Killer (Zollernalbkreis), Mater Dolorosa Zitieren
Auf einem Wolkenberg vor einer goldenen Gloriole steht eine Monstranz, in ihrem Inneren das allerheiligste Altarsakrament. Rechts und links knien zwei Engel und Putti. Auf Erden haben sich die vier Erdteile auf einem Steinpodest um eine große und kleine Weltkugel versammelt. In der linken Bildhälfte ehren die männlichen Personifikationen Asia und Amerika die eucharistische Sonne, indem der Vertreter des Orients – erkennbar an seinem mit einem Halbmond bekrönten Turban und einem hermelinbesetzten Mantel – ein Weihrauchgefäß hochhält und sein Kompagnon – ein nackter schwarze „Indianer“ mit Federkrone und Federrock – mit himmelnden Blick seine Hände zu einem Betgestus erhoben hat. Ein blaues wallendes Tuch, das mit einem Brustgurt an seiner linken Schulter befestigt ist, verdeckt zum Teil die Blöße seiner Beine.
Zu Füßen beider befinden sich ein Papagei und ein Löwe, im linken Hintergrund stehen zwei Palmen und eine Pyramide. Auf der anderen Seite der Weltkugeln sind der weibliche Vertreter Europa und der männliche Vertreter Afrika zu sehen. Das blaugelbe Kleid Europas wird von einem purpurfarbenen Mantel, dessen Inneres mit Hermelin gefüttert ist, verdeckt. Auf ihrem Haupt und zu ihren Füßen ruht auf einem Kissen das Zeichen ihrer Macht: zwei Kronen. Während ihre linke Hand ein Szepter umfasst, drückt ihre rechte Hand, die auf ihrem Herzen ruht, wie auch ihr nach oben gerichteter Blick ihre Liebe zu Gott aus. Eine ähnliche Pose nimmt Afrika schräg hinter ihr ein. Er steht allerdings und hat beide Hände auf seinem Brustkorb verschränkt. Seine Kleidung besteht aus einem Federrock, einem Turban, einem Umschlagtuch, einem Köcher voll mit Pfeilen und einem Sonnenschirm. Auch diese beiden werden von zwei Tieren begleitet: einem Pferd und einem drohend blickenden Elefanten. Während sich links der Blick auf eine grüne, gedeihende Landschaft öffnet, dominiert rechts ein abgestorbener Baum, der allerdings vereinzelt neue Triebe zeigt.
Die gewählten Themen im Langhaus und im Chor stammen aus dem traditionellen Themenrepertoire dörflicher Kirchen: die Verehrung Mariens und der Eucharistie. In Killer wird bereits 1330 erstmals eine verstärkte Marienverehrung dokumentiert, und die, wie die Existenz eines Gnadenbilds – eine Pieta – zeigt, um 1500 blühte.[1] Etwa zur gleichen Zeit, 1510, wird die Existenz einer Jakobsbruderschaft erwähnt. Diese blieb über die gesamte frühe Neuzeit bestehen.[2] Das Langhausfresko „Apotheose Mariens“ verweist auf die Bedeutung der Jakobsbruderschaft als Gebets- und Totengedenkenbruderschaft.[3] Während im Bildzentrum Maria von Engeln getragen ihrem Platz zwischen Gottvater und Jesus Christus entgegenschwebt, konzentriert sich die terrestrische Szene auf die Trauer der Apostel, die sich um den leeren Sarkophag Mariens versammelt haben. Am Fuß einer Treppe, die im Bildvordergrund zu dieser Trauerszene empor führt, hilft ein alter Mann in Pilgertracht einem beinlahmen jungen Knaben die erste Stufe hoch. Es handelt sich hierbei wohl um ein Mitglied der Killer Jakobusbruderschaft. Der heilige Jakobus war nicht nur Patron der Reisenden und Pilger, sondern auch von Hospizen und Siechenhäuser.
[1] Das Siegel vom damaligen Pfarrer Konrad der Esel führte die Madonna. Vgl. Steim 1984, 21.
[2] Um 1904 ist die Bruderschaft aufgehoben wurden, um dann 2004 wiederbelebt zu werden. Vgl. SWP v. 18.06. und 24.07.2010.
[3] Es ist zwischen einer Jakobspilgerbruderschaft und einer Jakobsbruderschaft zu unterscheiden. Die Jakobuskult konnte, aber musste nicht mit der Existenz von Pilgerfahrten einhergehen. In Killer wie auch zumeist im süddeutschen Raum beschränkte es sich auf die Verehrung des heiligen Jakobus. Vgl. Herbers/Bauer 1995, 39f.
Von West nach Ost:
LANGHAUS
- nördliche Seitenbilder:
- Hl. Hieronymus
- Hl. Joseph
- Hl. Gregor
- Mittelbild: Himmelfahrt Mariens
- südliche Seitenbilder:
- Hl. Thomas von Aquin
- Hl. Johannes Nepomuk
- Hl. Augustinus
CHORBOGEN
Allianzwappen Hohenzollern-Hechingen – Waldburg-Zeil-Wurzach
CHOR
- Mittelbild: Anbetung der Eucharistie durch die vier Erdteile
- Seitenbilder: die vier Evangelisten
Aus dem Jahr 1865 existiert eine Baubeschreibung der Killer Pfarrkirche, in der der Autor und Haigerlocher Baumeister Kapitzke abfällig von einer dürftigen Innenausstattung spricht und rät, dass sich eine Hauptreparatur wegen der hohen Kosten nicht lohne und ein Neubau sinnvoller erscheine.[1] Hierzu ist es nicht gekommen. Allerdings ist es merkwürdig, dass der Autor – nach der Zusammenfassung im Aufsatz zur Baugeschichte von Karl Werner Steim – zwar den Hochaltar, die Seitenaltäre, das Gestühl, die Kanzel etc. genau beschreibt, aber die Deckenmalerei vollkommen unerwähnt lässt. War sie übertüncht? Oder in einem sehr schlechten Zustand? Historische Aufnahmen im BKA Marburg aus den 1930er-Jahren bezeugen, dass der Innenraum seit 1865 verändert wurde. Während Kapitzke noch den Hochaltar als einen einfachen Holztisch umschreibt, erkennt man auf einem Foto eindeutig einen neogotischen Hochaltar, bestehend aus einem Altarretabel mit Gesprenge.[2]
Weiterhin ist zu erkennen, dass der Raumeindruck seit der Ausmalung des Innenraums durch Franz Ferdinand Dent (1723–1791) im Jahr 1778 durch die Anbringung von zusätzlichen Verzierungslinien zwischen den einzelnen Fresken überfrachtet wurde. Sowohl der Hochaltar als auch diese zusätzlichen Ornamente wurden im Rahmen der ersten bekannten Restaurierung um 1936 wieder entfernt.[3] 42 Jahre später erschütterte am 3. September 1978 ein Erdbeben die ganze Region. Das Epizentrum lag keine 10 Kilometer entfernt in Tailfingen. Es verursachte massive statische Schäden am Killer Kirchenbau. Sowohl das Mauerwerk an Chor und Langhaus wie auch der Turm mussten erneuert beziehungweise abgerissen und neu aufgebaut werden.[4] Die Decke und der Dachstuhl blieben unverändert. Die Fresken verzeichneten – wie historische Aufnahmen zeigen – nur geringe Schäden.[5] So wurden 1978 Putzteile der Fresken gefestigt, eine Schraubensicherung entfernt und die Bilder von ihren teilweise synthetischen Überzügen gereinigt.
[1] Vgl. Steim 1984, 39f.
[2] S. BKA Marburg „mi05097d01“ (vor 1936).
[3] S. vor allem BKA Marburg „mi05097d02“ (nach 1936); ansonsten auch „mi05097d03“, „mi00915c03“, „mi00915c04“, „mi00915c05“, „mi05097d01“, „mi05097d02“, „mi00915c07“. Eventuell stammt auch aus dieser Zeit die Kartusche mit dem Kirchenlehrer, dem heiligen Thomas von Aquin, da dieser – untypisch für barocke Ausstattungsprogramme – anstelle des Kirchenvaters und Mailänder Bischofs Ambrosius dargestellt wurde. Hierdurch wird die durch die Anwesenheit der drei Kirchenväter – zwei vorne beim Chorbogen (Hl. Gregor und Hl. Augustinus) und einer hinten rechts (Hl. Hieronymus) – die inhaltliche Symmetrie gebrochen.
[4] Vgl. Steim 1984, 20, 40. S. auch zahlreiche historische Aufnahmen im BKA Marburg, die den Ausmaß der Schäden zeigen: „mi05097b13“, „mi05097b14“, „mi05097c05“, „mi05097d04“, „mi05097c06“, „mi05097c10“, „mi05097c05“.
[5] S. BKA Marburg „mi05097d06“ und „mi05097e05“.
Als Vorlage griff Dent auf die Kompositionen von Gottfried Bernhard Göz zurück.
Durch Signatur nachgewiesen hat Franz Ferdinand Dent in der Killer Pfarrkirche nicht alleine gearbeitet. Am Chorbogen hat sich sein Gehilfe Joseph Anton Vogel[1] mit „J.A. Vogel Pinxit“ als Maler des Allianzwappens verewigt. Da von diesem Künstler keine anderen gesicherten Werke bekannt sind und auch der Erhaltungszustand der Fresken dies enicht zulässt, ist eine Diskussion der Beteiligung nicht durchführbar. In der Regel nimmt die Forschung an, dass er neben dem Wappen auch die Heiligen- und Evangelistenbilder in den Kartuschen gemalt hat.[2] Killer ist das letzte erhaltene Werk von Dent, und eine Signatur im Langhausfresko belegt seine Autorenschaft.
[1] Karl Werner Steim erwähnt in seinem Aufsatz zur Killer Baugeschichte im gleichen Atemzug ein Franz Anton Vogel und einen Joseph Anton Vogel. Er verwechselt hier den Vater mit dem Sohn. S. ausführlich die Kurzbiografie von „Joseph Anton Vogler“.
[2] Vgl. Steim 1984, 22.
Zuletzt aktualisiert am: 03.10.2018