Rupert II. Neß Zitieren
* 24. Jan 1670, † 20. Okt 1740, Abt, Ottobeuren, Benediktinerkloster
Abt Rupert II. Neß, den sein Nachfolger Anselm Erb (reg. 1740–1767) im Jubiläumsfresko der von ihm erbauten Klosterkirche hat abbilden lassen (siehe rechts), stand dem Benediktinerkloster Ottobeuren dreißig Jahre vor. In dieser Zeit initiierte er den Um-, Aus- und Neubau der dreihöfigen Klosteranlagen mit mehr als 200 Räumen zu dem, was man heute als den „Escorial Schwabens“ bezeichnet. Eine einmalige Quelle zur Gedankenwelt, zum Meinungsbild und zu den Plänen des Auftraggebers stellt das Diarium des Abtes dar. Vom Baubeginn 1711 an dokumentierte er fortlaufend den Baufortschritt, die Ausgestaltung mit Stuck, Deckenbildern und Figuren, die Auswahl der Künstler etc. und auch Programmkonzepte. So stammen bis auf das Programm im Abteitreppenhaus, das P. Benedikt Schmier zugeschrieben wird, alle Themen aus seiner Feder.[1]
Der Abt hatte Lieblingsthemen, die er des Öfteren hat abbilden lassen. Die Autoren der Bildwelt Ottobeuren identifizierten
„im Konventbereich die benediktinische ‚Leiter der Demutʻ [4x], in der Abtei der durch den Opfertod Christi getilgte Schuldschein [2x] und im Repräsentations- und Verwaltungsbereich die Allegorien Pax und Iustitia [4x]. […] Bemerkenswert ist die häufig vorkommende Darstellung von Christus in Gestalt eines schönen Jünglings mit blondem Haar [7x].“[2]
Diese Aufzählung kann durch die Erdteilallegorien erweitert werden. Mit keinem anderen Auftraggeber sind so viele Erdteile in Verbindung zu bringen wie mit Abt Rupert II. In den 1720er-Jahren ließ er das Thema an fünf verschiedenen Orten im Klostergebäude sechsmal ausführen; nie als alleiniges Hauptthema, aber stets zum Zweck, den Ruhm des übergeordneten Themas, der neu erworbenen Stellung als Reichskloster und nicht zu vergessen des Auftraggebers selber, in die Welt „hinauszuposaunen“. Denn ein Jahr nach seinem Amtsantritt erlangte das Kloster seine vollständige Reichsunmittelbarkeit, indem es das Vogteirecht des Augsburger Bischofs für 30.000 Gulden erwarb.[3] Von da an hatte der Abt die Stellung eines „Sacri Romani Imperii Praelatus“ inne, und dies verlangte auch nach einer würdigen Repräsentation. Außen wie im Inneren des Klostergebäudes finden sich zahlreiche Verweise auf den neuen Reichsstatus.
Insgesamt 20 Jahre dauerte es, bis die Vierflügelanlage fertiggestellt war. Die Klosterkirche wurde von ihm begonnen, allerdings sollte er die Fertigstellung nicht mehr erleben. Mit seinem Tod am 20. Oktober 1740 ging diese Aufgabe an seinen Nachfolger Anselm Erb über.
[1] Bildwelt Ottobeuren 1/2014, XXVII und 2/2014, 505.
[2] Bildwelt Ottobeuren 1/2014, XXVIII.
[3] Ebenda, XVIII.
Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016