Altenburg (PB Horn), Stift, Blauer Raum Zitieren
Der sogenannte „Blaue Raum“ ist Teil einer vier Räume umfassenden Zimmerflucht im Marmortrakt des Stifts Altenburg. Steigt man über die große Feststiege empor in das Obergeschoss, so gelangt man in einen Korridor, der die Längsachse des Trakts entlangläuft und Zugang zu den einzelnen Räumen des Stockwerks gibt. Der „Blaue Raum“ ist das erste Zimmer rechts der Feststiege. Es handelt sich um einen annähernd quadratischen Raum, neben der Tür auf den Korridor führt eine weitere Tür in das angrenzende Zimmer. Gegenüber der Korridortür eröffnen zwei Fenster den Blick nach draußen auf die 2005 bis 2007 errichtete Altane. Ein Fenster in der Südwand ermöglicht den Blick ins Treppenhaus der Feststiege.
An Wänden und Decke zeigt sich eine reiche Stuckmarmorausstattung mit intensiven Farben. Das umlaufende Hauptgesims und die Sockelzone sind in kräftigem Rot ausgeführt, die leuchtend gelben Pilaster tragen vergoldete Kapitelle, die Wandfelder zeigen blasse Blautöne und zarte weiße Stuckrahmen. Die Decke trägt reiche Band- und Rankenornamente, es dominiert weißer Stuckmarmor, akzentuiert durch vereinzelte Blau-, Grau- und Gelbtönungen.
In den Ecken des Gewölbes direkt über dem Gesims sitzen die Allegorien der vier Erdteile, plastisch ausgeführt in weißem Stuck. Gegenüber dem Eingang sind Europa (Nordosten) und Asien (Südosten) zu sehen, in der südwestlichen Ecke Afrika, in der nordwestlichen Ecke Amerika.
Beim Betreten des Raums fällt der Blick des Betrachters zuerst auf Europa und Asien, diese beiden Kontinente sind also aufgrund ihrer Position hierarchisch vor Afrika und Asien gesetzt. Die Darstellung der weiblichen Erdteilallegorien ist konventionell und folgt in den Grundzügen der Iconologia von Cesare Ripa, wenn die Ausstattung der Allegorien mit Attributen etwas sparsamer ist.
Europa präsentiert sich als bekrönte Fürstin, ihre Attribute sind zwei Füllhörner voller Früchte sowie, als klassisches tierisches Attribut, das Pferd. Asia ist mit einem Kamel abgebildet, in Händen hält sie ein mit Halbmonden und Sternen verziertes Weihrauchfass. Afrika zeigt sich mit entblößter Brust und reichem Perlenschmuck, sie wird von einem Elefanten begleitet. Amerika ist ebenfalls mit halb entblößtem Oberkörper dargestellt, sie hält Pfeil und Bogen in ihren Händen, hinter ihr lehnt ein Köcher mit Pfeilen, neben ihr liegt ein abgeschlagenes Männerhaupt. Um ihren Hals liegt eine schwere Kette mit einem Halbmond-Anhänger.
Decke:
- Band- und Rankenornamente, umlaufendes Stuckmarmorband
- Gewölbeecken: die vier Erdteile
- NO: Europa
- SO: Asien
- NW: Amerika
- SW: Afrika
evtl. Vorlage für die Allegorie der Amerika: Kupferstich „Amerika“von Crispijn van de Passe d. Ä., um 1598–1511 [Abb. im Rijksmuseum Amsterdam]
Zuletzt aktualisiert am: 16.10.2015