam bei Neubauten und Innenausstattungen besonders für Klöster arbeitete (vgl. Rupprecht 1986 16). Rupprecht gibt zwar zu, dass Asam für die Benediktiner umfangreiche Arbeiten ausgeführt hat, erinnert aber daran: „Doch stehen den elf benediktinischen Aufträgen insgesamt zwölf von anderen Ordensgemeinschaften gegenüber, hinzu kommen noch vier Pfarrkirchen und der Sonderfall der Asamkirche“ (ebd.). Eine Bezeichnung „Benediktinermaler“ scheint also nicht gerechtfertigt, auch wenn Asam oft von diesem Orden mit der Ausmalung von Räumen beauftragt wurde.
[12] Vgl. Rupprecht 1986, 17. Nach Rupprecht liegt dies daran, dass Asam nicht über die „Kultivierung und zunehmende Verfeinerung der Einzelfigur, Eleganz und Wert des Artifiziellen an sich“ verfügte (ebd.). Darüber hinaus lebte die Familie Asam bis um 1700 fast ausschließlich auf dem Lande in der Nähe von Klöstern, was die Laienfrömmigkeit des Künstlers befördert haben dürfte (vgl. ebd., 16).
[13] Rupprecht 1980, 20.
[14] Möseneder 1986, 34.
[15] Rupprecht 1986, 15. Vgl. Cdbm 14/2010, 53–54.
[16] Rupprecht 1986, 15.
[17] Allerdings konnte Egid Quirin diese Arbeiten nicht zu Ende führen, da er am 29. April 1750 während der Arbeiten verstarb.
[18] Vgl. Möseneder 1986, 196, 35.
[19] Für eine Analyse des Programms und eine neue Identifikation der Erdteilallegorien siehe Romberg 2015, 384–389.
[20] Rupprecht 1980, 246.
Zuletzt aktualisiert am: 21.03.2016