GRUNDLEGENDESDie Datenbank „Erdteilallegorien im Barockzeitalter im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (Süddeutschland, deutschsprachige österreichische Erblande)“ entstand im Rahmen des Projekts „Diskurs- und kunstgeschichtliche Untersuchung von Erdteilallegorien“ [FWF P23980] an der Universität Wien, Historisch-kulturwissenschaftliche Fakultät, Institut für Geschichte. Die Nutzung der Datenbank unterliegt den im Folgenden genannten Bedingungen. Der Zugang zur Datenbank wird gewährt, sobald Sie die Nutzungsbedingungen akzeptiert haben. Die Nutzungserlaubnis der Datenbank beinhaltet über das Lesen von Texten und Anschauen von Bildern hinaus die Möglichkeit, in der Datenbank für eigene Forschungsvorhaben zu recherchieren und eigene Statistiken auf der Basis der Daten unter Angabe der Quelle zu erstellen. Sämtliche Inhalte der Datenbank wie Texte, Karten und Bilder/Fotografien unterliegen den nachfolgend genannten Bedingungen. Kein Inhalt darf verändert werden. |
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Beispiel: Marion Romberg, Birnau (Bodenseekreis), Mariae Himmelfahrt, in: Wolfgang Schmale (Projektleitung): Erdteilallegorien im Barockzeitalter, Wien, besucht 15.09.2015, <http://erdteilallegorien.univie.ac.at/erdteilallegorien/birnau-bodenseekreis-mariae-himmelfahrt>.
Beispiel: Marion Romberg, Birnau (Bodenseekreis), in: Wolfgang Schmale (Projektleitung): Erdteilallegorien im Barockzeitalter, Wien, besucht 15.09.2015, <http://erdteilallegorien.univie.ac.at/bilder/birnau-bodenseekreis-mariae-himmelfahrt/birnau-bodenseekreis-5>.
Beispiel: Cesare Ripa, Iconologia, Rom 1603, 335, Universitätsbibliothek Heidelberg, C 5456 A RES, in: Wolfgang Schmale (Projektleitung): Erdteilallegorien im Barockzeitalter, Wien, besucht 15.09.2015, <http://erdteilallegorien.univie.ac.at/bilder/iconologia-von-cesare-ripa/ripa-iconologia-1603-2> |
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Marienikonografie
Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg “Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert” (440–443):
Wie die Verehrung Jesu Christi ist die Verehrung Mariens einer der Grundpfeiler des christlichen Glaubens. Seit dem Konzil von Ephesos im Jahre 431 gilt sie in ihrer Rolle als theotokos (Gottesgebärerin) adorationswürdig. Ihre Auserwähltheit als das Gefäß der Menschwerdung Christi (Mt 1,18–26; Lk 1,26–38); ihre Demut sowie Jungfräulichkeit machten sie zum Gegenstand der Seligpreisung durch alle Geschlechter (Lk 1,46–49; das Magnificat), erhoben sie über alle Heiligen[1] und „qualifizierten“ sie in besonderem Maße in Zeiten der Not und Bedrängnis als mediatrix. Dabei vermittelte sie bei Gott nicht nur für den Einzelnen, sondern ihre Fürsorge galt „auch über der Kirche, über dem Reich und über dem Kaiser. So ist sie starker Schutz, Mauer und Feste für die ganze Welt.“[2] Nicht nur während ihres Daseins auf Erden, wie es en détail das Protoevangelium des Jakobus aus der Mitte des 2. Jahrhunderts überliefert, in dem Maria – anders als in der biblischen Überlieferung – die eigentliche Protagonistin der Handlung ist, [3] sondern auch über ihren Tod hinaus stellte sie ihre Heiligkeit und herausgehobene Stellung unter Beweis. Dies wurde von den Gläubigen anerkannt und durch die Heilige Dreifaltigkeit[4] im Zuge ihrer Erhöhung durch die Himmelfahrt und Krönung gewürdigt. Das Protoevangelium überliefert Marias Abstammung von König David, ihre Kindheit als Präfiguration auf ihre Rolle in Gottes Plan sowie ihre „immerwährende Jungfräulichkeit“.[5] Die frühchristliche Schrift ist Grundlage für die späteren bild-lichen Umsetzungen sowie die mittelalterliche liturgische Dichtung.[6] Im Laufe der Zeit wurden Maria zahlreiche weitere Rollenbilder und Aufgaben übertragen: Quell der Gerechtigkeit, Licht der Finsternis, Ursprung der Erkenntnis der Wahrheit, Befreierin der Menschheit, Leiterin zu Gott, Lehrerin wahrer Tugend, Siegerin über die Schlange, dem Sinnbild des Bösen, und schließlich Versöhnerin mit Gott. Im Zuge dieser Ausprägung entstanden, so Gertrud Schiller, „nun auch die meisten der alttestamentlichen typologischen Beziehungen und der Anwendung neutestamentlicher Bilder auf die Gottesmutter“.[7] Bis zum Beginn der Neuzeit war Maria als „Herrin“ neben Christus dem Herrn fest etabliert: „Sie wurde die Königin aller Menschen und die Gebieterin der ganzen Welt, weil sie die Mutter des Schöpfers gewesen ist.“[8]
Ebenfalls seit frühchristlicher Zeit ist Maria auch fester Bestandteil der christlichen Bildsprache in verschiedensten Medien.[9] In der mittelalterlichen christlichen Kunst war neben dem Typus der stillenden, betenden und thronenden Madonna die Darstellung des Marienlebens in den Legendenzyklen weit verbreitet; man denke nur an Giottos Meisterwerk in der Cappella degli Scrovegni in Padua (1305) oder nördlich der Alpen die weitaus gängigere Form innerhalb der Glasmalerei wie im Chor der Esslinger Pfarrkirche St. Dionys (um 1300) bzw. vereinzelt al fresco ausgeführt wie in der Allgäuer Pfarrkirche St. Bartholomäus in Zell bei Oberstaufen (um 1450). Letztere Darstellung gehörte wie auch die Fresken in der evangelischen Stadtpfarrkirche in Memmingen zu Beginn des nachfolgenden Jahrhunderts zu einem „Auslaufmodell“.[10] In der Zeit des Glaubenskampfes wurde die Bandbreite an Darstellungsthemen – besonders solchen apokryphen Ursprungs – insofern reduziert, als die Jugend Marias nicht mehr Thema war und stattdessen die „dogmatischen“ Grundpfeiler verbildlicht wurden.[11] Kurzum: Die Vielfalt und der Facettenreichtum bildlicher Darstellungen der ersten fünf nachchristlichen Jahrhunderte reduzierte sich im Glaubenskampf ab dem 16. Jahrhundert auf ein klare und eindeutig formulierte und stets wiederholte Botschaft von der siegreichen und fürbittenden Gottesmutter. Dies hatte wiederum zur Folge, dass eine „marianische Frömmigkeit von niemals erreichter Volkstümlichkeit“[12] in Gestalt von Bruderschafts- und Wallfahrtsgründungen etc. aktiviert wurde. Diese Intensivierung des Madonnenkults ist auch als Antwort gegen die Reformation zu verstehen. Die Protestanten, die Maria als Mutter Gottes, als die schlichte Jungfrau der Heiligen Schrift, hochhielten,[13] wendeten sich nicht an Maria und verehrten sie nicht als die Regina Coeli, als die Schützende, die Fürbittende und die in alle Schlachten Siegende. Die gegenreformatorische Antwort war die Adaption und Erweiterung des Kanons bestehender Marienbilder im Zeichen der immaculata conceptio durch das „Herrscherliche, Siegreich-Überwindende“[14]. Bestandteil dieser Entwicklung war auch die Verbindung der Erdteil- mit der Marienikonografie bzw. der christlichen Ikonografie allgemein. Gerade die in Demut knienden Repräsentanten der Weltmission sind Ausdruck von universaler kirchlicher Macht und dem Stellenwert Marias in der katholischen Kirche. Die Kombination erfolgte analog zu jener mit Heiligen. Allerdings liegt die Hauptbestimmung Marias nicht in einer tropologischen Vorbildwirkung und wird somit nicht zum persönlichen Identifikationspunkt des einzelnen Gläubigen. Vielmehr steht ihr Wirken für die Erlösung des Einzelnen und muss daher aus einem anagogischen Blickpunkt interpretiert werden.[15] Im Barock tritt Maria dem Gläubigen bzw. den Erdteilen anfänglich überwiegend als Fürbitterin entgegen, die das Leid und die Hilfeschreie ihrer Verehrer erhört und vermittelt. Hierdurch wird sie Teil des Parakletgedankens im Johannes-Evangelium.[16] Am Tag des Jüngsten Gerichts wird sie für die Guten Zeugnis ablegen und ihnen beistehen. Doch nicht nur im Jenseits soll sie Helferin der Menschen sein, sondern greift auch im Diesseits bereits in das Geschehen der Welt ein.[17] Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wird sie dann häufiger als diejenige, die „der Schlange, dem Satan, den Kopf zertritt“,[18] und als Regina Coeli[19] mit den Erdteilen kombiniert. […]
Besonders der Madonnenkult ist bis heute „ein complexio oppositorum. Himmlisches und Irdisches, Christliches und Antikes, Theologie und Volksfrömmigkeit, Mystik und Scholastik, Phantasie und Logik, Askese und Sinnenfreude, Virginität und Erotik – alles mischt sich hier in bunter Mannigfaltigkeit.“[20] Dies machte Maria in besonderem Maße zur Leitfigur katholischer Volksfrömmigkeit.
[1] Schiller Ikonographie 4.2/1980, 14.
[2] Ebd., 13.
[3] Vgl. Schneemelcher Apokryphen 1990.
[4] Insbesondere Christus sah sich auch an das vierte Gebot gebunden, das ihm die Ehrung der Eltern auftrug.
[5] Schiller Ikonographie 4.2/1980, 10.
[6] Als eigentlicher Quell des westlichen Marienbildes ist nicht in erster Linie das theologischen Schrifttum eines Hrabanus Maurus oder eines Ambrosius Autpertus, sondern vielmehr die liturgische Dichtung anzusehen, wie man sie im Werk des Bischofs von Poitiers, Venantius Fortunatus, aus dem 6. Jahrhundert vorfindet: Carmina miscellanea (11 Bücher), Quem terra, pontus, aethera (Marienlied), In laudem sanctae Mariä (Lobgedicht).
Vgl. ebd., 39.[7] Ebd., 14. So ist z. B. im Chor der Klosterkirche von Baindt die Krönung Esthers durch Ahasver als Präfiguration der Erhöhung Mariens, umgeben von den vier Erdteilen, dargestellt.
[8] Ebd., 15.
[9] Vgl. LCI Maria, Marienbild 1994, 155; Keel Ausblick 2006, 266–273.
[10] Vgl. Schiller Ikonographie 4.2/1980, 54; LCI Marienleben 1994, 212–234; Sachs/Badstübner/Neumann Wörter-buch 2004, 260f.; Poeschel Ikonographie 2007, 120.
[11] Vgl. Schiller Ikonographie 4.2/1980, 54.
[12] LCI Maria, Marienbild 1994, 199.
[13] Luther kritisierte die abgöttische Verherrlichung und Idolisierung Mariens durch die Katholiken. Vgl. Burger Marias Lied 2007.
[14] LCI Maria, Marienbild 1994, 199.
[15] Vgl. Romberg Welt in Österreich 2008.
[16] Siehe Joh. 14,16–31; 15,26–27; 16,7–11 und 13–15, vgl. auch Bornkamm Paraklet 1968, 68–89.
[17] Vgl. Romberg Welt in Österreich 2008.
[18] Vocelka/Heller Lebenswelt 1997, 21.
[19] Vgl. LCI Immaculata Conceptio 1994, 343.
[20] Heiler Madonnenkult 1920, 421.
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