Johann Ernst II. von Waldburg-Trauchburg-Kißlegg Zitieren
* 21. Mär 1695, † 06. Jun 1737,
Maria Sophie, geb. Oettingen-Wallerstein (1666–1743), und Christoph Franz von Waldburg-Trauchburg (1669–1717) bekamen am 21. März 1695 ihren zweiten Sohn. Sie nannten ihn nach seinem 1687 verstorbenen Großvater Johann Ernst. Über seine Kindheit und früheste Jugend ist nichts bekannt. Vermutlich hat er wie seine Brüder Joseph Wilhelm (1694–1756) und Franz Karl Eusebius (1701–1772) zunächst ein Jesuitengymnasium und im Anschluss die Universität zu Salzburg[1] besucht.[2] Zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters, der Mitglied im Reichshofrat und Geheimer Rat am kaiserlichen Hof in Innsbruck gewesen war,[3] erhielt Johann Ernst II. im Erbteilungsvertrag von 1719 die Grafschaft Trauchburg und die Herrschaft Kißlegg. Diese war wie die Herrschaft Friedberg-Scheer, die der ältere Bruder Joseph Wilhelm erbte, in einer finanziellen Schieflage, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts durch Kriege verursacht worden war.[4] Da die alte Stammburg der Trauchburger Linie in der Grafschaft Trauchburg im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigt worden war[5], diente den Grafen Kißlegg als Residenzstadt, die jedoch 1719 ohne Residenzschloss war. Dieses ist 1704 einem Brand zum Opfer gefallen. Die erste Aufgabe von Johann Ernst II. als neuer Landesherr war – trotz chronisch leerer Kassen – der Bau eines repräsentativen Sitzes.
Am 21. Mai 1721 beauftragte er den Füssener Baumeister Johann Georg Fischer (1673–1747) mit der Ausführung, die sich bis 1727 hinzog. In der Zwischenzeit vermählte sich Johann Ernst II. 1722 mit der zweitältesten Tochter seines Nachbarn Ferdinand Ludwig von Waldburg-Wolfegg-Wolfegg (1678–1735). Dieser hatte 1700 die Schellenberg-Erbin Maria Anna (1681–1754) geheiratet und war hierdurch 1708 in den Besitz einer Hälfte der Herrschaft Kißlegg gekommen. Die andere Hälfte war schon seit dem 17. Jahrhundert im Besitz der Trauchburger Linie.[6] Es ist liegt nahe anzunehmen, dass Johann Ernst II. mit seiner Gemahlin Maria Theresia Josepha Felicitas (1702–1755) während des Schlossbaus vermutlich im sogenannten „Alten Schellenbergischen“ Schloss residierten, das den Wolfeggs neben ihrem Schloss in Wolfegg als Zweitresidenz diente. Das Innere des Schlosses ist erst kurz vorher zum Teil zwischen 1717 und 1721 unter Leitung desselben Architekten Fischer[7] im Auftrag von Johann Ernst II. Schwiegereltern umgebaut worden.[8]
Zur Finanzierung des Baus sowie der Schuldenlast war Johann Ernst II. „zum Verkauf fast aller Höfe, vieler Waldungen und zu allerlei Verpfändungen im Trauchburgischen“[9] genötigt. Jedoch lag der Schuldenstand bei seinem Tod 1737 trotz dieser Maßnahmen noch immer über 400.000 fl.[10] Johann Ernst II. starb kinderlos am 6. Juni 1737 infolge eines Blutsturzes. Erbe der überschuldeten Herrschaft Trauchburg-Kißlegg war sein Bruder Friedrich Anton Marquard. Seine Witwe heiratete fünf Jahre später, am 8. April 1742, ein weiteres Mal Joseph Ignaz von Welsperg zu Primör und Langenstein (1702–1760)[11].
[1] S. hierzu im StA Sigmaringen, Dep. 30/1 T 3 Nr. 1935.
[2] S. Kurzbiografien von „Joseph Wilhelm von Waldburg-Trauchburg-Friedberg-Scheer (1694–1756)“ und „Franz Karl Eusebius von Waldburg-Trauchburg-Friedberg-Scheer (1701–1772)“.
[3] S. ausführlich Kurzbiografie „Joseph Wilhelm von Waldburg-Trauchburg-Friedberg-Scheer (1694–1756)“.
[4] Christoph Franz hat laut dem Familienchronisten Matthäus von Pappenheim „die von seinen Eltern und Vormündern geführte gute Wirthschaft in der besten Ordnung“ übernommen. Jedoch die Bauernunruhen, die Kontributionen, Soldatendurchzüge, etc. in Folge des Pfälzischen Krieges (1688–1697) und Spanischen Erbfolgekrieges (1701–1714) erodierten die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Herrschaft. Vgl. Pappenheim 1785, 394; Rauh 1971, 183.
[5] Letztmalig wurde sie von Christoph Franz und Maria Sophie 1690 anlässlich des „Beylagers“ nach der Hochzeit 1690 bewohnt. Vgl. Pappenheim 1785, 393.
[6] S. hierzu ausführlich „Kißlegg – Stichpunkte zur Orts- und Schlossgeschichte“.
[7] Johann Georg Fischer hat zur gleichen Zeit – 1718/1719 – auch die Gottesackerkapelle St. Anna in Kißlegg erbaut. Diese wurde dann sogleich nach Fertigstellung von Cosmas Damian Asam (1686–1739) ausgemalt. Vgl. Rauh 1951, 236f.; KDV Wangen 1954, 206–210; Sauermost 1969, 49–51; Bushart 1982, 27–44; Dehio BW II/1997, 350f.; Mayer 2006, 261.
[8] Die Renovierung wurde in Zusammenarbeit mit einer Vielfalt anderer Künstler wie etwa Franz Anton Erler (~1700–1756) und Antoni Frast (aktiv 1717–1721) ausgeführt. Vgl. Spahr 1978, 99; Weber 1989, 4.2.; Dehio BW II/1997, 351.
[9] Rauh 1971, 183; vgl. Zürn 2006, 250.
[10] Vgl. Rauh 1971, 184.
[11] Vgl. Toffol, Marco, I Welsperg: una famiglia tirolese in Primiero, Trento 2001.
Zuletzt aktualisiert am: 02.12.2015