Johann Michael Fischer Zitieren
* Sep 1717, † 27. Mär 1801, Bildhauer

Kurzbiografie 

Johann Michael Fischer[1] wurde am 23. September 1717 in Veitshöchheim in der Nähe von Würzburg getauft.[2] Seine Ausbildung zum Bildhauer absolvierte er bei Johann Wolfgang von der Auwera in Würzburg, der ab 1730 für die skulpturale Ausstattung der Würzburger Residenz verantwortlich war.[3] Vermutlich ging Fischer im Frühjahr 1743 auf Wanderschaft, denn 1744 ist er erstmals in Dillingen nachweisbar.[4] Wahrscheinlich war Wien Fischers Ziel gewesen, allerdings ließ er sich in Dillingen nieder und übernahm den Betrieb des verstorbenen Bildhauers Stephan Luidl.[5] Seine Werke verteilen sich um Dillingen „im Städtedreieck Ulm-Augsburg-Ingolstadt“.[6] Seine Arbeiten, die von kleineren Aufträgen über Altäre bis hin zur Neuausstattung von Kirchen reichte, konnte Fischer jedoch nicht alleine bewältigen, weshalb er eine Arbeitsgemeinschaft mit dem etwa gleichaltrigen Joseph Hartmuth (1717–1793) einging.[7] Beide wurden 1755 mit der „Ausführung und Gestaltung“ des Hochaltars nach einem Entwurf von Johann Georg Bergmüller beauftragt,[8] darauf folgte 1760/61 die Erneuerung von sechs Seitenaltären.[9] Zeitgleich mit den Seitenaltären wurde Fischer auch die Neugestaltung der Kanzel übertragen, für die sich ein eigenhändiger Aufriss erhalten hat.[10] Die Bildhauerarbeiten in der Dillinger Studienkirche waren für Fischer sowohl für seine stilistische Entwicklung als auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein „großer Fortschritt und Erfolg“, da ihm „dieser Prestigeauftrag mehr als einen Folgeauftrag sicherte“.[11]

Besonders den Bekrönungsengel auf der Dillinger Kanzel, den er nach italienisch-niederländischen Vorlagen schuf, scheint Fischer geschätzt zu haben. Wie andere Künstler verfügte auch Fischer über eine Vorlagen- und Bozettisammlung sowohl aus der Lehrzeit bei Auwera als auch aus dem „Fundus der alteingesessenen Luidl-Werkstätte“. Dies belegt auch der Umstand, dass Figuren oder Figurengruppen, die zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden sind, sich „in ihrem Erscheinungsbild und ihrer Komposition sehr ähnlich“ wiederholen – so auch im Fall des Dillinger Kanzelengels.[12] Das Kopieren von Vorlagen wurde jedoch nicht negativ beurteilt, im Gegenteil.[13] So erfüllte es Fischer sichtlich mit Stolz, den Engel auf dem Schalldeckel der Dillinger Kanzel dem Typus der Figura serpentinata des Bronzebildhauers Giambolognas nachempfunden zu haben,[14] was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass er diesen Engel „als bisher einzig bekanntes Werk mit seinem Monogramm versah“.[15] Bevor er um 1760/61 den Kanzelengel für die Dillinger Studienkirche anfertigte,[16] hatte er bereits 1757 den Engel auf der Kanzel der Pfarr- und Wallfahrtskirche Heiliges Kreuz in Bergen[17] und zwischen den Jahren 1755 und 1760 den Bekrönungsengel für die Kanzel der Hofkirche in Neuburg an der Donau geschaffen.[18] Dieser steht – obwohl spiegelverkehrt – ebenfalls nur mit einem Bein auf dem Kanzeldeckel und deutet mit dem Zeigegestus auf das IHS-Monogramm. Die Erdteilpersonifikationen, die auf dem Schalldeckel sitzen, wurden in Neuburg nicht von Fischer ausgeführt,[19] aber er übernimmt dieses Motiv für die Dillinger Kanzel.[20] Die Darstellung der Erdteilpersonifikationen in Dillingen sollten auch die einzigen in seinem Werk bleiben. Die Engelsfigur hingegen findet sich in modifizierter Form nochmals auf dem Schalldeckel der Steinheimer Pfarrkirche, deren Kanzel Fischer 1776 schuf.[21]

Der Jesuitenorden blieb auch nach den Arbeiten in der Dillinger Jesuitenkirche und im Kolleg ein wichtiger Auftraggeber für Fischer.[22] So beauftragten die Jesuiten aus Neuburg den Bildhauer in den 1750er-Jahren mit der Neugestaltung der Kloster- und Wallfahrtskirche in Bergen,[23] etwa zeitgleich fertigte Fischer den Bekrönungsengel für die Kanzel der Neuburger Jesuitenkirche und den Altar (1759/60) für den Kongregationssaal Maria de Victoria der Ingolstädter Jesuiten an.[24] Darüber hinaus war er noch für andere Orden tätig, nahm aber auch Einzelaufträge an. Dass Fischer Zeit seines Lebens immer genügend Aufträge zu erfüllen hatte, lag neben seiner Fähigkeit auch daran, dass seine „Hauptarbeitsphase […] in die Blütezeit des Rokoko und des aufkommenden Klassizismus“ fiel, in der viele Kirchen erneuert wurden. Nach heutigem Kenntnisstand lässt sich feststellen, dass der Einflussbereich seiner Arbeiten „die gesamte Region entlang der schwäbischen Donau um Dillingen und teilweise darüber hinaus“ umfasste.[25]

[1] Hier nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Architekten und Baumeister. Vgl. hierzu Thb 12/1916, 29.

[2] Vgl. Schlöttl 1934/35, 64; Gantner/Kaeß 2001, 9, 259.

[3] Vgl. Gantner/Kaeß 2001, 10. Gantner/Kaeß vermuten, dass Fischer auch seine Lehrzeit bei Auwera verbracht hat, sie können jedoch nur „seine Tätigkeit als Geselle in dieser Werkstätte mit Sicherheit belegen“ (ebd.).

[4] Vgl. ebenda, 10–11.

[5][5] Fischer heiratete am 12. September 1746 die Bildhauerstochter Maria Theresia Luidl und machte sich mit der Werkstatt Luidls in Dillingen selbstständig. Vgl. Gantner/Kaeß 2001, 11–12; Schlöttl  1934/35, 65; Schneider 2014, 51.

[6] Schneider 2014, 51; vgl. das Werksverzeichnis bei Gantner/Kaeß 2001, 90–93.

[7] Vgl. Schneider 2014, 51; Gantner/Kaeß 2001, 15. Zur Biografie Hartmuths siehe Gantner/Kaeß 2001, 48–50, 266–268.

[8] Gantner/Kaeß 2001, 34.

[9] Vgl. ebenda, 35.

[10] Vgl. Gantner/Kaeß 2001, 35–36; Volk 1985, 116–119.

[11] Gantner/Kaeß 2001, 37.

[12] ebenda, 22.

[13] Zur Übernahme von künstlerischen Vorlagen erläutern Gantner und Kaeß: „Es war durchwegs gängige Praxis, nicht sklavisch und detailgetreu zu kopieren, sondern fremde Kompositionsvorbilder nach der eigenen ,Inventio‘ zu überarbeiten. Trotz erkennbarer Abhängigkeiten entstand daraus jeweils ein neues, eigenständiges Kunstwerk. Die Anlehnung von Figuren an Vorgaben bereits berühmter Meister oder, soweit möglich, an italienische Vorbilder, wurde stets positiv bewertet. Die eigene und ausgeprägt individuelle Fähigkeit zur Formgebung mußte jedoch erkennbar bleiben.“ (Gantner/Kaeß 2001, 22).

[14] Da weder ein Akademiebesuch noch ein Auslandsaufenthalt Fischers bekannt ist, ist davon auszugehen, dass Fischer Giambolognas Werk nicht durch eigene Anschauung kannte, sondern durch dessen Schüler Adriaen de Vries, der von 1596 bis 1599 den Merkurbrunnen mit Merkurstatue in Augsburg schuf. Zwar passte Fischer die Figur des Engels dem Thema des Schalldeckels an, allerdings ähnelt er in Körperhaltung und Gestus der Statue des Merkur. So stimmt der Kanzelengel in Drehung, Kopfhaltung und dem Zeigegestus mit der Merkusstatue überein. Vgl. hierzu Gantner/Kaeß 2001, 58.

[15] ebenda, 58.

[16] Vgl. ebenda, 179–180.

[17] Zum Bekrönungsengel in Bergen wird Fischer zugeschrieben. Siehe hierzu ebenda, 110, 166.

[18] Vgl. ebenda, 220.

[19] Die Neuburger Kanzel mitsamt der Putti als Personifikationen der Erdteile wurden nicht von Fischer, sondern wahrscheinlich von Breitenauer geschaffen. Vgl. Gantner/Kaeß 2001, 220; Schlöttl 1934/35, 79; Horn/Meyer 1958, 98. Seitz/Lidel vermuten Breitenauer als Bildhauer der ganzen Kanzel, siehe Seitz/Lidel 1983, 59.

[20] Vgl. Meyer/Schädler 1964, 216; Schneider 2014, 174–175.

[21] Vgl. Gantner/Kaeß 2001, 237.

[22] Vgl. hierzu ebenda,177–183.

[23] Vgl. Schlöttl  1934/35, 79–80; Gantner/Kaeß 2001, 164–167.

[24] Vgl. Gantner/Kaeß 2001, 117, 209–210.

[25] ebenda, 89; vgl. Volk 1981, 43.

Bibliografie 

Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016

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Forschungsplattform Erdteilallegorien im Barockzeitalter / Research Database Continent Allegories in the Baroque Age

Nirgendwo hat der Barock eine solche Dichte an Allegorien der vier Erdteile – Europa, Asien, Afrika und Amerika – hervorgebracht wie im Süden des Heiligen Römischen Reiches. In ihnen manifestieren sich die Vorstellungen des Barock von der Gestalt der Welt, ihrer politischen, sozialen und spirituellen Ordnung, vom Fremden wie vom Bekannten. Diese einzigartige Sammlung dokumentiert Darstellungen der vier Erdteile in Fresken, Stuck, Gemälden oder Skulpturen in ihren ursprünglichen Ausstattungskontexten. Baugeschichten sind ebenso erfasst wie Künstler und Auftraggeber.

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Allegories of the four continents – Europe, Asia, Africa, and America – were an extremely popular iconographic motive during the baroque era. It was most prevalent in the Southern Parts of the Holy Roman Empire. These allegories express/manifest/carry the imagination/conception/vision of the baroque of the shape of the world, its political, social, and spiritual order as well as of foreign and familiar things. This unique collection documents depictions of four continents in frescoes, stucco, paintings or sculptures in their place of origin. The historical contextualization contains the building history as well as artists and principals.

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