*Wien (PB Wien), Schloss Laudon, Fresken Zitieren
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Im Zentrum des Freskos befindet sich die Gruppe der Amerika, die sich in einen szenischen Handlungszusammenhang einfügt. An einem Ufer thront eine federbekrönte indianische Fürstin, die von einem Diener mit Papagei auf ihrer Hand begleitet wird. Beigeordnet sind Löwe, Kamel und Elefant. Zu ihrer Linken sitzt am Ufer ein weiterer Indianer, der von großen verschnürten Warenballen, Zuckerrohr und Kakaobohnen umgeben ist; er verhandelt mit mehreren Europäern, die soeben an Land steigen. Hinter ihnen liegen zwei Schiffe in einer Bucht vor Anker. Dem Indianer wird ein Spiegel zum Handel angeboten. Ein weiterer Indianer steht hinter einem Paket, ein ungekrönter Diener trägt im Hintergrund ein Paket an Land. Im Vordergrund sitzt ein kleines dunkles Kind mit einem Korb voller exotischer Früchte.
Durch ein gemaltes, von Vasen flankiertes Steinportal getrennt, befindet sich rechts daneben die Gruppe Europas. Europa selbst ist mit einer prachtvollen Robe bekleidet, trägt eine Krone auf dem Haupt, Perlenschmuck und ein Zepter in ihrer rechten Hand. Rechts befindet sich ein blumengeschmückter Stier mit dem Zeichen des Jupiter zwischen seinen Hörnern. Darüber sieht man einen Tisch mit zwei Kronen. Außerdem befinden sich neben der Darstellung der Europa ein Staatsmann mit Buch und versiegeltem Brief sowie ein Offizier mit österreichischer Fahne, der mit einem Degen auf eine Landkarte unter einem Himmelsglobus weist. Diese zeigt die Inschrift „Pars Poloniae“. Daneben befinden sich eine Farbpalette mit der Signatur „J. Bergl pinx“, eine Trommel und eine Kanone. Ergänzt wird die Szene durch einen Pfau und einen leuchtenden Tempel im Hintergrund.
Auf der Raumseite gegenüber der Amerikagruppe thront links Asia mit orientalischem Kopfschmuck unter einem zeltartigen Baldachin. Zu ihrer Seite: vier Personen, welche die Vielfalt und Exotik des Kontinents darstellen. Eine Person in chinesischer Tracht hält ein Porzellangefäß, neben ihr befinden sich Tücher und eine geöffnete Schmuckschatulle.
Weiter rechts befindet sich eine dunkelhäutige Afrika mit Pfeil und Bogen sowie halbbedecktem Oberkörper. Ein Diener mit Zepter führt ein Zebra heran. Zu ihren Füßen liegt eine offene Schmucktruhe, Pakete, ein Sack, Granatäpfel und Muscheln. In einer Raumecke befindet sich ein Nashorn.
Drei der fünf Eingangstüren sind als Steinportale verziert, darüber befindet sich jeweils ein grau-schwarzes Wappen mit blauem Schrägbalken und drei silbernen Rosen. Die zwei weiteren Zugänge, zwischen Afrika und Asia und links neben Amerika, bestanden in Schloss Donaudorf noch nicht. Über dem heutigen Hauptzugang zwischen Afrika und Asia wurde jedoch eine zeltartige Verzierung angebracht.
Auf den beiden Schmalseiten des Raumes zwischen den Fenstern befinden sich Flamingos, Pelikane, Schwäne, Kraniche, Fische und ein Nashorn sowie exotische Pflanzen und Früchte.
Das Thema wird ganz in Sinn und Auffassung des Barock dargestellt. Im Exotischen soll das Abbild einer besseren Welt wahrgenommen werden.[1] Das beherrschende Element der Ausstattung sind exotische Details, die vor allem im Vordergrund dargestellt werden. Selbst in der Gruppe der Europa sind exotische Gewächse zu erkennen. Hohe Vegetation in den Ecken des Raumes lassen den Betrachter in eine Dschungelwelt eintauchen. Eine Stimmung, die am ursprünglichen Anbringungsort Schloss Donaudorf noch eindrucksvoller gewesen sein musste.
Neben dem Exotischen stehen Attribute des Handels im Vordergrund des Freskos. Die im Zentrum befindliche Gruppe zeigt Tauschgeschäfte zwischen Indianern und Europäern. Ein Indianer nimmt einen Spiegel entgegen. Spiegel wurden im 18. Jahrhundert bis nach Südamerika oder Indien exportiert und stellen ein hochwertiges europäisches Handelsgut dar. Europa begegnet durch den Handel der Neuen Welt auf friedliche Art und Weise. Auch in den anderen Gruppen werden Tauschgegenstände wie Porzellan, Schmuck oder Früchte dargestellt. Beigelegte Pakete unterstreichen die Bedeutung als Handelsgut. Die nichteuropäischen Kontinente sind somit Ursprung der exotischen Handelsgüter.
In der Europagruppe lassen sich einige Bezüge zur zeitgenössischen Politik erkennen. Die Europaallegorie in typischer Herrscherpose hat starken Bezug zu Maria Theresia, die zur Entstehungszeit Oberhaupt Österreichs war. Ähnlichkeit hat die Gruppe mit einer Darstellung im Gartenpavillion von Stift Melk. Zwar ist die Europallegorie dort ikonografisch stärker an Maria Theresia Porträts angelehnt, doch auch hier verbindet sich die antike Sicht des beginnenden Goldenen Zeitalters mit der Ankunft der Stammmutter Europas an den Gestaden Kretas mit der Herrschaft Maria Theresias.[2]
Neben Europa liegen zwei Kronen, wovon eine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Reichskrone darstellt. Die Reichskrone steht für die Kaiserwürde im Heiligen Römischen Reich. Sie ging infolge des Todes Karls VI. verloren, und die Herrschaft über die österreichischen Erblande war durch die Nichtanerkennung der Pragmatischen Sanktion umkämpft. Erst im Zuge des Österreichischen Erbfolgekriegs (1740–1748) konnten die Ansprüche an Kaiserwürde und Erblande durchgesetzt werden. Die Pragmatische Sanktion selbst wird wohl in Form eines versiegelten Briefes von einem Staatsmann vorgezeigt. Unterhalb der Europaallegorie sehen wir eine Degenspitze auf einer Landkarte mit der Inschrift „Pars Poloniae“. Diese Darstellung verweist auf die erste Teilung Polens im Jahr 1772 zwischen Österreich, Preußen und Russland. Dieser Geschichtsbezug ist besonders im Hinblick auf die Datierung des Freskos wichtig.
Über den ursprünglich einzigen drei Eingängen befindet sich je ein silbernes Wappen mit drei silbernen fünfblättrigen Rosen auf blauem Schrägbalken. Die silberne Farbe ist heute zu einer grau-schwarzen Farbe oxidiert, jedoch handelt es sich dabei sehr wahrscheinlich um das Wappen des Domkapitels von Saint-Dié, das noch heute das Wappen der französischen Gemeinde Fraize ist. Bis zu seinem Tod 1520 in Saint-Dié war dort Martin Waldseemüller tätig. Er fertigte 1507 die berühmte Weltkarte, auf der die „Neue Welt“ als eigener Kontinent mit dem Namen Amerika dargestellt wird. Alle drei Wappendarstellungen haben unterschiedliche Umschriften, die jedoch noch nicht identifiziert werden konnten. Die Wappen heben die Stellung Amerikas hervor, könnten jedoch auch auf die Herkunft der Familie Kletzl-Altenach westlich des Rheins hinweisen.
[1] Otto 1964, 110.
[2] Vgl. Romberg 2009 „Melk“.
Längsseite (Nordosten): links Amerika, rechts Europa
Längsseite (Südwesten): links Asien, rechts Afrika
Der ursprüngliche Anbringungsort der Fresken von Schloss Donaudorf existiert heute nicht mehr. Es wurde anlässlich der Errichtung des Donaukraftwerks Ybbs-Persenbeug überflutet. Die Fresken wurden davor 1955 im sogenannten Distacco-Verfahren[1] abgenommen und 1963/64[2] in Schloss Laudon in Hadersdorf neu angebracht. Da der neue Anbringungsort an beiden Seitenfronten Fenster hat, während der Saal in Donaudorf nur eine Fensterfront an der Längsseite hatte, mussten die beiden Darstellungen, die ursprünglich an den Schmalseiten lagen, an einer Längswand angebracht werden. Außerdem waren Veränderungen bezüglich der Raumhöhe und der Lage der Türen erforderlich.[3]
Ursprünglich waren die szenischen Darstellungen an drei Wänden des Saales in der Reihenfolge Asien, Amerika, Europa und Afrika angebracht. An der vierten Wand befanden sich Fenster. Die Flächen dazwischen waren mit exotischer Vegetation ausgestattet. Die heutige Anbringung begrenzt sich auf zwei gegenüberliegende Wände. An der Eingangsseite befindet sich Asien und Afrika, gegenüber Europa und Amerika. Einzelne Nebenfiguren sind von ihrer Hauptgruppe getrennt, jedoch in eine Landschaft eingegliedert.
1983 wurden das Bergl Fresko in Teilen ergänzt.[4]
Es gab Schwarz-Weiß-Fotos der Fresken im Festsaal von Schloss Donaudorf, die jedoch vernichtet wurden. Scans dieser Fotos sind im Stadtarchiv Ybbs vorhanden.[5]
[1] Scheiblauer 2011, 21
[2] Otto 1964, 106; Blausteiner 1966, 120.
[3] Scheiblauer 2011, 21
[4] Dehio Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk 1996, 298.
[5] Publiziert wurden diese Abbildungen auch in Kratzer 2011, 16–21.
Eine genaue Datierung ist leider nicht möglich. Durch die Betonung der Teilung Polens in der Europagruppe ist die Datierung um 1773 wahrscheinlich.
Zuletzt aktualisiert am: 20.06.2016