Bayrischzell (Miesbach), Zu den sieben Schmerzen Mariens Zitieren
Im Chor dieser kleinen Kapelle befindet sich ein kleines Rundfresko. In einem Kranz gerahmt, zeigt es, wie die Personifikationen der vier Kontinente die Jungfrau Maria anbeten, die einen Springbrunnen krönt und vor einem Kreuz sitzt. Wasser kommt aus drei Wasserspendern, die von jedem der vier Kontinente in Schüsseln gefangen werden. Sie knien vor dem Brunnen auf grünem Gras. Im Vordergrund sehen wir Europa, gekleidet in ein langes Kleid und einen roten Mantel. Auf ihrem Kopf trägt sie eine Krone. Direkt hinter ihr steht die schwarzhäutige Personifizierung Amerikas, die einen blau-weißen Federrock und eine Krone trägt. Auf der anderen Seite des Springbrunnens kniet Asien, analog zu Europa, im Vordergrund, gekleidet in blaue Robe und roten Mantel, trägt sie einen Turban. Zu ihrer linken Seite zollt Afrika aufrecht und fast nackt ihren Respekt Maria. Er ist auch von schwarzer Hautfarbe, trägt einen Turban und ist mit einem goldenen Armreif verehrt. Ikonografisch kombiniert der Künstler zwei mariologische Motiven: Mater Dolorosa und das Fons gratiae Motiv.
Von West nach Ost:
LANGHAUS
Maria als Retterin in Seenot
CHOR
Verherrlichung Mariens als Quelle der Gnade durch die vier Erdteile
Die Fresken präsentieren sich heute stark übermalt.
Inspirationsquell war für den Künstler die Erdteilkomposition aus der Kirchaslacher Wallfahrtskirche. Dessen umfangreiches mariologisches Programm, das sich innerhalb kleinerer und größerer Deckenspiegel über die gesamte Decke der dreischiffigen Kirche entwickelt, wurde 1714 erstmals in Augsburg und dann in einer zweiten Auflage 1726 in Mindelheim unter dem Titel „Gnaden-bräu…zu Kirchhaslach…“ in Text und Bild veröffentlicht. Dieses Büchlein wurde nicht nur konzeptuell als Vorlage für andere Kirchenräume herangezogen, sondern trug auch ganz wesentlich zur Verbreitung des Bildmotivs selber bei oder wie Cornelia Kemp schlussfolgerte: seine Wirkung sei „nur mit der Popularität der Symbolograpia von J. Boeschius [Augsburg 1701 und Dillingen 1702] vergleichbar“ (121).[1]
Innerhalb des erfassten Bestandes beziehen sich zwei der Fons-Gratiae-Kombinationen (Bernbeuren, Mariae Heimsuchungskapelle und Kranzegg) direkt auf diese. Bei Bayrischzell handelt es sich um einen mittelbaren Nachfolger, da die Sockelfigur der ausschenkenden Maria durch die Schmerzensmutter ersetzt wurde und das gnadenbringende Wasser direkt aus dem Brunnen fließt.
[1] Auch für andere Szenen waren sie vorbildhaft siehe beispielsweise in Ailsingen (Schutzmantel, Jericho etc.), Lehenbühl (Arche Noah, Schutzmantelmadonna), Günzburg (Chor), Bernbeuren (Langhaus), Mussenhausen (Chorgestühl) und für viele mehr außerhalb des erfassten EA-Bestandes. Vgl. hierzu ausführlich Kemp Emblematik 1981, 122.
Zuletzt aktualisiert am: 03.10.2018