Schwabmühlhausen (Augsburg), St. Martin Zitieren
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Maria fährt mit dem Jesuskind auf dem Schoß in einer goldenen Biga unter einem monumentalen Triumphbogen hindurch. Sie ist königlich mit Krone und Szepter geschmückt. Das Jesuskind ebenfalls bekrönt hält einen Rosenkranz in den Händen. An den Säulen sowie am Aufsatz des Bogens sind innerhalb von Medaillons die jeweils fünf Rosenkranzgeheimnisse angebracht:
- der freudenreiche Rosenkranz mit der Geschichte der Menschwerdung Christi (links unten)
- der schmerzhafte Rosenkranz mit der Betrachtung der Leiden Christi (rechts unten)
- der glorreiche Rosenkranz mit der Verherrlichung des Sieges Christi (Aufsatz)
Zu beiden Seiten des Triumphbogens, das Motiv der Rosenkranzkönigin vollendend, stehen die Förderinnen der Rosenkranzverehrung, die Heiligen Dominikus und Katharina von Siena auf zwei Sockeln. Die zwei am Sockel des Triumphbogens angeketteten Figuren – links ein Dämon als Personifikation des Teufels und rechts ein Skelett als Allegorie des Todes – in Kombination mit den Inschriftenkartuschen, die unterhalb der jeweiligen Bildmedaillons am Bogen angebracht sind – links hoc stragemate (Sieg über den Teufel durch Kriegslist), oben Triumphus Victoria (Triumph des Sieges) und rechts hoc certamine (Sieg über den Tod durch Kampf) –, verweisen auf eine weitere Verherrlichung Mariens als die Siegerin in allen Schlachten. Eine Verflechtung, die seit der Schlacht von Lepanto 1571 gängig ist und die sowohl durch die beiden seitlichen Kartuschen mit der Darstellung der kriegerischen und triumphierenden Kirche als auch durch die über dem Triumphbogen fliegenden Gestalten eines Posaunenengels und dreier Putti mit jeweils eroberten Siegestrophäen Spezifizierung auf den Sieg über den Türken eine Erweiterung erfährt. Abschließend beide Botschaften des anagogischen Sieges Christi wie auch des faktischen Sieges des realen Gegners nochmals vereinend stehen auf der Balustrade des Triumphbogens Skulpturen mit Siegessymbolen (Lorbeerkranz, Siegespalmen etc.).
Vor dieser Triumpharchitektur beschwingt ausschreitend führen vier Putti den Wagen an einer Leine. Durch ihre Attributierung und Physiognomie sind sie als Vertreter der vier Erdteile zu identifizieren. Europa führt die Gruppe an. Wie seine Brüder im Wesentlichen unbekleidet trägt er auf seinem gepuderten Haar einen Dreispitz, an dessen Hutkrempe eine grüne Schleife in der Form eines Kleeblattes angebracht ist. An einem blauen Seidenband hängt ein leerer Säbelhalter links an seiner Hüfte. Auf der Front des Halters prangt der Doppeladler. Rechts von ihm läuft der Repräsentant Asiens. In der Physiognomie Europa ähnelnd (helles Inkarnat) ist er durch seinen Turban mit dem osmanischen Halbmond und dem Säbel an seiner Seite als solcher zu erkennen. Ein blauer offener Mantel mit Innenfutter aus Hermelin und eine Goldkette mit einem Stern auf seiner Brust vollenden seinen Aufzug. Auf der anderen Seite von Europa setzten sich Amerika und Afrika durch ihre dunkle, fast schwarze Hautfarbe von ihren Brüdern ab. Beide tragen Diademe mit Federn und Röcke aus Federn. Während Amerika noch einen Köcher voller Pfeile auf dem Rücken sowie den dazugehörigen Bogen in der rechten Hand hält, leuchten weiße Perlen an Ohren und am Hals auf der schwarzbraunen Haut Afrikas.
Ein Hund mit einer Fackel rennt aufgeregt vor den Erdteilen. Inhaltlich verweist er auf die Traumvision des heiligen Dominikus. In dieser soll er mit seiner Fackel die Weltkugel in Flammen der Liebe und Anbetung gesetzt haben. Ikonografisch wird der Hund in der Regel mit einer Weltkugel kombiniert, um die – wie der Künstler dies in Sontheim zwei Jahre zuvor getan hat – zusätzlich die Personifikationen der Erdteile gruppiert werden können. In Schwabmühlhausen reduziert Enderle dies unter Beibehaltung der Botschaft, indem er symbolisch die Erdteile durch den Hund, der die Fackel der Gottesliebe trägt, begleiten lässt.
Von West nach Ost:
ORGELEMPORENBRÜSTUNG
- oben:
- die Messe des heiligen Martin und die wundersame Erscheinung der Hostie – Inschrift: Caecis Visum
- der heilige Martin bezwingt den Gestank des Unglaubens – Inschriften: Soli Deo | Obstructis Odoratum
- der heilige Martin und sein Diener nähren Kranke und Hungrige – Inschrift aegris Gustum
- unten:
- der heilige Martin lehrt Taube das Hören – Inschriften: Dedit illis quinq Talenta Matth. Cap 25 V | Surdis Auditum
- fertiger Kirchenbau und die Stifter – Inschriften: Noviter aedificata MDCCLVIII [= 1758] | Firmiter Protecta MCLXXXIIII [= 1184 sic!, richtig 1183] | Bene Fundata DCLXXXVIII [= 688 sic!, nicht belegt]
- der heilige Martin erweckt einen Toten – Inschriften: Ecce Alia Quinq Lucratus est | Mortuis Tactum
Langhaus:
- nördliche Seitenbilder:
- Liebe - Inschriften: Ex corde Dilexit Math. C. 22 | Hac veste contexit Eccle: | Diliges Deum, et Proximum C 10 | in Dilectione
- Sanftmut - Inschriften: De manu Tribulantis Psal: 77 | de manu calumniantis Jerm 21 | in Mansuetudine
- Standhaftigkeit - Inschriften: Nec Labore Victus Eccle: | Nec Morte Vincendus. Eccle: | In Constantia
- Mittelbilder:
- Musizierende Engel mit dem hebraischen Tetragramm „JHWH“, umgeben von dem Schriftzug Sanctus, Sanctus, Sanctus
- Verherrlichung der Gottes- und Nächstenliebe durch vier Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons - zentrale Inschrift: Charitas 1 Cor: Cap 13 [Signatur]
- Mantelspende des heiligen Martin - Inschriftenkartusche: omnio credit 1 Corint C. 13
- Der hl. Martin lässt einen Götzenbaum fällen - Inschriftenkartusche: omnia suffert 1 Corint C. 13
- Bischof Hilarius ordiniert den Hl. Martin - Inschriftenkartusche: omnia sustinet 1 Corint C. 13
- Der Tod des hl. Martin - Inschrift: Martinus hic Pauper et Modicus Eccles: - Inschriftenkartusche: omnia sperat 1 Corint C. 13
- Glorie des Hl. Martin - Inschriften: coetum Dives ingreditur Eccle: | Dives miraculis | Dives meritis
- südliche Seitenbilder:
- Glaube - Inschriften: Qui Confortavit 1 Tit C. 12 | Quae illuminavit z tit: C. 1 | IN Religione
- Stärke - Inschriften: a Conventu malignantium Psalm 105 [! Ps 63, 3] | de manu odientium Psal: 105 | in Fortitudine
- Sicherheit - Inschriften: haec reposita 2. Tit. C. 4. | Hac deposita z. mach. c. 8 | nichel Funeste | IN Securitate
Chorbogen: Wappen des Patronatsherren - Spruchband: HAEC SACER ANTISTES DIGNA ORNAMENTA RELIQVIT 19 SIC PROTECTA PIIS FLOREAT ISTA DOMVS-47 [=1759]
Chor:
- nördliche Seitenbilder: Die kämpferische Kirche - Inschrift: Pro his Armata decerto - Inschriftenkartusche: Ecclesia Militans
- Mittelbilder:
- Verherrlichung der Rosenkranzkönigin durch die vier Erdteile und der Darstellung der jeweils 5 Geheimnisse des Rosenkranzes (Freudenreich, Schmerzhaft und Glorreich) - Inschriften: hoc stratagemate | Triumphus Victoriae | hoc certamine
- Das Osterlamm mit den vier Evangelistensymbolen
- südliche Seitenbilder: Die triumphierende Kirche - Inschrift: in his omata Triumpho - Inschriftenkartusche: Ecclesia Triumphans
Die Fresken befinden sich heute in einem sehr guten Zustand und leuchten in ihrer „ursprünglichen Farbigkeit“[1]. Die Schäden einer „unsachgemäßen Renovierung“[2] des Inneren durch einen Landsberger Kirchenmaler im Jahr 1860 wurden bei der letzten Restaurierung 1947/1948 durch den Kunstmaler Max Vogt aus München vollständig beseitigt.
Eine Reihe von historischen Innenaufnahmen aus dem Jahr 1965 finden sich bei BKA Marburg „Schwabmühlhausen“.
[1] Dasser 1970, 141.
[2] http://www.langerringen.de/index.php/langerringen-im-ueberblick
Das Programm zur Ausstattung entstand in einer Zusammenarbeit zwischen Angehörigen dreier Klöster:
- Franz Xaver Streel CRSA, Chorherr des Patronatsherrenklosters Rottenbuch
- Johann Georg Sporer, Pfarrer der nahe gelegenen Pfarrkirche SS. Peter und Paul in Prittriching (Patrontsherr das Augustiner-Chorherrenkloster Dießen am Ammersee)
- Pater Matthias OFM, Konventuale des Franziskanerklosters auf dem Lechfeld
In den Baurechnungen sind folgende Beiträge mit Vermerk der Zahlungen zu finden (zitiert nach Dasser 1970, 141f.):
- „Herrn Franz Xaveri Streel Can. Regul. Lateran. zu Rottenbuch wegen bemühung in nachsuchung, wan das pfarr-Gottshaus fundiert worden, seyn zur Recognition geben worden 50 kr
- Herrn Pfarrer zu Bridriching [Prittriching] Johann Georg Sporer wegen mahler Gedanckhen zu der frescoarbeith 10 fl dann auch wegen dem Gedancken zum neuen Chor-Altarblatt 5 fl 15 kr zusammen verehrt 15 fl 15 kr
- Dem p. Mathias, Franciscaner auf dem Lechfeld wegen Ausdenkhung und Beschreibung des Mahler Conceptus so in lauther Versen bestehend eine anständige Verehrung gemacht so gekostet 4 fl 48 kr.“
Die künstlerische Umsetzung erfolgte durch Johann Baptist Enderle selbstständig. Für seine „Fresko-Arbeith des neuen Gottshaus“[1] erhielt er 424 fl. Unter der Inventarnummer 152 hat sich im Bestand des Ulmer Museums ein Entwurf für das Langhausfresko mit den Szenen aus dem Leben des heiligen Martin erhalten.
[1] Zitiert nach: Dasser 1970, 141.
Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2016