Die Forschungslage zum „Bodenseemaler“ Johann Gabriel Roths stellt sich kursorisch und fragmentarisch dar.[1] Lediglich seine durch Signatur gesicherten Werke geben uns Eckpunkte zu seiner Schaffenszeit und Einblicke in sein Wirken als Künstler. Es sind von ihm sechs Freskenausstattungen (5 signiert, 1 Zuschreibung; s. Werkverzeichnis) und um die acht Ölgemälde (1 verloren) bekannt. Er signierte seine Werke in der Regel mit seinem Namen (ausgeschrieben oder abgekürzt) sowie den Zusätzen inve: & pinx: und einer Datierung. Über seine Ausbildung ist nichts überliefert. Seine Bildwerke zeigen jedoch, dass er im Gebrauch von Referenzwerken bewandert war. Gebhard Spahr nennt unter anderem das Werk von Jakob Masens S.J. (1606–1681) über die Emblematik Speculum imaginum veritatis occultae (editio princeps: Coloniae Ubiorum, Kinchius 1650), die Iconologia (editio princeps: Roma, Heredi di Gigliotti 1593) von Cesare Ripa (~1555–1621)[2], das Handbuch des Mythografen Vincenzo Cartari (~1531–1596) Le imagini colla sposizione degli dei degli antichi (editio princeps: Venezia, Francesco Marcolini 1556) und das 1724 erstmals erschienene Werk von Benjamin Hederich (1675–1748) Gründliches Lexicon Mythologicum (Leipzig, Gleditsch).
Von 1712 bis 1724 stand er im Dienst der Grafen von Waldburg-Wolfegg. In diesem Zeitraum führte er ebenfalls Arbeiten für die Kirchen in Neutann, Neukirch, Arnach und Hasenweiler aus.[3] Es handelt sich hierbei ausschließlich um Ölgemälde. Sein freskales Werk ist erst mit 1726 zu fassen.[4] Wohl über Vermittlung der gräflichen Familie arbeitete er bis 1729 zunächst für den Trauchburger Zweig der Familie Waldburg in Kißlegg, dann für die Prämonstratenserabtei Weißenau. Johann Ernst von Waldburg zu Trauchburg engagierte 1726 Roth für die Ausmalung seines neu erbauten Schlosses in Kißlegg. Er zeichnet für die Fresken im sogenannten Esthersaal im ersten Obergeschoss und in der Schlosskapelle mittels Signatur und Datierung verantwortlich.
Alle anderen Fresken sind unsigniert, und stilistische Gründe sprechen zum Teil für eine Zuschreibung an Roth. In verschiedenen Kunstführern ist zu lesen, dass sich der Maler selber im Kleinen Kabinett oberhalb der Tür zum Esthersaal in einem Selbstporträt verewigt haben soll. Nach Abschluss seiner Arbeiten in Kißlegg verpflichtete der Weißenauer Abt Anton I. Unold (reg.1724–1765) ihn und Franz Georg Hermann (1692–1768) für Malerarbeiten im Klostergebäude und der Kirche St. Peter und Paul.[5] Abt Arnold I., der selber aus Wolfegg stammte, kannte womöglich Roth bereits. Der Kunsthistoriker Hubert Krins wertet die von Roth in der ehemaligen Winterabtei hinterlassenen Deckenbilder, denen thematisch ein mariologischer Zyklus zugrundeliegt, nicht nur als dessen „Hauptwerk…, sondern auch als die künstlerisch bedeutendste Leistung der Malerei in den Klostergebäuden“[6]. Sein letztes bekanntes Werk war die Freskierung der Weißenau inkorporierten Kirche Zur Schmerzhaften Mutter Gottes in Oberzell.
[1] Vgl. ThB XXIX/1936, 87; Spahr 1963, 256–259: 258; Krins 1977 153–165: 165; Spahr 1978, 98, 102, 113, 134; Hosch 1982, 150–164: 154; Krins 1983, 244–259: 250, 257 Anm. 25; Hamacher 1987, 208; Liesching 1993, 157–192: 166; Hindelang/Hosch 1996, 33; Hosch 2008, 5.
[2] Für biografische Referenzen siehe Mandowsky 1934, S. 3–6, ergänzt durch neuere Erkenntnisse von Stefani 1990, S. 307–312.
[3] 1720er-Jahre Neutann, Spitalkirche St. Anna, Gemälde, Christi Fall unter dem Kreuz, signiert und datiert (unleserlich); 1718 Neukirch, Kirche St. Silvester, Beichtkapelle, Altarblatt, Verehrung von Maria und Jesuskind durch den Hl. Kajetan von Tiene und Skapulierspende, signiert und datiert (siehe hierzu ausführlich Liesching 1993, 157–192); 1722 Arnach, Kirche St. Ulrich und Margarete, Gemälde der 12 Apostel, signiert und datiert; 1724 Hasenweiler, Kirche Mariae Geburt, Hochaltarblatt, Rosenkranzspende, signiert und datiert.
[4] Roth malte auch weiterhin Ölgemälde wie bspw. 1726 Immenried, St. Ursula, Seitenaltargemälde, Hl. Johannes Nepomuk, signiert und datiert; 1727 Weißenau, Klosterkirche St. Peter und Paul, Schreindeckel vom Norbertusaltar, ehem. Heiligblutaltar, Öl auf Lwd., Verehrung des Lammes Gottes und ein Gemälde für den Saturnin-Altar, (signiert: J.G. Roth 1727), 1729 malte er wiederum ein heute verlorenes Gemälde Gastmahl bei Simon dem Pharisäer für Weißenau. Vgl. Krins 1983, 244–259.
[5] „Ist die Abbtey renoviert, undt durch Gabriel Roth ausgemahlt worden“ Libri Praelatorum Rom IV, zitiert nach: Krins 1983, 259 Anm. 25.
[6] Krins 1983, 251 in Verbindung mit 257. Für eine genaue Beschreibung der Fresken vgl. Krins 1977, 159–165.
Zuletzt aktualisiert am: 30.10.2023