Arnstorf (Rottal-Inn), Oberes Schloss Zitieren
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Das 1714 von Melchior Steidl geschaffene Deckenbild im rechteckigen Kaisersaal des Oberen Schlosses in Arnstorf wird von einer aufwendigen Kolonnaden-Scheinarchitektur gegliedert, die mit verschiedenen Figuren bevölkert ist und im Zentrum der Decke sowie in der Mitte der Schmalseiten den Blick auf Vertreter und Szenen der mythologischen Götterwelt öffnet. Alles dominierend, lenkt der strahlende Sonnengott Apoll seinen von vier Schimmeln gezogenen Sonnenwagen über das Firmament in der Deckenmitte. Umgeben ist er von einer Vielzahl auf Wolken gebeteten jungen Frauen. Rechts und links dieser Szene sind zwei Wappen zu sehen. Unterhalb davon befinden sich an den Schmalseiten im Osten die Darstellung des schlafenden Endymion, der auf Bitten Selenes von Zeus in den ewigen Schlaf versetzt wurde, und im Westen Zeus und Dione, die Mutter Aphrodites. In der Mitte der Längsseiten zwischen den Eckkolonnaden flankieren jeweils zwei Aktdarstellungen eine Bildkartusche mit in Grisaille ausgeführten Szenen. In den vier Ecken des Deckenfrieses finden sich die vier Erdteile: Europa und Afrika flankieren Zeus und Dione, Asien und Amerika ihnen gegenüber Selene und Endymion. Alle sind weiblich und präsentieren sich sitzend vor der Kolonadenarchitektur auf einem Architekturvorsprung.
Europa, eine junge Frauengestalt, trägt ein langes weißes Gewand, das in Falten gelegt ist und durch einen runden Ausschnitt und weite Ballonärmel besticht. Ihr gewelltes Haar wird unter einer geschlossenen goldenen Krone in den Nacken gekämmt getragen. Über ihre linke Schulter, hinter der die Kontur eines Adlers zu erkennen ist, trägt Europa einen reichen Brokatumhang, dessen Innenseite mit Hermelinbälgern verbrämt ist und sich in seiner Größe noch weit über das Kirchenmodell, links von Europa, ergießt. Ihre linke Hand ruht auf der Kuppel des Tempietto. In ihrer Rechten zeigt die Frauengestalt ein filigranes goldenes Zepter, das sie auf einem runden, roten Zierpolster mit goldenen Troddeln stützt. Ein riesiges violettes Tuch zu Füßen Europas leitet den Blick des Betrachters auf die unterhalb des Architekturvorsprungs auf dem gemalten Gesims befindlichen Attribute. Rechter Hand setzt ein Schimmel zur Ballotade an, zwischen dessen Vorderhufen Mauerwerk (?) aufgetürmt wurde. Linker Hand liegen ein Notenblatt, der Stab des Äskulaps sowie gestapelte Bücher, von denen eines in der Mitte aufgeschlagen ist. Auf der linken Seite ist das Fertigungsjahr des Kunstwerkes und die Signatur Steidls zu lesen: „1714. Melchior Steidl.“
Afrika sitzt, als eine dunkelhäutige junge Frau dargestellt, vor roten und orangenen Fahnen. Sie trägt einen rotgelben Turban, der mit einer an einer Brosche mittig angebrachten Feder verziert ist. In ihrer rechten Hand hält sie einen hellgrünen Sonnenschirm, während sie den linken Arm auf ein Schild, das halb mit Leopardenfell verdeckt ist, stützt. Das rosa Gewand mit goldener Borte am Saum ist als Wickelkleid um den Körper geschlungen und mit einem schmalen braunen Gürtel um die Taille fixiert. Der Stoff ist am rechten Knie gerafft und lässt goldene, geschnürte Sandalen zum Vorschein kommen. Afrikas Hals und Ohren zieren eine einreihige Perlenkette und Perlenohrringe. Linker Hand begleitet die Personifikation ein Krokodil. Auf der anderen Seite Afrikas, unterhalb des Architekturvorsprungs, von dem ein weißer Stoff mit goldverzierten Saum und Fransen auf das Scheingesims fließt, befinden sich ein Elefant und ein Straußenhahn.
In den Ecken der östlichen Schmalseite, Afrika vis-à-vis, präsentiert sich auf einem hellroten Sitzkissen der Vertreter Amerikas, das rechte Bein angewinkelt und das linke über dem Architekturvorsprung herabhängend. Sie sitzt inmitten ihrer Attribute: hinter ihr Fahnen, in ihrer rechten Hand ein roter Sonnenschirm, darunter ein großes Schild, ihre linke Hand ruht auf einem umgedrehten Sack voller Goldmünzen. Das Schwarz ihrer Haut kontrastiert mit ihrer farbenfrohen Kleidung, die zum größten Teil aus Federn besteht und Oberkörper sowie Arme und Beine entblößt lässt. Ihr Kopf wird von einem aufwendigen Federdiadem gekrönt, das aus einem aus Gold und Perlen gedrehten Reif entspringt und aus kleineren weißgrauen Federn um eine zentral gesetzte große rote Feder besteht. Sie trägt Perlen als Hals- und Ohrenschmuck, und selbst der lederne Brustgurt, mit dem der mit Pfeilen gefüllte Köcher am Rücken gehalten wird, ist mit einer Reihe von Perlen versehen. Der Abschluss ihrer goldenen Sandalen besteht ebenso wie die Reife an ihren Unterarmen und ihr in Hüfthöhe getragener Rock aus unzähligen vielfärbigen Federn, die jeweils an goldenen gedrehten Bändern angebracht sind. Um die Taille trägt Amerika zusätzlich noch einen goldenen Gurt, der über dem Bauchnabel in der Mitte durch einen Zierknoten geschlossen ist. Eine Reihe von Tiere begleiten die Personifikation: zwei Jaguare und drei Papageien. Einer der Jaguare liegt links von Amerika auf dem Architekturvorsprung, während der andere unterhalb seines „Gefährten“ ruht und diesen anfaucht.
Asien schließlich ist in eine rosafarbene Tunika mit weit ausgeschnittenen Ärmeln gewandet. Das Kleidungsstück ist in der Leibesmitte und am Dekolleté mit einem goldenen Gürtel beziehungsweise Saum versehen und bedeckt durch seine Überlänge die auf einem roten Polster mit goldenen Troddeln ruhenden Beine. Asien trägt auf dem Kopf einen aus weißem feinem Tuch gewickelten Turban, der aus einem goldenen Diadem entspringt und stirnseitig durch eine mondsichelförmige Brosche, an der gelbe und blaue Zierfedern angebracht sind, geschmückt ist. Perlenschnüre sind an den Kopfseiten des Turbans angebracht und finden sich auch als Zierde des Halses und der Ohren wieder. Asien stützt sich mit ihrer rechten Hand auf ein metallenes Schild, in dessen Mitte Sonne und Sichelmond als feine Gravuren zu sehen sind. Mit der linken Hand lehnt sich die Vertreterin des Orients auf eine Hellebarde, deren Stiel hinter dem Rücken eines neben ihr knienden Dieners verborgen ist. Hinter Asia befinden sich wiederum Fahnen, zu Füßen der Asia sind neben einem aufwendig geknüpften Teppich mehrere Stoffballen sowie auf der untersten Ebene der Scheinarchitektur ein transportfertiges, von Jute ummanteltes Päckchen zu sehen. Auf derselben Stufe liegt ein Kamel mit rotgoldenen Glocken und mit Prunkzaumzeug versehen, mit Schmuckfedern am Kopf und schwerem grünem Stoff, der über den Rücken drapiert ist.
DECKE
- westliche Schmalseite:
- Afrika
- Zeus und Dione (Aphrodite)
- Europa
- Mitte:
- der Triumph des Sonnengottes
- Familienwappen
- östliche Schmalseite:
- Asien
- der schlafende Endymion
- Amerika
NÖRDLICHE WAND (Gartenseite)
Groteskmalerei
WESTLICHE WAND (Schmalseite)
- Bacchus – Herbst und Wasser
- Hestia – Winter und Feuer
- Einzeldarstellungen des Familienbesitzes:
- Dobel
- Schönburg
SÜDLICHE WAND (Hofseite)
- Groteskmalerei mit in Grisaille ausgeführten Entführungsdarstellungen, darunter
- Einzeldarstellungen des Familienbesitzes:
- Blocking (Pöcking
- Hirschhorn
- Rohr
- Ruestorff (Ruhstorf)
ÖSTLICHE WAND (Schmalseite)
- Flora – Frühling und Erde
- Demeter – Sommer und Luft
- Einzeldarstellungen des Familienbesitzes:
- Gern
- Arnstorff (Arnstorf)
Zuletzt aktualisiert am: 25.03.2016