Brixen im Thale (PB Kitzbühel), Mariä Himmelfahrt Zitieren
Das Sujet der vier Erdteile wird im Chorfresko überlagert von jenem der Völker der Erde: Nicht vier allegorische Figuren sind dargestellt, sondern insgesamt siebzehn Personen in unterschiedlichen Volkstrachten oder Kostümen.
Die klassizistische Architektur im Hintergrund des Gemäldes wiederholt die Form der Apsis. In der gemalten Apsis steht ein goldener Altar, darauf eine Monstranz, flankiert von zwei goldenen Engelskulpturen. Vor den Stufen, die zum Altar hochführen, sind die Vertreter und Vertreterinnen verschiedenster Völkerschaften in Anbetung versammelt. Sie teilen sich in zwei symmetrisch links und rechts angeordnete Gruppen, die je acht Personen umfassen: links europäische und asiatische Nationen, rechts asiatische und afrikanische Gruppen. Von der linken Gruppe etwas abgesetzt, kniet ein Amerikaner vorne auf den Stufen. Diese Figur im blauen Mantel, mit Federkopfschmuck und wallendem Federrock ist der einzige Vertreter der Neuen Welt in diesem Tableau.
Angeführt wird die linke Gruppe von einem Herrscher in Plattenharnisch und hermelinbesetztem Krönungsmantel. Er kniet mit gefalteten Händen, zu seinen Füßen liegen die Insignien kaiserlicher Herrschaft: Kaiserkrone, Reichsschwert und Szepter. Dahinter ist eine Vierergruppe zu sehen, bestehend aus einem knienden Mann in südosteuropäischer Tracht, möglicherweise einen Kroaten vorstellend, einem Paar mit gefalteten Händen in historischer Kleidung des 17. Jahrhunderts und einem stehenden Mann in zeitgenössischem braunem Rock. Besonders die beiden Figuren im historischen Kostüm scheinen den im 18. Jahrhundert beliebten Darstellungen von Volkstypen entnommen. Gemeinhin wurden dabei vor allem die Spanier in derart überkommener Kleidung dargestellt.
Hinter dieser Vierergruppe stehen zwei weitere Personen. Eine ist an dem langen Zopf als Chinese zu identifizieren, die Frau daneben in Turban und orientalischer Tracht ist einem nicht näher zu bestimmenden asiatischen Land zuzurechnen. Ganz außen steht schließlich ein Mann in der Kleidung der Tiroler Landbevölkerung. Angeblich soll es sich um den damaligen Knecht des Pfarrhofes handeln.[1]
Auf der rechten Seite sind fünf Personen in orientalischer Kleidung, zum Teil mit Turbanen oder Fez, dargestellt. In der Mitte der Gruppe ein Hebräer mit bedecktem Kopf, vor ihm in demutsvoller Pose zu Boden gebeugt ein Afrikaner. Rechts außen eine Gruppe von drei Frauen.
Die Darstellung der verschiedenen Völker der Erde dient hier der Unterstreichung des universalen Anspruchs der christlichen Botschaft. Eine Hierarchisierung innerhalb der Völker ist insofern gegeben, als der Vertreter des Kaisertums in prominenter Position nahe der Bildmitte platziert und mit entsprechenden Insignien ausgestattet ist. Zusammen mit den vier hinter ihm stehenden Vertretern und Vertreterinnen europäischer Nationen, die sämtlich die gleiche Handhaltung und zum Mittelpunkt weisende Körperhaltung einnehmen, entsteht eine kompakte, geschlossene Gruppe, die sich deutlich von der offeneren, unruhigeren Gruppe auf der gegenüberliegenden Seite abhebt. Innerhalb der europäischen Vierrerreihe findet eine weitere Hierarchisierung zwischen Kerneuropa und den peripheren Regionen Europas statt. Der Kroate im Vordergrund kniet, während die drei Figuren hinter ihm, die sich durch ihre aristokratische beziehungsweise bürgerliche Kleidung abheben, stehen.
Bemerkenswert ist noch die gesonderte Positionierung des amerikanischen Vertreters im Vordergrund. Die zuletzt mit dem Christentum in Berührung gekommene neue Welt scheint den Sakramenten besonders demutsvoll zu huldigen.
[1] Caramelle 1997, 10.
- Hauptschiff:
- Ovalkuppel über Empore: Opfer Melchisedeks (bez. Andreas Nesselthaler)
- Hauptkuppel: Krönung Mariens (bez. Josef Schöpf)
- Chor: Anbetung der Eucharistie durch die vier Erdteile (bez. Andreas Nesselthaler), in Zwickeln Medaillons mit den vier Evangelisten
1970 Innenrestaurierung
Zuletzt aktualisiert am: 01.12.2015