Rennertshofen (Neuburg-Schrobenhausen), St. Johannes Baptist Zitieren
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Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg „Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“ (413–415):
Das Langhausfresko in der Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Rennertshofen hat neben der unmittelbar sichtbaren dem Kirchenpatron gewidmete Ebene eine zweite Botschaftsebene, die der Heimsuchung Mariä zuzuordnen ist. In dieser begegnen Elisabeth, die Mutter des Kirchenpatrons, und Maria, die Mutter des Erlösers, einander und Elisabeth ruft gemäß Lk 1,42–43 aus:
„Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“
Wie in Romenthal ist der Kirchenpatron nur scheinbar der einzige Kultgegenstand, und auch hier knüpfen die gewählten Szenen aus dem Leben des heiligen Johannes Baptist an die Menschwerdung Christi an. Das Programm wurde dem Maler in Rennertshofen wie folgt in aller Kürze vorgegeben:
„Vor das Langhaus und in das selbe eine horizontale Perspectiv Cupel mit Historien und dem Leben des hl. Johannes Baptists auszumahlen“.[1]
Den Wunsch des Auftraggebers, den der Maler Carl Conrad Prauneck gemeinsam mit dem Pfarrer im Chorfresko verewigte, erfüllte er nicht – im Gegensatz zu Zinks Umsetzung in Neuler – durch eine Gloriendarstellungen sowie diese umgebende Einzelspiegel mit Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons, sondern Prauneck stand ein großer rechteckiger Spiegel zur Verfügung, den es zu füllen galt. Er teilte diesen in einem ersten Schritt horizontal und vertikal in vier Szenen, in denen zentrale Momente aus dem Leben des Heiligen veranschaulicht werden. In einem zweiten Schritt zog er zwei Diagonalen, an deren jeweiligen Enden er die vier Erdteile mit großem Gefolge einband. Im Zentrum der Komposition schwebt der in Camaieugrau gemalte Gottvater inmitten einer Heerschar von Engeln. Im Osten des Deckenspiegels flankieren Europa und Asia die Heimsuchung Mariens, hierauf folgt im Uhrzeigersinn die Taufe Christi, Amerika, der heilige Johannes vor König Herodias, Afrika und abschließend die Predigt des heiligen Johannes.
Die Erdteilgruppen sind pyramidal aufgebaut: Jeweils an oberster Position thront die Vertreterin des Kontinents, zu ihren Füßen steht, kniet, reitet etc. ihr Gefolge inmitten einer Vielfalt von Attributen. Europa ist herrscherlich in einen goldenen Mantel mit Hermelinkragen gekleidet, trägt eine Krone, hält ein Zepter und streckt ein brennendes Herz gen Himmel. Links von ihr sind ein Reiter in Rüstung auf einem schwarzen Ross und unterhalb ihres Thrones ein weiterer Harnisch tragender Mann in kniender Position zu sehen. Links und rechts von diesem befinden sich Musikinstrumente, Baumeisterutensilien, zwei Putti mit Malerzubehör sowie ein Marienbild und abschließend eine Allegorie der Fruchtbarkeit und des Reichtums, erkennbar am Füllhorn. Hinter dieser sind zwei Personen mit Perücke und schwarzem Hut zu sehen. Es wird vermutet, dass es sich hierbei um ein Selbstporträt des Künstlers mit seinem Sohn handelt.[2]
Asia vis-à-vis trägt einen spitzen Turban, ein wallendes Gewand, darunter ein Kleid mit goldenem Brustschmuck und hält ein Weihrauchfass empor. Ihr Gefolge, das aus sechs Männern besteht, ist traditionell in Kaftan und Turban gekleidet und mit Säbel, Pfeilen und Bogen bewaffnet. Eine Allegorie des Überflusses ist auch dieser Erdteilgruppe zugeordnet.
Afrika und Amerika sind auf den ersten Blick nur durch ihre Hautfarbe zu unterscheiden, da sie ansonsten ähnlich gekleidet sind. Beide tragen Turban, wallende Gewänder, Federschmuck an Kopf, Oberarmen und Brust sowie Perlen. Während die hellbraune Haut der von einem Löwen begleiteten Amerika von einem Sonnenschirm geschützt wird, benötigt Afrika mit ihrer dunkelbraunen Haut diesen Schutz nicht; als Tier ist ihr ein Affe zugeordnet. Einer ihrer Begleiter trägt eine Elefantenexuvie, ein anderer eine Sonnenscheibe. […]
Zwar korrespondieren die Erdteile wie auch das brennende Herz in der Hand Europas mit den szenischen Darstellungen aus dem Leben des Kirchenpatrons, doch in ihrer Grundbotschaft erweisen sie dem sensus spiritualis der Menschwerdung Christi die Ehre.
[1] Laut Vertrag mit dem Künstler Carl Conrad Prauneck vom 16. April 1737, aufbewahrt im BHStA, PNA, NA 1989, Nr. 4422, zitiert nach: CdbM 10/2005, 247.
[2] Vgl. ebd„ 251.
Komplettes Verzeichnis der in der Dissertation verwendeten Literatur findet sich in der Datenbank unter Bibliografie > Dissertation.
Von Nord nach Süd:
LANGHAUS
Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons und Heiligen Johannes Baptist
- heiliger Johannes vor König Herodias
- Afrika
- Predigt des heiligen Johannes
- Europa
- Heimsuchung Mariens
- Asia
- Tauf Christi
- Amerika
CHOR
Verherrlichung der Dreifaltigkeit durch verschiedene Heilige sowie der Ortsherrschaft
1797 aufgrund von Reparaturen am Chor und Kirchendach war eine Teilergänzung des Stucks notwendig
1957 und 1998/99 Innenrenovierung
Das Programm wurde dem Maler in Rennertshofen wie folgt in aller Kürze vorgegeben:
„Vor das Langhaus und in das selbe eine horizontale Perspectiv Cupel mit Historien und dem Leben des hl. Johannes Baptists auszumahlen“.[1]
[1] Laut Vertrag mit dem Künstler Carl Conrad Prauneck vom 16. April 1737, aufbewahrt im BHStA, PNA, NA 1989, Nr. 4422, zitiert nach: CdbM 10/2005, 247.
Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg „Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“ (415):
Der lokal tätige Maler Conrad Prauneck ließ sich durch die Ausstattung des Kongregationssaals Maria de Victoria in Ingolstadt inspirieren. Das Ingolstädter Deckenprogramm entstand circa zwei Jahre vor Rennertshofen durch Cosmas Damian Asam. Nicht nur in der Botschaft, dem Geheimnis der Menschwerdung Christi, sondern vor allem in der mehrszenigen Randkomposition des Bildes, deren „Architektur und Vegetation auf das Zentrum des Freskos zulaufen“[1], orientierte sich Prauneck an Asam. Mit dessen Œuvre war der Rennertshofener Künstler, wie weitere einzelne Versatzstücke aus anderen Ausstattungen zeigen, durchaus gut vertraut. Während das Architekturmotiv als Schauplatz der Szene Mariä Heimsuchung aus dem Ingolstädter Werk stammt, zitierte er im Balustradenmotiv (inkl. des Mannes) die Weihnachtsvision des heiligen Bernhard sowie die Gruppe um Gottvater aus der Aldersbacher Klosterkirche von 1720. Auch bei den Erdteilen holte er sich Inspiration von Asams Komposition. Bei der Attributierung der Europa-Personifikation verweisen das Füllhorn, die Instrumente und das Marienbild auf die Ingolstädter Herkunft. [2]
[1] „Bei Asam wie bei Prauneck ist in der Hauptansicht mit Blick auf den Hochaltar das Geheimnis der Menschwerdung Christi veranschaulicht, einmal durch die Verkündigung, zum anderen durch die Heimsuchung.“ Vgl. CdbM 10/2005, 254.
[2] Vgl. ebd.
Komplettes Verzeichnis der in der Dissertation verwendeten Literatur findet sich in der Datenbank unter Bibliografie > Dissertation.
Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg „Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“ (182f.):
Zur Zeit der Ausmalung der Rennertshofener Pfarrkirche waren die Patronatsherren die Herzöge von Pfalz-Neuburg waren. Hier setzte 1735 der drei Jahre zuvor ins Amt berufene Pfarrer Johann Arnold eine Ausstattung der 1702 neu erbauten Kirche mit Stuck und Fresken in Gang; dies allerdings ohne Rücksprache mit dem Magistrat von Rennertshofen oder dem herzoglichen Patronatsherrn beziehungsweise dessen Vertreter vor Ort, dem Freiherrn Joseph Ferdinand von Coudenhoven. Dieser war 1733 zum herzoglichen Pfleger ernannt worden. Als die Zuständigen von den Verschönerungsmaßnahmen erfuhren, legten sie Beschwerde gegen den Pfarrer beim Herzog ein. Nicht nur von dieser Seite, sondern auch von seinen unmittelbaren Vorgesetzten in Augsburg wurde Pfarrer Arnold gerügt. Sie hatte er auch „hintergangen“, indem er ihre Erlaubnis unter Angabe falscher Informationen über das Ausmaß der Renovierungsmaßnahmen, die sich auf das Tünchen der inneren und äußeren Kirchenschale beschränken sollten, „ermogelt“ hatte.[1] Schließlich kam es in einer Sitzung vom 16. April 1737 zu einer Einigung, und noch im selben Jahr wurde die Ausschmückung durch lokale Künstler fertiggestellt. Im Chorfresko sind alle Parteien harmonisch auf einem Balkon verewigt: Pfarrer Arnold zusammen mit der Ortsherrschaft, dem Freiherrn Joseph Ferdinand von Coudenhoven. Zu ihren Füßen breitet sich die Ortschaft Rennertshofen des Jahres 1737 aus und über ihnen bezeugen eine Vielzahl von Heiligen die Aufnahme des Kirchenpatrons Johannes Baptist in den Himmel.
[1] Siehe Ordinariatskonsens vom 16.1.1737, vgl. CdbM 10/2005, 244.
Komplettes Verzeichnis der in der Dissertation verwendeten Literatur findet sich in der Datenbank unter Bibliografie > Dissertation.
Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016