Augsburg (Augsburg), Palais Liebert (heute Schaezler Palais) Zitieren
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Auszug aus der Diplomarbeit von Marion Romberg Die Welt in Österreich – 57 Beispiele barocker Erdteilallegorien“ (Wien 2008):
Ein anderes Beispiel des repräsentativen Ausstattungskontextes ist das Fresko Gregorio Guglielmis[1] (1714–1773) im Palais Liebert[2] in Augsburg. Auftraggeber war der Bankier und Kaufmann Baron Benedikt Adam Liebert von Lieberthofen (1731–1810). Durch dessen Nobilitierung 1763 wurde er Mitglied des Augsburger Patriziats.[3] 1765 erwarb er daraufhin das alte Stetten-Palais, das er abreißen ließ. Nicht einheimische Architekten und Künstler engagierte Liebert, sondern den Münchner Architekten Karl Albrecht von Lespilliez (1723–1797) und eben den italienischen „Star“-Freskanten Gregorio Guglielmi, um sich und seinem neuen Palais den notwendigen Glanz und das notwendige Image zu geben. So schreibt der Bauherr voller Stolz in sein Tagebuch:
„Der Plafond von der Hauptstiege und Saal wurde von dem berühmten römischen Künstler Gregorius Guglielmi gemalt, welcher an den größten Höfen in Deutschland gearbeitet hatte, um eine Arbeit von ihm der Welt zu hinterlassen, die ohne Einrede eines anderen Bau- und Malereiverständigen von ihm allein verfertigt worden ist […].“[4]
Zwischen 1766 und 1767 vollendete Guglielmi das Deckenfresko im Festsaal des Palais.[5] Thema war die persönliche Fama des Auftraggebers. Im Mittelpunkt ist Europa und gleich daneben der Gott Chronos dargestellt. Symbolisch trennt Letzterer Europa von ihren Attributen des Krieges, die wiederum als Verweis auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kampf der Familie Liebert gedeutet werden kann. Für den überseeischen Handelserfolg der Familie steht Merkur, der Gott des Handels. Dieser eilt mit einem Füllhorn voller Münzen zu den Erdteilen Asien und Afrika. Ein Schiff, das das Wappen der Medici als Hinweis auf die Heimat Amerigo Vespuccis führt, verweist auf den Seehandel mit Amerika.[6]
Der repräsentative Ausstattungskontext steht folglich meist für den sozialen, militärischen und/oder wirtschaftlichen Erfolg und Ruhm des Auftraggebers, sei er auf persönliche Taten des Auftraggebers oder auf die seiner Vorfahren zurückzuführen. Ausschlaggebend sind die Identifikation des Auftraggebers mit diesen und die gewollte Projektion dieser auf ihn durch den Betrachter. In diesem Anspruch überschneiden sich repräsentativer und imperialer Ausstattungskontext. Der Unterschied liegt in der Art der Programme sowie der Stellung des Auftraggebers.[7]
[1] Gregorio Guglielmi war auch der ausführende Maler des großen Deckenfreskos im Festsaal der Neuen Aula der Alten Universität (heute: ÖAW in Wien). Ebenso stammt von ihm das Fresko im Palazzo Reale in Turin. In allen hat er Erdteilallegorien gemalt, jedoch anders als in Turin und Augsburg ist das Wiener Fresko dem imperialen Typus zuzuordnen und ist mit 1755 das am frühesten datierte von den dreien. Für einen ausführlichen Überblick über das Œuvre Guglielmis siehe Langen 1994.
[2] Heute bekannt unter den Namen Schaezler-Palais. Es ging durch die Ehe der Tochter Lieberts Marianna Barbara mit dem Bankier Johann Lorenz von Schaezler (1762–1826) in dessen Besitz über. Vgl. Kommer 2003, 170, Anm. 24.
[3] Vgl. Langen 1994, 228.
[4] Autobiografische Notizen, Schaezler-Privatarchiv, Schaezler-Palais Ausgburg, zitiert nach: Langen 1994, 230.
[5] In der Albertina in Wien existiert eine Entwurfsskizze (Inv. Nr. 23.606). Eingeweiht wurde der Festsaal erst drei Jahre später am 28. April 1770 anlässlich eines Balles zu Ehren der Erzherzogin Maria Antonia (1755–1793). Augsburg zählte zu einer ihrer Zwischenstationen auf ihrer Reise an den französischen Hof und ihrer Hochzeit in Versailles am 16. Mai 1770. Vgl. Kommer 2003, 166, Anm. 21.
[6] Vgl. Garas 1963, 287f.; Poeschel 1985, 237 und Langen 1994, 235–237.
[7] Vgl. Poeschel 1985, 238.
Mittelbild (Decke): Allegorie auf die weltumspannende Macht des Handels
Supraportenbilder (Wand): Tiere der vier Kontinente
In der Albertina in Wien existiert eine Entwurfsskizze (Inv. Nr. 23.606). Guglielmi hat die Erdteile in ähnlicher Weise bereits zwei Jahre zuvor in den Apartamento d’Estate des Palazzo Turin 1765 ausgeführt. Für eine Abbildung siehe Roettgen Wandmalerei 2007, Tafel 151.
Zuletzt aktualisiert am: 06.05.2016