Dormitz (PB Imst), Hl. Nikolaus Zitieren
Die Immaculata steht in Verlängerung der zentralen Bildachse unter dem Symbol der Dreifaltigkeit. Neben ihr zwei Putti mit der weißen Lilie als Symbol der Reinheit. Der linke Fuß steht in der Mondsichel, mit dem rechten zertritt sie den Kopf der Schlange, die hier als veritabler Lindwurm dargestellt ist. Darunter ruht ein großer Erdball mit den angedeuteten Umrissen von Landmassen. Ringsum gruppieren sich die Allegorien der vier Erdteile.
Joseph Jais folgt in der Darstellung der Erdteile einer klassischen Komposition. Asien und Europa knien im Vordergrund, hinter ihnen stehen Amerika und Afrika. Europas Hände sind im Gebet gefaltet, ihr Blick ist nach oben gerichtet. Sie trägt reiche Kleidung, zu ihren Füßen in der Bildmitte liegen geistliche und weltliche Herrschaftssymbole: Tiara, Papstkreuz, Zackenkrone.
Europa gegenüber kniet Asien. Auch sie ist reich gekleidet, zur Madonna hochblickend bietet sie mit beiden Händen einen goldenen Streitkolben als Zeichen der Unterwerfung dar. Zu Ihren Füßen liegen ein Turban mit goldenem Halbmondaufsatz und eine rote Mütze mit Agraffe in Form eines Löwenkopfes. Beides sind deutliche Verweise auf den Islam beziehungsweise auf das osmanische Reich.
Afrika und Amerika sind durch dunkle Hautfarbe und üppigen Federschmuck als Vertreterinnen barbarischer Kontinente gekennzeichnet. Amerikas Oberkörper ist nackt, ihre Hautfarbe dunkelbraun, ein Federrock und eine rote Decke bedecken ihre Hüften, Bänder aus Federn und Perlen schmücken auch die Oberarme. Auf dem Kopf sitzt eine Krone, um die ein farbenprächtiger Turban geschlungen ist. Ihre Hand weist nach unten, sie scheint mit ihrem Arm, ja mit dem ganzen Gewicht ihres Oberkörpers die Weltkugel zu stützen, als wollte sie sie davor bewahren, von der mächtigen Schlinge des Schlangenleibes zerdrückt oder verschoben zu werden.
Gegenüber von Amerika, hinter der Allegorie Asiens, ist Afrika zu sehen. Wie Asien ist sie in reiche Gewänder gehüllt, ihre Haut ist fast schwarz, weiße Perlen schmücken die Ohren, den Hals und die Handgelenke. Mit beiden Armen hebt sie ein großes goldenes Räucherfass empor. Ihre Blickachse verläuft nahezu parallel zu der Asiens nach oben zur Immaculata. Ihr Kopfschmuck ist eine Zackenkrone, aus der ein Kranz langer bunter Federn ragt. Eine ähnliche Darstellung findet sich in einem der Zwickel über der Empore. Dort ist Franz Xaver zu sehen, der eben im Begriff steht, einen Heiden zu taufen. Letzterer ist ebenfalls mit sehr dunkler Haut und kurzem, krausem Haar dargestellt, von dem sich der weiße Perlenschmuck der Ohren, des Halses und der Arme scharf abhebt.
Im Ausstattungskontext der Kirche des heiligen Nikolaus dienen die vier Erdteile der Verdeutlichung der Universalität. Letztlich, so die dahinter stehende Vorstellung, wird die ganze Welt die Gottesmutter verherrlichen. Dazu passen auch die Darstellungen des heiligen Isidor und der heiligen Notburga in den Zwickeln beiderseits der Immaculata. Die Anwesenheit dieser populären Heiligen versinnbildlicht die Einbeziehung auch der lokalen Bevölkerung in die Heilsbotschaft. So werden in diesem Ensemble die lokale und die universale Dimension verknüpft.
Deckenfresken, von Westen nach Osten:
EMPORE
- Deckenfresko: Der heilige Nikolaus rettet Adeodatus
- Stichkappen: Franz Xaver (links), heiliger Joseph (rechts)
- Emporenbrüstung: heiliger Florian, heilige Agnes, heiliger Sebastian
LANGHAUS
- Deckenfresko: Maria Imaculata verehrt von den vier Erdteilen
- Stichkappen: Isidor von Madrid (links), Notburga v. Rattenberg (rechts), Johannes der Täufer (links), Johannes der Evangelist (rechts)
- Inschriftenkartusche Chorbogen: OMNIBUS OMNIA MDCCXXVI
CHOR
- Deckenfresko: heiliger Nikolaus als Fürbitter vor Maria
- Medaillons: Apostel Petrus (links), Apostel Paulus (rechts)
Wie in dem von Josef Jais etwa ein Jahr zuvor in SS. Peter und Paul in Weerberg angefertigten Deckenfresko, diente auch hier wohl ein Kupferstich von Gottfried Bernhard Göz als Vorlage. Die Komposition der Figurengruppe um die Weltkugel genauso wie die Ausstattung der Allegorien weist darauf hin. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das charakteristische Detail der Kopfbedeckung Europas mit Schleier und Krönchen, das sich ganz ähnlich auch in einem Stich und einer Zeichnung von Göz findet.
Zuletzt aktualisiert am: 04.12.2015