Pommersfelden (Bamberg), Schloss Weißenstein, Treppenhaus Zitieren
- 1 von 2
- ›
Das mächtige, dreigeschossige Treppenhaus von Schloss Weißenstein hat die Form eines annähernd quadratischen Innenhofes, in den die zweiarmige Treppenanlage mit drei Absätzen eingestellt ist. Offene Galerien umgeben den Raum in den Obergeschossen. Überwölbt wird er durch eine flache Gewölbekuppel, die mit einem prachtvollen Deckenfresko aus der Hand Johann Rudolf Byss versehen ist. Die reiche Illusionsmalerei erzeugt den Eindruck eines nach oben zum Himmel hin geöffneten Raumes.
Das Gemälde ist konzentrisch strukturiert. Im Zentrum steht Apoll auf dem Sonnenwagen, um ihn herum sind in einem losen Kreis antike Götter und Allegorien der Tierkreiszeichen angeordnet. Die Figurengruppen und Scheinarchitektur in der Deckenkehle des Gewölbes bilden den Rand des Freskos und sorgen für den optischen Übergang zur Architektur des Treppenhauses.
Hinter ihm leuchten die Strahlen der aufgehenden Sonne auf. Der entstehende Gegensatz zwischen dem hell strahlenden Bildzentrum und den fast verschatteten Randzonen verstärkt noch den räumlichen Eindruck des Freskos. Apoll ist bekleidet mit einem gelben Gewand, halbnackt und muskulös. Auf dem Kopf trägt er einen Lorbeerkranz. Seine Haltung drückt Stärke aus; die rechte Hand ist nach oben gerichtet, in der linken Hand hält er sein klassisches Attribut: den Bogen. Sein Sonnenwagen wird von vier edlen weißen Pferde gezogen. Dabei entsteht der Eindruck, dass die Pferde über eine durch das Licht der Sonne golden gefärbte Wolke auf den Betrachter galoppieren. Die Pferde werden nicht nur von der Gottheit im Zaum gehalten, sondern auch von fünf Putti. Zwei der Putti links haben ein rosafarbenes beziehungsweise ein grünes Gewand an, der dritte Putto ist unbekleidet. Letzterer hält eine Peitsche, mit der er die Pferde vorantreibt. Rechts schweben ein weiterer nackter Putto und einer mit schwarzer Bekleidung. Sie vermitteln einen fröhlichen Eindruck und fügen dem Fresko eine besonders heitere Note hinzu.
In der Wolke ist außerdem ein Paar Beine zu erkennen, die auf Phaeton, den Sohn des Apoll, der bei einer Fahrt mit dem Sonnenwagen die Kontrolle verlor und abstürzte, verweisen können. Unterhalb der goldenen Wolke befindet sich eine Figurengruppe, die für Wind und Regen steht. Sie sind in eine graue Gewitterwolke gehüllt. Unter ihnen schwebt eine halbnackte weibliche Figur, in gelbem und grünem Gewände, die Tau auf die Erde gießt. Der Reigen der antiken Gottheiten beginnt links unterhalb der Wolke mit Aurora, der Göttin der Morgenröte in blauem Gewand und mit Blumen im Haar, halb gehalten von der geflügelten Gestalt eines jungen Mannes. Hinter den beiden flattert ein großer, roter Umhang, der das Morgenrot symbolisiert. In der einen Hand hält die Göttin eine Fackel empor, ihr unabdingbares Attribut, mit der anderen lässt sie Blüten auf die Erde fallen. Blumenkranz und Blüten sind auch das Attribut der Hemera, der Personifikation des Tages.
Ihr entspricht auf der gegenüberliegenden Seite Diana, die Göttin der Jagd, die hier zugleich die Funktion der Luna übernimmt. Daher der volle Mond hinter ihr und die drei Eulen zu ihren Füßen. Als weiteres Attribut der Mondgöttin sind dunkle Wolken abgebildet. Als Attribute der Diana ist ihr weißes Gewand zu nennen, das die ewige Jungfräulichkeit darstellt, und zwei Putti, die ein Jagdhorn und einen Jagdspieß halten. Sie ist umgeben von Nymphen und Hirschen, als Symbole des Waldes und der Wildtiere.
Diese die Südseite des Gemäldes beherrschende Gruppe Aurora/Apoll/Diana steht in ihrer Gesamtheit für die drei Phasen des Tages: Sonnenaufgang (Gruppe um Aurora), Mittagssonne (Apoll auf dem Sonnenwagen) und Sonnenuntergang (Gruppe um Diana).
Eine vom Bütenregen der Aurora ausgehende lose Blumengirlande verbindet die Personifikationen der Tierkreiszeichen und kennzeichnet damit auch ihre Zusammengehörigkeit, während Götter darüber oder davor schweben. Im Uhrzeigersinn an Aurora anschließend ist das Tierkreiszeichen des Fisches dargestellt, symbolisiert durch zwei spielende Putti mit Fischen. Neben ihnen lagert ein bärtiger Flussgott, der wohl gleichzeitig für das Tierkeiszeichen des Wassermannes als auch für Neptun, den Gott der fließenden Gewässer, steht. Er stützt sich mit der rechten Hand auf einen Wasserskrug, mit der linken Hand hält er ein Ruder, auf dem Kopf trägt er einen Kranz aus Wasserpflanzen. Die ihm zugeteilten Putti rechts von ihm spielen und halten Fische.
Weiter folgt im Uhrzeigersinn der springende Steinbock, daran anschließend Venus, die Göttin der Liebe, fast völlig nackt. Sie trägt einen Gürtel und bedeckt mit ihrer linken Hand ihre linke Brust. Sie sitzt auf einem Wagen. Amor lenkt die der Venus zugehörigen weißen Tauben, welche ihren Wagen ziehen. Eine Gruppe von Putti ist um sie herum.
Auf Venus folgt das Tierkreiszeichen des Schützen, dargestellt als geflügelter Zentaur mit gespanntem Bogen, und der Kriegsgott Mars, bewehrt mit Schwert und Schuld – beide in heftigem Kampf miteinander stehend.
Die nächste Gruppe ist das Tierkreiszeichen der Waage, dargestellt als drei Putti, die mit Waagschalen und Waagbalken spielen.
Eine weißgekleidete, geflügelte Frauenfigur verkörpert das Tierkreiszeichen der Jungfrau. Sie hebt die Blumengirlande hoch, die in weitem Bogen über die Nordseite des Raumes zum Tierkreiszeichen des Löwen führt. Dieser fletscht die Zähne in drohender Gebärde gegen den Krebs in Gestalt eines mächtigen Hummers, den ihm ein Putto provozierend entgegenreckt.
Über dem Tierkreiszeichen des Löwen und des Krebses thront auf einer Wolke Jupiter selbst. Er trägt eine goldene Krone und hält das Blitzbündel in seiner Rechten. Sein Zepter halten die Genien. Zu seiner Linken sitzt sein Tier, der Adler, und zu seiner Rechten sein Mundschenk, Ganymed mit dem Krug in der Hand. Über ihm sieht man weit entfernt im Lichte Chronos mit seiner Sense, der seine eigenen Kinder frisst. Chronos ist Apoll diametral gegenüber angeordnet und bildet so eine Art Gegenpol zu dem strahlenden Olympier.
Das grüne Band der Blumengirlande führt indessen vom Zeichen des Krebses weiter zu zwei tanzenden Putti, die das Zeichen des Zwillings vorstellen. Von ihnen läuft das Band zu jenem des Stieres, dargestellt als mächtiges braunes Tier mit weißer Blesse, das auf einer Wolke ruht.
Daneben schwebt Merkur gehüllt in ein grünes Tuch. Er trägt seinen geflügelten Helm und seine geflügelten Sandalen. In seiner rechten Hand hält er seinen Stab. Das Tierkreiszeichen des Widders, zwischen Merkur und der Diana-Gruppe, bildet den Abschluss dieses Reigens aus Göttern und Sternzeichen.
In der Deckenkehle direkt über der oberen Galerie befinden sich die vier Erdteile. Sie verkörpern, im Gegensatz zum Deckenspiegel, der den Himmel darstellt, den irdischen Bereich der Welt. Jeder Erdteil ist vertreten durch eine spezielle Personengruppe, die jeweils eine gesamte Seitenwand entlang hinter einer gemalten Balustrade stehend dargestellt ist. In jeder Ecke steht eine prächtige Vase, die von Putti mit Girlanden geschmückt wird. Auf den neben den Vasen befestigten Kartuschen sind Heldentaten des Herkules abgebildet. Den Hintergund der Szenerie bildet jeweils ein in zart getönten Farben ausgeführte Scheinarchitektur. Auf dieser sitzend oder kletternd und im blauen Himmel darüber fliegend sind verschiedene Vogel- und Tierarten dargestellt, die als typisch für den jeweiligen Erdteil erachtet wurden. Diese gemalte Architektur wurde von Marchini gefertigt[1]. Jeder der verschiedenen Erdteile benötigt für seine Betrachtung einen eigenen Sichtpunkt.
Direkt gegenüber dem Eingang ins Treppenhaus und damit an prominentester Stelle ist die Personifikation Europas als Frau mit entblößtem Oberkörper zu sehen. Sie sitzt auf dem Bord eines goldenen Schiffes mit dunkelgrauem Segeltuch und einem Stierkopf als Galionsfigur, der auch mit Girlanden verziert ist. Es ist ein weiterer Verweis auf den Europamythos. Sie trägt eine Krone, ihre rechte Hand ruht auf einem Reichsapfel, in der Linken hält sie ein Zepter. Das sollte ihren rechtmäßigen Herrschaftsanspruch auf die ganze Welt darstellen. Ihr linkes Bein ruht auf einem Füllhorn, was auf Europas Reichtum verweist. Eine Begleiterin links hinter ihr bietet ihr auf einem Kissen die Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation an. Rechts neben ihr, auf Europas überlegene Kriegskunst verweisend, steht ein Feldherr in antiker Rüstung. Er trägt seinen Feldherrnstab in der einen Hand, die andere Hand ruht auf seinem Schwert. Rechts von ihm sitzt der Reichsadler. Weitere Figuren auf der rechten Seite sind zwei römische Soldaten mit Legionsadler, die das imperiale römische Erbe darstellen, und ein Mann, der ein Pferd bändigt, das traditionelle Tierattribut Europas. Hinter einer mit Lorbeerkranz bedeckten Büste eines römischen Dichters stehen ein Musikant und ein Gaukler mit einem Bär, die als Hinweis auf die in Europa entwickelten Künste der Musik und der Aufführung verstanden werden. Links von Europa und dem Staatsschiff diskutieren zwei Frauenfiguren. Beide halten ein astronomisches Gerät und symbolisieren somit die Wissenschaft. Neben der Büste eines Feldherrn lehnt ein Jäger an der Balustrade und blickt mit in die Hand gestütztem Kinn ins Treppenhaus hinunter. Auf dem Rücken trägt der Jäger eine Flinte, neben ihm liegen ein erlegter Hase und ein erlegtes Wildswchein.
Die westliche Deckenkehle ist dem Erdteil Amerika zugeordnet. Die Personifikation des Erdteils ist in der Mitte abgebildet. Sie stützt ihr rechtes Knie auf den Rücken eines Alligators, der von zwei kleinen Indianern an einer Leine geführt wird. Sie trägt einen spitzen Hut, bunte Gewänder und ein Armband am rechten Oberarm. Ein großer Fächer wird neben ihr in die Höhe gehalten. Sie ist umgeben von einer Gruppe weiterer Indianer, einer davon bietet ihr Schmuck aus einer Truhe dar, er symbolisiert den Reichtum des Kontinents. Ein anderer aus der Gruppe trägt einen Spieß mit einem hellhäutigen Bein auf seiner Schulter und verweist somit auf den Kannibalismus. Viele der Indianer tragen Federschmuck auf dem Kopf, einer trägt einen Köcher auf dem Rücken. Exotische Tiere bevölkern die Szenerie, zum Beispiel ein Pavian, ein Papagei und ein vom Künstler erdachtes Mischtier aus Giraffe und Lama. Links, an der Brüstung, sitzt ein Indianer mit Pfeil und Bogen. Ganz rechts sitzt eine Indianermutter mit Kind, sie trägt einen Spitzhut.
Gegenüber Amerika, in der östlichen Deckenkehle, erstreckt sich Asien. Die Personifikation Asiens ist eine hellhäutige, als reiche Sultanin gekleidete Frau, deren Blick und rechte Hand auf ein goldenes Becken gerichtet sind. Sie wirft einige Brocken Weihrauch – ein typisches Attribut für diesen Erdteil – in das Becken. Sie ist umgeben von Männern und Frauen, die in für Asien vermeintlich typische Gewänder gekleidet sind. Das sind Pelze, Turbane, Stoffgurte, und die Männer tragen Bärte und Schnurrbärte. Zu ihren Füßen ist im Hintergrund ein Löwe zu erkennen, vorne spielt sich eine kleine Teezeremonie ab, die auf China als Teil Asiens verweist. Links von ihr sitzt ein Reiter auf einem Dromedar, das hier als Symbol des Handels steht. Des Reiters bis auf eine einzige Strähne kahlgeschorener Schädel verweist auf die damals übliche Haartracht der Tataren. Er hat eine langstielige Rauchpfeife in der Hand, und ein Köcher liegt seitwärts auf dem Rücken des Dromedars. Über der Brüstung vor dem Kamel hängt ein farbenfroher, vorderorientalischer Teppich. Die Tierwelt Asiens ist durch eine Vielzahl verschiedener exotischer Vögel vertreten, in deren Mitte ein Pfau als das Tier Asiens thront.
Afrika wird dargestellt durch eine exotische Tierwelt, die einen Elefanten, eine Wildkatze und einen Strauß miteinschließen. Die Allegorie selbst ist abgebildet als eine fast völlig entblößte, schwarze Königin, die umgeben von ihren Gehilfen unter einem Baldachin halb liegt, halb sitzt und sich zu einem neben ihr ruhenden Liebhaber hinwendet. Zwei weitere Personen in weißem und rotem Gewand treten von links an die Königin heran und halten einen Sonnenschirm, ein klassisches Attribut der Afrika. Der große, auffällige Elefant rechts neben dieser zentralen Szene trägt auf dem Kopf ein mit Ornamenten verziertes Tuch mit einer Zierquaste. Ein Elefantentreiber sitzt auf seinem Rücken und hält eine Rute. Neben dem Elefanten befinden sich reich bekleidete Afrikaner, von denen eine Frau einen geflochtenen Korb mit Früchten auf ihrem Kopf trägt, ein Zeichen für die Fruchtbarkeit Afrikas. Ein Löwe wird an einer Leine geführt.
[1] Vgl. Paulus 1977.
In seinem Inventar („Inventarium über das Schloss Weißenstein…“ 1732) vermerkt der Maler Rudolph Byss:
„Die gantze Decke der Haupt-Stiegen ist wie die Sonn die Welt, also die Tugend die Menschen zieret, welches durch die 4 Theil der Welt und des Firmaments in mehr als 100 Figuren sehr laborios in Fresco vorgestellt“[1]
Das Fresko enthält in sich einen reichhaltigen Komplex von Themen und Elementen, die als typisch für die Barockzeit betrachtet werden können: zahlreiche Verweise auf das antike Erbe, systematisierte traditionelle Einteilungen (vier Jahreszeiten, vier Erdteile, multifunktionale Gottheiten), strikte dualistische Gegenüberstellung zwischen Himmlischem und Irdischem (Darstellung des Himmels in der Mitte, bevölkert von Göttern, Sternzeichen, Putti usw. und der Erde – in der Form von 4 Erdteilen – an den Seiten), sehr dichte Codierung jedes Elements, oft übernimmt eine Figur mehrere Funktionen und Rollen gleichzeitig. Alle Figuren, ganz im barocken Geschmack, sehen wie Mitglieder einer theatralisierten Aktion aus, wobei das emblematische Element das ausschlaggebende ist.
Elf (!) Sternkreiszeichen sind auf der Himmelszone des Freskos dargestellt: der Zyklus beginnt mit dem Wassermann für den Monat Januar, der gleichzeitig als Flussgott und als Neptun abgebildet ist. Jupiter, Merkur, Saturn, Venus, Mars und Neptun/Wassermann bilden den Reigen der Olympischen Götter rund um Apoll und verweisen gleichzeitig auf die Planeten des Himmelsgewölbes.
Zudem sind die vier Jahreszeiten durch die jeweiligen Sternzeichen präsent: Wassermann, Fische und Steinbock stehen für den Winter; Widder, Stier und Zwillinge für den Frühling; Jungfrau, Löwe und Krebs für den Sommer; Schütze und Waage für den Herbst . Der Skorpion, ebenfalls ein sommerliches Tierkreiszeichen, ist in dem Fresko nicht dargestellt. Er müsste seinen Platz zwischen Schütze und Waage haben. Möglicherweise ist sein Fehlen durch spätere Restaurierungsarbeiten zu erklären.
Die Darstellung Europas fällt dem Betrachter zunächst ins Auge. Die Bedeutung Europas ist gegenüber den übrigen Kontinenten hervorgehoben, was durch mehrere Details klar gemacht ist. So ist die weibliche Allegorie Europas mit königlichen Attributen und Insignien der Macht wie Reichsapfel und Zepter ausgestattet. Dabei ist sie mit dem deutschem Kaiserreich zu assoziieren, da auf ihrem Umhang der Doppeladler – das Symbol des deutschen Kaiserreichs – dargestellt ist und eine ihrer Begleiterinnen ihr auf einem Kissen die Reichskrone darbietet.
Der Stier, dessen Kopf als Galionsfigur auf Europas Schiff (welches wiederum auf europäische Errungenschaften in der Seefahrt verweist) abgebildet ist, ist ein unbedingter Bestandteil der Europaallegorie überhaupt.
Nächstwichtiges abgebildetes Element ist ein römischer Soldat, der sich nicht nur auf die europäische Kriegskunst bezieht, sondern auch auf die Wurzeln des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die im Imperium Romanum gesehen wurden.
Ganz rechts steht ein Jäger neben erlegtem Wildbret. Diese Figur blickt den Eintretenden direkt an und fällt dadurch etwas aus dem Rahmen. Diese Figur ist nicht leicht zu deuten. Sie mag auf das europäische Waidwerk verweisen[2] oder auf die Jagdleidenschaft des Auftraggebers Lothar Franz von Schönborn[3]. Es könnte jedoch auch ein heimliches Selbstbildnis von Byss sein, aber diese Vermutung lässt sich nicht verifizieren, da keine Porträts des Malers überliefert sind.[4]
Die Wissenschaften – als nächste wichtige Elemente in der traditionellen allegorischen Europadarstellung – sind durch zwei miteinander plaudernde Frauen dargestellt. Eine der beiden hält wissenschaftliche Instrumente in den Händen: eine Armillarsphäre und einen Jakobsstab.
Der Erdteil Asien stellt in erster Linie den Vorderen Orient vor, was durch eine lange Abbildungstradition dieses Erdteils zu erklären und bei den quasiosmanischen Gewändern und Turbanen der meisten Personen zu sehen ist. Die Weihrauchbrocken, die von der reichen Sultanin, die Asien personifiziert, in ein Kohlebecken geworfen werden, sind eines der entscheidenden Elemente für die Identifizierung dieses Erdteiles: Der aus Südarabien stammende wertvolle Rohstoff fasste festen Fuß in der bildenden Kunst als das Symbol Asiens. Sehr passend sieht hier auch ein Dromedar aus, der in der Verknüpfung zum Handelswesen zu deuten ist. Der Künstler setzt eine Mischung aus mehreren Asien zusammen (Türken, Chinesen, ein Inder sogar; Attribute wie Tee, Teppich, Rauchpfeife, Bogen). Er visualisiert ein abstraktes Asien, das ein erkennbares asiatisches Flair besitzt, doch keinem spezifischen asiatischen Reich zugeordnet werden kann.
Auf der Nordseite begegnet uns der afrikanische Kontinent. Auch hier weicht Byss vor der gefestigten Tradition nicht zurück. Die Nacktheit der schwarzen Einwohner des Erdteils zeigt den nach der Ansicht des frühen 18. Jahrhunderts geringen Entwicklungsstand und verweist dabei auf die tropische Hitze. Der Umstand, dass die Afrika zusammen mit einem Gefährten oder Liebhaber dargestellt ist, mag ein Zeichen für die Sinnlichkeit sein, die diesem Kontinent und den dort wohnenden Menschen zugeschrieben wurde. Der klassische Afrikaattribut – der Sonnenschirm – ist auch vorhanden und schützt seine Besitzerin von unerträglichen Sonnenstrahlen. Auf der gemalten Balustrade stehen auch zwei mit Lorbeerkranz gekrönte Büsten, die jenen auf der Seite Europas entsprechen. Sie verweisen möglicherweise auf die Karthager und bilden so einen Verweis auf die antike Vergangenheit Nordafrikas. Der Erdteil vermittelt ein sanftes und ruhiges Ambiente der Kühle in der Hitze.
Das vierte Erdteil, Amerika, ist auf dem Deckenfresko als eine sehr exotische und zum Teil verkehrte Welt abgebildet. Die Fantasie des Künstlers ist hier merklich spürbar, insbesondere was die Kleidungen und Kopfbedeckungen der Dargestellten betrifft. Ansonsten ist Amerika nicht nur durch ihre Tiere, sondern auch durch andere Attribute erkennbar: die Truhe mit Schätzen steht für die Reichtümer Amerikas, das weiße Menschenbein verweist auf den Kannibalismus, mit dem Amerika stets assoziiert wurde.
[1] Vgl. Paulus 1977
[2] Paulus 1977, 112.
[3] Grund, v. Stockhausen 2011, 30.
[4] Ebd.
Im Dekorationssystem des Schlosses ist eine umfassende Weltordnung enthalten. Das christliche Bildprogramm (es ist bekannt, dass der Bauherr Lothar Franz von Schönborn ein vorbildlicher Christ war[1]) vermischt sich hier mit der antiken Mythologie in einer komplizierten barocken Symbolik. Für das Deckenbild nimmt der Maler Johann Rudolf Byss das Thema der vier Erdteile und der vier Jahreszeiten, durch die jeweiligen Sternzeichen dargestellt, auf.
[1] Vgl. seine Kurzbiografie in Kreisel 1953, S.7–17.
Sehr guter Zustand, Privatbesitz.
Erste restauratorische Eingriffe wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchgeführt; allerdings waren sie nicht sehr umfangreich. In den Jahren 1975–2003 wurden an allen Gebäudeteilen umfangreiche Sicherungsarbeiten ausgeführt,[1] wobei man 1977 im Treppenhaus die ursprüngliche Farbigkeit des 18. Jahrhunderts wiederherstellte. Der gelbe Farbton war gebräuchlich bei Außenanstrichen. Mit diesem Farbton sollte der Eindruck entstehen, dass die Treppenhausanlage ein Innenhof ist, und nicht ein Raumkörper im Schloss.[2]
In Kreisel lesen wir aber die Vermutung, dass die heutigen Farben des Stiegenhauses (also Gelb), nicht die ursprünglichen sind. Im Trompe-l’œil von Marchini – dem Maler, der die nach oben auslaufende Scheinarchitektur abbildete – ist ein rosafarbener Ton angeschlagen, der, nach Kreiselʼs Meinung, keinen Sinn hätte, wenn er nicht schon unten vorhanden gewesen wäre. An den unteren Gewölbejochen und anderen Stellen begegnen wir diesem rosanen Ton immer wieder. [3]
2013 bis 2014 wird zum ersten Mal in seiner Geschichte am Schloss eine Generalrenovierung durchgeführt.[4]
[1] Vgl. Schiedermair 2003, S.6
[2] Vgl. Grund, v. Stockhausen 2003, S. 27
[3] Vgl. Kreisel 1953, S.29–30
[4] vgl. Eva Ixmeier, Obermain-Tagblatt, http://www.obermain.de/oberfranken/art2468,22342, letzes Abrufdatum: 14.10.2013
Der aus der Schweiz stammende Johann Rudolf Byss (1662–1738) wurde 1713 als Hofmaler von Lothar Franz angestellt und blieb es mit einer Unterbrechung bis an das Lebensende des Kurfürsten.
Als Gehilfe wurde ihm Giovanni Francesco Marchini (ca. 1672–1745) aus Como zugeteilt, der sich auf Architekturkulissenmalerei spezialisiert hatte und auch genaue diese Elemente übernahm.[1]
Der berühmte deutsche Mahler Johann Michael Rottmayr (1654–1730) beschäftigte sich bereits im Januar 1717 mit der Freskomalerei im Hauptsaal, und in einem Bericht von Schönborns Oberstallmeister taucht auch der Vorschlag auf, Rottmayr auch die Freskierung des Treppenhauses zu übertragen.[2] Doch im Juni 1717 arbeitet Byss bereits am Deckenfresko – der Vorschlag über die Vergabe des Treppenhausfreskos an Rottmayr wurde von Bauherrn Lothar Franz nicht weiter beachtet.
Hofman führt den Brief des Hofrats Johann Albert Bauer von Heppenstein vom 8. Juni 1717 an Lothar Franz an:
„dem Rottmayr nicht allein nichts nachgiebt, sondern auch in gewiessen dingen seines mehreren lustre und annehmlichkeit halber mir besser gefallet, als der Rottmayr…“.
In demselben Schreiben ist auch die erste Nachricht über die angefangene Malerei von Byss im Treppenhaus:
„Der h. Byss hat rechter hand in dem eck gegen den saal einen sehr guten anfang mit vielen figuren und kindern sehr gratios gemacht… nun aber an Asien malet und gern sehen möchte, dass, wan E. chft. Gn. Etwan das buch hatte, worinnen die kleydung und aufzuch allerhand nationen zu sehen, es ihme eine gnad wäre, wo er solches communicirter erhalten könnte…“. [3]
Aus diesen Zeilen lässt sich erschließen, dass das Innere des Treppenhauses und die Stuckierung – bis auf die Malerei – vollendet war.
Im Schreiben vom 26. Juni 1717 aus Mainz bescheinigt Lothar Franz:
„Vernehmen wir sehr gern daß die arbeit der Stiege Zimlich avanciret und der Byss und Marchini die hoffnunf machend selbe innerhalb 3. monaten oder vielleicht noch ehender in völlig standt zu setzen…“[4].
Dieser Wunsch scheint erfüllt worden zu sein: Der angegebene Zeitraum scheint ausreichend zu sein, woraus man auch folgern kann, dass das Fresko bereits im Herbst 1717 fertig war.
[1] Vgl. Grund, v. Stockhausen 2003, S. 27
[2] Vgl. Hofmann S. 149–150
[3] Ibid.
[4] Ibid.
Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2016