Uttenheim (Prov. Bolzano), Hl. Margareta Zitieren
Die Ausmalung der Kirche stammt von Franz Anton Zeiller aus Reutte und wurde 1774 fertiggestellt. Die Deckengewölbe tragen in ihrem Zentrum jeweils von monochromen Stuckmalerei umgebende Bildfelder. Im Chor ist die Geburt Mariens dargestellt, im Hauptschiff wird im zentralen Gewölbe das Martyrium der heiligen Margarethe gezeigt, die Halbgewölbe vor dem Chorbogen und über der Empore sind mit Darstellungen der Verehrung Marias durch die vier Weltteile beziehungsweise des Martyriums des heiligen Andreas ausgestattet.
Die Allegorien der vier Erdteile knien am unteren Bildrand, ihre Gesichter sind dem Marienmonogramm zugewandt. Dieses, aus weißen, ornamental verschlungenen Lettern gebildete Monogramm umschließt ein ebenfalls weißer Kreis, der sich aus einer dünnen, mit Gesicht versehenen Mondsichel und zwölf Sternen zusammenfügt. Unterhalb des Engels ist im Hintergrund eine von den vier Erdteilallegorien halb verdeckte Weltkugel zu sehen, auf der ein hölzernes Kreuz mit einem Anker oder Haken befestigt ist.
Europa trägt eine Krone auf dem Haupt und in ihrer Rechten ein Zepter als herrscherliche Insignien. Zu ihren Füßen liegen die Papstkrone (Tiara), eine mehrzackige weltliche Krone, das dreiarmige Papstkreuz und ein Schwert. Als einzige Figur wendet sie sich von der Bildmitte ab und blickt über ihre linke Schulter nach oben zurück auf den Engel und das marianische Emblem. Ihre helle Haut kontrastiert mit einem goldenen Harnisch oder Panzer und mit dem leuchtend roten Übergewand, das über ihren Rücken fällt und sich in reichen Falten über ihre Beine fällt.
Europas rechte Hand weist in einer sich öffnenden Geste auf die neben und etwas hinter ihr, am linken Bildrand knieende Afrika. Im Gegensatz zu der statischen Haltung Europas ist Afrika eben im Begriff in einen Kniefall zu sinken, den Körper dem Bildzentrum zugewandt, den Blick auf den Boden gerichtet. Die Hände sind in anbetender Haltung gefaltet. Die satten Rottöne eines fransenbesetzten Sonnenschirms bilden den leuchtenden Hintergrund für das dunkelbraune Gesicht, die offenen Schultern und das schwarze Haar der Afrika. Die dunkle Hautfarbe wird außerdem betont durch eine Kette aus großen weißen Perlen, die über die Brust der Figur fällt, durch den strahlend weißen Rand des Hemdes, das ihre Schultern umspielt. Ein ornamentiertes, goldenes Mieder und ein Mantel aus hellblauem Tuch, der an der rechten Seite der Afrika herabfällt, ein weiß-oranger Federbusch, schwere Ohrgehänge und ein goldenes Armband vervollständigen die Liste der schmückenden Attribute.
Afrika zugehörig ist eine weitere kleinere Figur im Hintergrund zwischen Afrika und Europa, von der nur Kopf und ein grünes Kleidungsstück sichtbar sind, zu sehen. Auch hier nutzt der Künstler den starken Kontrast zwischen dunkler Haut und weißen Perlen, diesmal in Form eines engen Halsbandes und Ohrschmucks.
Zur Linken der Europa und auf der anderen Seite der Weltkugel kniet Asien. Auch diese Figur ist dem Zentrum zugewandt, mit beiden Händen hält sie ein goldenes Räucherfass empor, aus dem zarte Rauchschwaden hochsteigen. Auf ihrem Haupt trägt sie eine turbanartige Kopfbedeckung aus hellgrünem Material, besetzt mit grünen und roten Federn. Unter einem weiten ockerfarbenen Mantel lugen weite weiße Ärmel sowie blaue Beinkleider hervor , an den Füßen trägt sie orientalische Halbstiefel mit niedrigen Absätzen. Die nackten Unterarme werden von dünnen weißen Perlenarmbädern geschmückt, an den Ohren ist goldener Schmuck zu sehen. Als zusätzliches Attribut liegt vor ihr auf dem Boden ein metallener, reich verzierter Streitkolben.
Am äußeren rechten Bildrand ist Amerika zu sehen. In Entsprechung zur gegenüber befindlichen Afrika ist sie im Begriff, sich zur Bildmitte hin zu verbeugen, ihr rechtes Bein ist vorgesetzt und abgewinkelt, der Blick des gebeugten Hauptes ist gegen den Boden gewandt. Auf dem Kopf trägt sie eine Krone aus hellroten und blauen Federn, an den Ohren weißen Schmuck. Diese Farben und dieses Material werden in dem Federschurz wiederholt, den die Figur um die Körpermitte trägt, in den Federringen, die die Oberarme umschließen, und in dem großen Vogel, der auf ihrer linken Schulter sitzt. Die dunklen Haare Amerikas scheinen in Höhe des Halsansatzes gerade abgeschnitten. Um den Körper schlingt sich in tiefen Falten ein blaugraues Tuch.
Links und rechts sind im Hintergrund der Gruppe palmenartige Gewächse zu sehen, die weit ausladend nach oben streben und so das dargestellte Geschehen umschließen.
Bei der Komposition der Verehrung Mariens durch die vier Erdteile handelt es sich um eine durchaus konventionelle Darstellungsweise. Die Muttergottes ist nicht figürlich präsent, sondern ist durch die kunstvoll verschlungene Ligatur des Marienmonogrammes vertreten. Der die Schrift umschließende Kreis wird aus Elementen der Mariensymbolik gebildet, insbesondere die Mondsichel ist ein marianisches Attribut, das auf die Offenbarung des Johannes zurückgeht (Offenbarung 1–12, Johannes). Die zwölf Sterne wiederum stehen für den Tierkreis (Zodiak). Bei der sogenannten Mondsichelmadonna, ein Darstellungstypus, bei dem Maria auf einer Mondsichel steht, sind die zwölf Sterne des Zodiak häufig strahlenkranzförmig über dem Haupt der Madonna angeordnet.[1]
Eine mögliche Deutung dieser Darstellung könnte der Verweis auf die leibliche Himmelfahrt Mariens (assumptio) sein, nach der sie nur mehr „im Wort“ erfahrbar ist. Die paradoxe Vorstellung des physischen Wechsels vom irdischen Dasein in den Himmel findet ihre adäquate Repräsentation im medialen Switch Bild/Text innerhalb des Rahmens bildlicher Komposition.
Die im Hintergrund zur linken und zur rechten Seite der Figurengruppe sichtbaren Palmen oder palmenartigen Gewächse können ebenfalls in Bezug auf die marianische Symbolik gedeutet werden. Zum einen tritt der Palmenwedel in Zusammenhang mit dem Typus der Siegesmadonna, der auch als Mondsichelmadonna erscheint, auf; zum anderen ist das Motiv des Gartens als hortus conclusus oder des Paradiesgartens in der Mariensymbolik fest verankert. Die vier Erdteile im hier vorliegenden Werk hätten demnach eine Entsprechung in den vier Jungfrauen (virgines Capitales), die unter anderem zusammen mit Maria in Paradiesgärtleindarstellungen zu sehen sind. Für diese Deutung spricht auch der Umstand, dass eine der vier Jungfrauen gemeinhin die heilige Margarethe ist. Möglich wäre aber auch der Verweis auf die heilige Margarethe, für die die Palme neben dem Drachen ein gebräuchliches Attribut ist.
[1] Hartmann 1996. Online unter: http://www.beyars.com/kunstlexikon/lexikon_6070.html
HAUPTSCHIFF
- Deckenfresken:
- Martyrium des heiligen Andreas
- Martyrium der heiligen Margaretha
- Mariä Namen, verehrt von den vier Erdteilen
- Medaillons in mittleren Zwickeln, Grisaille:
- links: zwei Männer mit Büchern und Schreibfedern, den Worten eines Engels lauschend
- rechts: Maler mit Leinwand und Pinsel, zwei Personen im Hintergrund
Chor: Geburt Marias
Apsis: Kreuzigungsszene
Die Fresken sind von zahrleichen Rissen durchzogen.
Die ursprüngliche, im Jahr 1174 erstmals erwähnte Kirche von Uttenheim, wurde am 19. Juli 1772 durch Blitzschlag zerstört. Den Quellen ist zu entnehmen, dass sich der Pfarrer von Taufers, Franz Anton von Buol, für den Bau einer neuen Kirche in Uttenheim besonders einsetzte. [1] Uttenheim war Filialkirche der Pfarre Taufers und lag damit im Zuständigkeitsbereich Buols. Der barocke Neubau wurde nicht an derselben Stelle wie die Vorgängerkirche errichtet, sondern etwas abgesetzt auf einem Hang am Südrand des Dorfes. Die Fertigstellung des Baus erfolgte bereits im Jahr 1774, die Weihe erst 1783, am Fest der heiligen Margaretha (20. Juli) durch den Fürstbischof Josef Graf von Spaur.[2]
[1] Prot. Cap. [Kapitel-Protokolle] 1772, f. 141; NT [Niederwäger Chronik Taufers] II, S. 400/403 zitiert nach Innerhofer 1982, 192, FN 13.
[2] Innerhofer 1982, 455.
Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016