Bamberg (Bamberg), Namen Jesu [heute: St. Martin] Zitieren
Das 5,30 Meter hohe und 2,69 Meter breite Gemälde schließt mit einem Rundbogen ab und zeigt die Verehrung des Namens Jesu, ein Thema, das dem Brief des Apostel Paulus an die Philipper zugrundeliegt: „ut in nomine Jesu omne genu flectatur cælestium, terrestrium et infernorum“ – „damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu“ (Phil 2,10).
Im oberen Teil des Gemäldes erscheint im Wolkenhimmel das goldene IHS-Monogramm mit einem Kreuz über dem Balken des Buchstabens H und darunter ein Nagelbündel.[1] Das Monogramm ist umgeben von einem Strahlenkranz, dessen Strahlen auf die Figuren unter ihm fallen. Diese sind in drei Ebenen angeordnet. In der himmlischen Zone schweben auf der Höhe der Wolkengrenze geflügelte Engel in andächtiger oder verehrungswürdiger Haltung. Darunter blicken vier Personen auf der Erde zum Namen Jesu empor, während die unterste Zone den Blick in die Unterwelt mit den Verdammten und Häretikern freigibt.[2] Die Zone zwischen Erde und Hölle wird in der Horizontalen durch einen großen schmalen Felsen getrennt, auf dem sich die vier Erdteilpersonifikationen niedergelassen haben: Rechts im Vordergrund Europa. Dargestellt als eine blonde Frau in einem blauweißen Kleid mit einem goldenen Umhang und einer Krone auf dem Kopf. Ihr Gesicht und ihr Körper werden von dem Lichtkranz des Monogramms über ihr angestrahlt. Dadurch wird sie zusammen mit ihrer zum Betrachter gedrehten Körperhaltung vor den anderen drei Figuren hervorgehoben. Ihre Arme hat sie ausgebreitet, als Zeichen ihres Reichtums hält sie ein Füllhorn in ihrer Linken. Ihr gegenüber kniet in einer hellrosa Tunika, einem roten Umhang und mit einem weißen Turban auf dem Kopf die Personifikation Asiens. Mit ihrer Rechten greift sich Asia an ihre Brust, während sie sich mit ihrem Oberkörper zurücklehnt. Neben ihr blickt eine junge Frau mit langen, blonden und gelockten Haaren sowie einer Krone auf dem Kopf nach oben. Es handelt sich dabei um Amerika. Sie trägt nur einen Federrock, während ihr Oberkörper nackt ist. Mit ihrer Rechten scheint sie abwesend den Papagei zu streicheln, der auf ihrem linken Arm sitzt. Links davon kniet die letzte der vier Erdteilallegorien: Afrika. Dargestellt als eine reich bekleidet Frau in grüngelbem Gewand und mit einem roten Tuch über der Brust. Sie ist geschmückt mit Perlenohrringen und einer Perlenkette um den Hals sowie einem mit einer Feder bekrönten Turban auf dem Kopf. Ihren Blick richtet sie mit zusammengefalteten Händen nach oben zum Himmel. Hinter ihr ist noch der Kopf eines Krokodils zu sehen. Dahinter, zwischen Afrika und Amerika sind im Hintergrund zwei weitere Gestalten, eine Frau und ein Mann zu erkennen, die exemplarisch für Erdbewohner stehen können.
Die Darstellung der Verehrung des Namens Jesu auf dem ehemaligen Hauptaltargemälde der heutigen Stadtpfarrkirche nimmt das ehemalige Patrozinium der Jesuitenkirche wieder auf, die dem heiligsten Namen Jesu geweiht war.[3] Die Wahl des Titel, den bereits die römische Mutterkirche Il Gesù im Namen trägt, ist programmatisch für die Societas Jesu, wie David Ganz in seiner Untersuchung über die Ausstattung des Il Gesù bemerkt: „Auf Jesus Christus beriefen sich die Jesuiten als ihren eigentlichen Gründer, den Namen Jesu führten sie aus diesem Grund als ihr Ordensemblem.“[4] Sehr oft wurden im Zusammenhang mit der Darstellung der Verehrung des Namens Jesu, die auf den Philipperbrief zurückgeht, Themen aufgenommen, die auch auf die Namensgebung Jesu verweisen.[5] Besonders beliebt war dabei die Beschneidung Jesu, von der es im Lukasevangelium heißt: „Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoß seiner Mutter empfangen wurde“ (Lk 2, 21). Bereits in den Jahren von 1587 bis 1589 wurde von Girolamo Muziano ein Gemälde mit der Beschneidung Jesu für die römische Mutterkirche Il Gesù geschaffen.[6] Dazu kamen die zwischen 1676 und 1679 geschaffenen Deckenfresken mit der Darstellung der Verehrung des Namens Jesu von Giovanni Battista Gaulli, auch Baciccio genannt.
Die Arbeit Gaullis war Andrea Pozzo aus seiner Zeit in Rom bestens bekannt.[7] Allerdings verlagerte Pozzo die Bewegungsströme vom Bildinneren an den Bildrand und in den Vordergrund.[8] Denn Pozzo musste „für den Altar den Bildcharakter wahren, er konnte nicht mit dem Illusionismus arbeiten, den Gaulli die Deckenlage seines Freskos erlaubte“.[9] Denn der ursprüngliche Anbringungsort und die Aussage des Gemäldes im Kontext der Kircheninnenausstattung war bis zu seiner Versetzung ein anderer. So hing das Gemälde von 1708 bis 1803 am Hauptaltar der Jesuitenkirche.[10] Einen Eindruck von dem zeitgenössischen Anbringungsort liefert der Kupferstich von Johann Bernhard Hattinger, den dieser nach einer Vorzeichnung von Salomon Kleiner um 1725 angefertigt hat.[11] Dort ist das Gemälde zwischen den Pilastern über dem Tabernakel angebracht und wird von insgesamt sechs Statuen und zwei Büsten flankiert. Bei den zwei Statuen in der Sockelzone handelt es sich um Engel mit Weihrauchgefäßen, die aus den Interkolumnien heraustreten. Über ihnen stehen in Nischen weitere Figuren: links der Evangelist Johannes mit dem Adler und rechts Matthäus mit einem kleinen Putto. Die weiteren zwei Evangelisten standen dem Stich nach vor den Säulen und stellten links Lukas und rechts Markus dar. Zusammen mit den Büsten der Apostelfürsten Petrus und Paulus über den Nischenfiguren waren sie „Zeugen und Mittler der Lehre Christi“, aber auch Nachfolger desselben und „Vorgänger der Jesuiten“. Zugleich waren sie im Zusammenhang mit dem Altarblatt „symbolisch gesehen“ auch „Verehrer des Namen Jesu“,[12] und erweiterten damit die Darstellung der vier Erdteilpersonifikationen auf dem Altarblatt.
Neben den Altarfiguren wurde das Altargemälde im Scheitel des Rundbogens von der Kartusche mit dem Amtswappen des Bamberger Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn, dem Stifter des Altars, überfangen.[13] Darüber war nochmals eingefasst von Wolken und in Begleitung von Putti das IHS-Monogramm im Strahlenkranz angebracht.[14] Das Monogramm über dem Altar unterschied sich von der Darstellung auf dem Gemälde durch das flammende Herz anstatt des Nagelbündels unter dem Buchstaben H. Zugleich führte es die Aussage des Gemäldes fort, denn beugten dort die Erdteile ihr Knie vor dem Namen Jesu, so taten es die Gläubigen im Kirchenraum ihnen gleich und knieten vor dem Namen Jesu nieder, das im Gemälde und über demselben dargestellt war.
Das Monogramm ist hier nicht nur als ein Symbol für Jesus Christus zu deuten, sondern repräsentiert im Kontext der Jesuitenkirche „ein Zweifaches“: „den Sohn und den Jesuitenorden“ wie Ganz für Il Gesù festgestellt hat, wo „beide von der Versammlung der Mächtigen geehrt werden“.[15] In Bamberg sind es anstatt unterschiedlichster Vertreter und der Heiligen Drei Könige, die dem neugeborenen Erlöser ihre Geschenke darbringen und ihm huldigen, die vier Erdteile, die stellvertretend für die ganze Welt die Verehrung übernehmen.[16] Mit der Umwandlung der ehemaligen Jesuitenkirche in eine Pfarrkirche und dem damit einhergehenden Patroziniumswechsel in St. Martin mit dem Patrozinium secundarium[17] zum heiligsten Namen Jesu zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Hauptaltarblatt durch das Hochaltarblatt der ehemaligen Pfarrkirche St. Martin ersetzt. Dieses von Sebastian Reinhard gegen 1712 gemalte Bild zeigt den heiligen Martin im Angesicht des Todes.[18] Die unter dem Jesuitenorden propagierte Aussage des Gemäldes mit der weltweiten Verehrung des Namens Jesu war mit der Umwandlung in eine Pfarrkirche und der damit einhergehenden Neugestaltung des Hauptaltars obsolet geworden, da seine Aussage weder mit dem Patrozinium übereinstimmte noch die Kirche von der Societas Jesu betreut wurde. Auch die Altarfiguren haben ihre auf Christus bezogene Aussage verloren und sind heute nur noch „freie Komparsen“ des Hochaltars.[19]
[1] Zum IHS-Monogramm siehe Appuhn-Radtke 2003; Schneider 2014, 249–254; LThK 2/1994, 1178–1179.
[2] So stellt Cesare Ripa die „Heresia“ als altes hässliches nacktes Weib mit Schlangen in ihrer Rechten dar. Schlangen winden sich auch aus dem Buch, das sie in ihrer Linken hält (vgl. Ripa 1611, 233–234; http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10522866_0...).
[3] Die Jesuiten kamen 1610 nach Bamberg. 1686 wurde der Grundstein für die neue Jesuitenkirche gelegt, die am 17. Mai 1693 auf den „Heiligsten Namen Jesu“ geweiht wurde. Diesen Weihetitel führt die Kirche noch heute als Nebenpatrozinium. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 wurde die Ordenskirche im August 1803 in die Stadtpfarrkirche umgewandelt, deren Patrozinium – St. Martin – sie auch übernahm. Die Angaben zur Übernahme variieren zwischen dem 22. August (Ruderich/Ruß 2003, 4; Braun 1993, 141), dem 27. August (Breuer/Gutbier 1990, 68) und September 1803 (Ruppert 1972, 4). Vgl. hierzu weiter Breuer/Gutbier 1990, 62; Mayer 1955, 294; Ruppert 1972, 2–4.
[4] Ganz 2003, 314.
[5] Vgl. Korth 1998, 407; Ganz 2003, 314.
[6] Zur näheren Erläuterung der Bescheidungsszene im Kontext von Il Gesù siehe Ganz 2003, 325–326.
[7] Denn von 1691 bis 1694 malte Pozzo Sant’ Ignazio die zweite Hauptkirche der Jesuiten in Rom aus. Dass Pozzo mit der Darstellung der vier Erdteile bestens vertraut war, beweist allein sein Deckengemälde in Sant’ Iganzio, auf dem er die erfolgreiche Weltmission der Societas Jesu durch ihren Ordensgründer dargestellt hat. Zur eingehenderen Untersuchung dieses Werks siehe Hecht 2012; Hundemer 2003. Zum Vergleich der beiden römischen jesuitischen Hauptkirchen siehe Enggass 1996.
[8] Vgl. Kerber 1971, 34–35.
[9] Kerber 1971, 34.
[10] Der Hochaltar wurde am 4. Mai 1701 von dem Stuckator Giovanni Batista Brenno vollendet. Zwar nennt sich Brenno „Inventor“ desselben, orientiert sich aber beim Altaraufbau stark an Andrea Pozzo (Breuer/Gutbier 1990, 96). Vgl. Mayer 1955, 301.
[11] Der Stich in abgebildet in Breuer/Gutbier 1990, 94, Abb. 50. Zur Beschreibung und zum Bau des Hochaltars siehe ebd. 96–98. Siehe hierzu auch Renczes 1993.
[12] Nevímová 1998, 408.
[13] Vgl. Breuer/Gutbier 1990, 98; Nevímová 1998, 408.
[14] Auch über dem Altar von Il Gesù erscheint das IHS-Monogramm im Strahlenkranz und umgeben von Putti.
[15] Ganz 2003, 320. Auch bei Gaulli gibt es einen dreiteiligen Aufbau unterhalb des IHS-Monogramms, wie Ganz beschreibt: „In dem hufeisenförmigen Figurenkranz um dieses Zeichen lassen sich gekrönte Häupter beiderlei Geschlechts ausmachen, […] also eine Versammlung von Vertretern der oberen Stände. Das mittlere Segment dieser Versammlung wird von weiblichen Figuren dominiert […].“ Darunter sind auch „die Heiligen Drei Könige mit ihren Geschenken“. „Die stürzenden Gestalten hingegen sind teils als gefallene Engel, teils als Personifikationen der Laster ausgewiesen […]“. Insgesamt, so stellt Ganz fest, erzählt Gaullis Langhausfresko „die Epiphanie eines Symbols als Machtergreifung“. Ebd., 319.
[16] Bereits in der mittelalterlichen Kunst wurden die „drei heiligen Könige als Repräsentanten der drei Erdteile“ dargestellt (Kohl 2008, 29). Siehe auch zur mittelalterlichen Exegese Oschema 2013, 491–494 und in Romberg 2015, 166f. und 357f.
[17] Vgl. Breuer/Gutbier 1990, 68.
[18] Vgl. Kerber 1971, 35; Breuer/Gutbier 1990, 96.
[19] Nevímová 1998, 408.
Die Verehrung des Namens Jesu durch die Engel, die vier Erdteile und die Unterirdischen (nicht mehr am Originalanbringungsort)
Von oben nach unten:
- IHS-Monogramm im Strahlenkranz
- Engelsschar
- Asia, Amerika, Afrika, Europa mit zwei weiteren Figuren
- die Verdammten in der Hölle
1883 Restaurierung der Kirche (Erneuerung der Vergoldung aller Altäre)
1886 Brand in der Sakristei
1925/27 Innen- und Außenrenovierung der Kirche: Instandsetzung des Kirchendachs
1945 Kriegsschäden an Fenster und Turm
1948/49 Innenrenovierung: Entstaubung und Neutünchung
1957 Instandsetzung des oberen Abschnitts am Turm
1963/64 Außenrenovierung der Kirche
1976–1984 umfassende Innen- und Außenrenovierung[1]:
- Neudeckung des Kirchendachs
- Fußbodenheizung
- bauliche Stabilisierungsmaßnahmen
- Reinigung der Fresken
- Rückführung der Raumschale zur Fassung um 1714/1718
- Stuckreinigung und Originalfassung
- Restaurierung der Altäre und Skulpturen
Zum Gemälde liegen keine Restaurierungsinformationen vor. Ein Kupferstich, der einen Einblick in den Chorraum auf dem Hochaltar gewährt,[2] zeigt die alte Positionierung des Altarblatts als Teil des Hochaltars. Im Vergleich von Stich und heutigem Gemälde wird deutlich, dass das Gemälde am oberen Ende beim Füllhorn Europa beschnitten worden ist. Dies könnte im Zuge seiner Umhängung und Neurahmung 1803 passiert sein.
Kritik an der Entfernung siehe KD Bayern Bamberg 1/1990, 96.
[1] Vgl. KD Oberfranken (Bamberg) 5.1/1990, 69f.
[2] Dieser Stich, gestochen von B. Hattinger nach einem Entwurf von Salomon Kleiner, ist Teil einer Mappe mit Bildern von „Altäre und Beichtstuhl aus Bamberg“, aufbewahrt in der Sammlung des DHM, Inv. Nr. Gr 99/135.3 und online zugänglich der DHM-Bilddatenbank: http://www.dhm.de/datenbank/dhm.php?seite=5&fld_0=99006411.
Der Stifter des Altars war der Mainzer Kurfürst und Bamberger Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn, wie sein Amtswappen über dem Scheitel des Altarblatts belegt.[1] Inwiefern der Fürstbischof auch für die Planung des Altars zuständig war oder ob diese in den Aufgabenbereich des Rektors des Jesuitenkollegs fiel, ist nicht bekannt.[2] Da aber der Fürstbischof eine jesuitische Ausbildung durchlaufen hatte, ist davon auszugehen, dass er mit der jesuitischen Ikonografie sehr gut vertraut war.
[1] Vgl. Nevímová 1998, 408.
[2] Rektor des Kollegs der Societas Jesu war zur Zeit der Neugestaltung des Altars Conrad Schlehelein. Allerdings war Schlehelein nur von 1698 bis 1707 Rektor. Als das Bild von Pozzo im Jahr 1708 gemalt wurde, war Schlehelein somit nicht mehr in Bamberg, sondern Professor an der Universität Heidelberg. Wer ihm nachfolgte, konnte nicht eruiert werden. Zu Schlehelein vgl. Nitz 1998, 111; Drüll 1991, 133.
Bildliche Vorlage:
- die Verehrung des Namens Jesu: Deckengemälde der römischen Mutterkirche Il Gesù von Giovanni Battista Gaulli (gen. Baciccio), zwischen 1676 und 1679
- Kerber stellt die Überlegung an, dass sich Pozzo bei dem Gemälde an Tizians „La Gloria“ orientiert haben könnte, das er eventuell aus dem Stich von Cornelis Corte kannte.[1]
Schriftliche Vorlage: Philipperbrief (Phil 2,10):
„ut in nomine Jesu omne genu flectatur cælestium, terrestrium et infernorum“ – „damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu“.
[1] Kerber 1971, 34.
Nach der Genehmigung zum Neubau der Jesuitenkirche im Jahr 1685 erfolgte am 4. August 1686 die Grundsteinlegung. Der Architekt war Georg Dientzenhofer und – nach dessen Tod am 2. Februar 1689 – sein Bruder Johann Leonhard Dientzenhofer. Nach Vollendung der Fassade 1690 konnte zu Silvester 1691 der feierliche Einzug in die neue Kirche erfolgen, auch wenn in den folgenden Jahren weiterhin an der Kirche gearbeitet wurde. Erst am 17. Mai 1693 konnte am Fest der Heiligen Dreifaltigkeit die Kirchenweihe stattfinden.[1] Zu der Neugestaltung des Hochaltars mit dem Altarblatts Pozzos kam es jedoch erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Vor Pozzos Gemälde gab es zwei weitere Altärgemälde, die am Hauptaltar des Vorgängerbaus aufgestellt wurden: So wurde 1659 ein Gemälde angefertigt, das die „Beschneidung Jesu und als Auszugsbild eine Darstellung der heiligen Väter des Jesuitenordens“ zeigte.[2] Die Darstellung der Beschneidung Jesu war ein zentraler Bestandteil im Ausstattungsprogramm von Jesuitenkirchen, die dem Namen Jesu geweiht waren, da Christus der Beschneidung seinen Namen „Jesus“ verdankt.[3] Allerdings wurde das Gemälde bereits 1669/70 durch Bilder von Oswald Onghers ersetzt, die im Hauptaltarbild Maria mit dem Jesus- und Johannesknaben und im Auszugsbild die Verkündigung Mariens zeigten.[4] Als der ehemalige Hochaltar[5] am 5. Februar 1700 abgebrochen und durch einen neuen von Giovanni Battista Brenno ersetzt wurde, wurden die Gemälde Onghers nicht überführt, sondern es kam auch zu einer Neugestaltung des Altarblatts.
Zwar war der Altar, bei dem sich Brenno im „baldachinartig-konvex vorgezogenen Aufbau“ an den Arbeiten Andrea Pozzos wie dem Ignatiusaltar von Il Gesù orientierte, bereits am 4. Mai 1701 fertiggestellt,[6] aber erst 1708 wurde das von Pozzo in Wien geschaffene Altarblatt eingefügt, für das er „400 fl.“ erhielt.[7] Bereits 1791/92 kam es zu Änderungen am Altar, als Materno Bossi Stipes, Mensa und Tabernakel neu schuf.[8] 1803 wurde das Pozzoʼsche Altarblatt bei der Adaptierung der ehemaligen Jesuitenkirche zur Stadtpfarrkirche durch ein Gemälde des heiligen Martin von Sebastian Reinhard ersetzt, wodurch die jesuitische Ikonografie der Verehrung des Namens Jesu zerstört wurde. Seit 1803 befindet sich das ehemalige Hauptaltargemälde unter der Orgelempore an der Rückwand der Kirche.[9]
[1] Vgl. Ruderich/Ruß 2003, 4; Korth 1993, 78–80, 88–93; Breuer/Gutbier 1990,62; Ruppert 1972, 2; Mayer 1995, 293–294.
[2] Korth 1998, 407. Das Bild war wahrscheinlich nur als Provisorium gedacht. Auch der Maler des Gemäldes ist unbekannt. Vgl. Korth 1998, 407 und Farbtafel VII (rechts).
[3] Vgl. Lk 2, 21. Siehe hierzu auch Ganz 2003, 314; Korth 1998, 407.
[4] Vgl. Korth 1998, 407. Korth weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch in dieser Ausstattung die jesuitische Ikonografie erhalten blieb: „War die Ikonographie der ersten Gemäldegarnietur des Bamberger Hochaltares noch demonstrativ ordensspezifisch, so sprach sich das jesuitische in den Marienbildern von Onghers weniger direkt, aber immer noch deutlich genug aus. Die Verkündigung im Auszug verdankt ihre Wahl den Worten des Engels, der Maria geboten hatt, ihrem Sohn den Namen Jesus zu geben (Lk 1,31)“ (ebd.).
[5] Aus Grundrisszeichnungen Dientzenhofers ist erkennbar, dass ursprünglich kleinere Altäre vorgesehen waren. Vgl. Korth 1993, 99.
[6] Breuer/Gutbier 1990, 96. Zur näheren Erläuterung des Ignatiusaltars siehe Kerber 1971, 140–180.
[7] Haas 1845, 559. Vgl. Ruderich/Ruß 2003, 20; Breuer/Gutbier 1990, 96, Ruppert 1972, 12.
[8] Vgl. Breuer/Gutbier 1990, 96.
[9] Vgl. Breuer/Gutbier 1990, 96; Ruppert 1972, 12; Mayer 1955, 300. Auch die beiden anderen Altargemälde befinden sich noch in der Kirche St. Martin (vgl. Korth 1998, 407).
Zuletzt aktualisiert am: 12.02.2019