Bernbeuren (Weilheim-Schongau), St. Nikolaus Zitieren
Von West nach Ost:
ORGELEMPORE
Inschriftenkartusche: Anno MDCCXXIII Erbauet unter der Regierung Ihro Durchlaucht Alexander Siegmund Bischof zu Augsburg der Zeit Pfarrer H. Joh. Konrad Fischer und Richter Joh. Georg Kösl
ORGELEMPORENBRÜSTUNG (Josef Albrechtskirchinger, 1936)
- oben:
- Inschrift: Kelten bis 15. v. Chr.
- Inschrift: Römer bis 5. Jahrh.
- Inschrift: Alemannensieg 5. Jahrh.
- Inschrift: Christianisierung 8. Jahrh.
- Inschrift: Einverleibung ins Hochstift Augsburg 18. Jahrh.
- unten:
- Inschrift: Im Schwedenkrieg kam schwere Not erbrachte Hunger Pest und Tod 1632/34 u. 1647/48
- Inschrift: In einer stürmischen Juninacht ward Dorf und Kirch zu Schutt gemacht 1720.
- Inschrift: Nach Jahren drei, in kurzer Frist. Dies Gotteshaus entsanden ist. 1723.
- Inschrift: Vom Turm der Kirch hallt fres Geläut Als Augsburgs Bischof sie geweiht 1723
LANGHAUS (Maler: Johann Heel, 1723):
- nördliche Seitenbilder: Magnificat
- Maria nährt Jesu – Spruchband: ESURIENTES IMPLEVIT BONIS ET DIVITES DIMISIT INANES Luc C.I.V. 53
- Maria mit Kind und Kreuz – Spruchband: FECIT POTENTIAM IN BRACHIO SUO DISPERSIT SUPERBOS MENTE CORDIS SUI. Luc C.I.V. 51
- Maria mit dem ligierten Jesus-Marienmonogramm IMRS auf der Brust – Spruchband: FECIT MIHI MAGNA QUI POTENS EST ET SANCTUM NOMEN EIUS. Luc. C.I.V. 49
- Maria mit der Heilig-Geist-Taube – Spruchband: EXULTAVIT SPIRITUS MEUS IN DEO SALUTARI MEO Luc C.I.V. 47
- Mittelbilder:
- Inschriftenkartusche: SUSCEPIT ISRAEL – PUERUM – SUUM RECORDATUS MISERICORDIAE – SUAE Luc C.I.V. 54.
- Tempelgang Mariens
- Himmelfahrt Mariens (Signatur)
- Immaculata Conceptio
- Heilig-Geist-Loch und Inschriftenkartusche: MAGNIFICAT – ANIMA MEA – DOMINUM Luc. C.I.V.54.
- Seitenbilder: Magnificat
- Maria mit aufgehender Sonne auf der Brust zeigt auf zwei Bilder der Geburt und der Kreuzigung Christi – Spruchband: SICUT LOCUTUS EST AD PATRES NOSTROS ABRAHAM ET SEMINI EIUS IN SAECULA Luc C. I. V. 33
- Maria in Demutshaltung – Spruchband: DEPOSUIT POTENTES DE SEDE ET EXALTAVIT HUMILES Luc C.I. V. 52
- Maria mit Kind auf dem Schoß – Spruchband: MISERICORDIA EIUS A PROGENIE IN PRO GENIES TIMENTIBUS EUM Luc C.I.V. 50
- Maria mit dem strahlenden Herzen Christi vor der Brust – Spruchband: RESPEXIT HUMILITATEM EMANCILLAE SUA ECCE ENIM HOC BEATAM ME DICENT OMNES GENERATIONES Luc C.I.V. 48
CHORBOGEN
Wappen des Augsburger Bischofs Alexander Sigmund von Neuburg (reg. 1690–1737)
CHOR
- Mittelbilder (Maler: Franz Xaver Bernhardt, 1775):
- Der heilige Nikolaus und die drei unschuldigen Ritter mit zwei Chronogrammen: sVb CVra DoMInI IosephI bVrCkat pLebanI bernbVrg | D.O.M. SVB DIVI nICoLal epIsCopI MIIrenIs honorIbVs. (= 1775)
- Verherrlichung der Eucharistie durch die vier Erdteile (Signatur)
- Seitenbilder: Die vier Kirchenväter (Maler: Mang Anton Schropp, 1723)
1860–1864 Innenrenovierung
1939 Innenrenovierung:
- Chor: Erneuerung von zwei der vier Kirchenväter – Heilige Augustinus und Hieronymus – in der Pendentifzone durch den Maler Kutruff
- Langhaus: Veränderung des farblichen Raumeindrucks durch Übermalungen
1979 Außenrenovierung
1991–1993 Innenrenovierung
Im Pfarrarchiv hat sich eine Entwurfskizze in Öl auf Leinwand (73,5 x 58 cm) zum Fresko „Der heilige Nikolaus und die drei unschuldigen Ritter“ im „Vorraum“ zur Apsis erhalten.
Dem Künstler Franz Xaver Bernhardt dienten als Vorlage zu seinem Erdteilfresko einzelne Gruppen aus dem vielfigurigen Vierungsfresko Franz Anton Zeillers in der Klosterkirche von Ottobeuren, gemalt 1756, wobei er nicht stets den Protagonist der Erdteilgruppen verwendete, sondern Figuren aus dem Gefolge zu „seinem“ Vertreter des Erdteils heranzog (etwa Asien):
- Europa – Europa mit Pagen http://ea.r-g.io/ottobeuren-unterallgaeu-st-theodor-und-alexander-freske...
- Asia – http://ea.r-g.io/ottobeuren-unterallgaeu-st-theodor-und-alexander-freske...
- Afrika – http://ea.r-g.io/ottobeuren-unterallgaeu-st-theodor-und-alexander-freske...
- Amerika – Rückkenfigur in Begleitung von zwei weiteren Figuren – http://ea.r-g.io/ottobeuren-unterallgaeu-st-theodor-und-alexander-fresken/ottobeuren-unterallgaeu-kirche-fresken-21
Auszug aus der Dissertation von Marion Romberg „Die Welt im Dienst der Konfessionen. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“ (219–221):
Am 1. Juni 1720 ereilte das Dorf ein verheerender Brand: Ein Bild auf der Orgelemporenbrüstung erinnert an die Feuersbrunst und den Wiederaufbau. Nahezu das gesamte Dorf inklusive des Pfarrhofes, der Pfarrkirche und der auf dem Friedhof daneben stehenden Wallfahrtskapelle Mariä Heimsuchung wurden Opfer der Flammen. In der Folgezeit bauten die Bernbeurer ihr Dorf und ihre Kirche wieder auf. In dieser Zeit diente die notdürftig wiederhergerichtete Kapelle als Notkirche.
Der Wiederaufbau forderte von der Pfarrei viel; das Kirchenvermögen reichte nicht aus. So gerieten die Bauarbeiten bereits ein Jahr nach Baubeginn ins Stocken. Erst das Darlehen vonseiten der Augsburger Hofkammer in Höhe von 550 fl. aus den Einnahmen des Propstamtes Füssen sowie weitere Anleihen von anderen Pfarreien (Lindenberg 500 fl; St. Stephan in Rettenberg 250 fl.; verschiedene Kirchen der Pflege Buchloe 300 fl. etc.[1]) ermöglichten eine Fortführung. Außerdem stellten auch Privatmänner weitere Darlehen zur Verfügung, so beispielsweise der Pflegverwalter Georg Knappich 1.400 fl. oder der aus Bernbeuren stammende hochfürstliche bischöfliche Kammerdiener Benedikt Böld 1.500 fl.[2]
Als Baumeister wurde der junge Johann Georg Fischer engagiert, der sein Können bereits durch den Bau der Innsbrucker Pfarrkirche St. Jakob bewiesen hatte.[3] Für die Ausstattung wurden die Stuckateure Balthasar Suiter und Johann Georg Vogel sowie die Maler Johann Heel und Mang Anton Schropp berufen. Eine Inschrift über der Orgel erinnert an die Erbauer:
„Anno MDCCXXII Erbauet unter der Regierung Ihro Durchlaucht Alexander Siegmund [Sigismund], Bischof von Augsburg, der Zeit [ist] Pfarrer H. Johann Konrad Fischer und [ist] Richter Johann Georg Kösl“[4]
Für die Ausmalung, die vor der Kirchweihe 1725 vonstattenging, soll die marianische Bruderschaft aufgekommen sein.[5] Die Vermutung äußerten die Autoren des Corpus der barocken Deckenmalerei, da nicht dem Kirchenpatron, sondern Maria, der Bruderschaftspatronin, im Ausstattungsprogramm gehuldigt wird. Ein Nachweis über die Baurechnungen des Neubaus der Pfarrkirche ist bislang nicht möglich gewesen, da diese nicht auffindbar sind.[6] Dem Kirchenpatron wird erst innerhalb der zweiten Ausstattungsphase in den 1770er-Jahren gehuldigt. Hier benennt folgender Eintrag in einer der Heiligenrechnungen im Pfarrarchiv für das Jahr 1776 den Ursprung der Gelder: die Bruderschaftskassa:
„Wegen dem Krist für den Mahler so im Chor die Histori des H. Kürchen Patrons und andere mehrers renoviert, und von bruderschafftsmitteln bezalt worden ….“[7]
Weder die Bruderschaft noch der Künstler werden namentlich ausgewiesen. Der ungenannte Künstler, bei dem es sich um Franz Xaver Bernhardt handelte, malte 1775 den Chor im Auftrag des Pfarrers Franz Joseph Burckhart aus.
Der Chor umfasst zwei Fresken: eine „Histori“ aus dem Leben des heiligen Nikolaus, die sogenannte Stratelatenlegende, und in der Apsis die Verehrung der Eucharistie durch die vier Erdteile. Die Themenwahl der Apsiskalotte lässt ein Engagement der Corpus-Christi-Bruderschaft vermuten. Das Thema wurde gemeinsam mit dem amtierenden Pfarrer Burckhart bestimmt, der sich seine Auftraggeberschaft in einer Inschriftenkartusche unterhalb des Nikolausbildes verewigen ließ:
„sVb CVra DoMInI IosephI bVrCkat pLebanI bernbVrg | D.O.M. SVB DIVI nICoLal epIsCopI MIIrenIs honorIbVs. [= 1775]“
Weshalb der Chor bis auf die Pendentiffresken mit der Darstellung der vier Kirchenväter, für die der einheimische Maler Mang Anton Schropp 11 fl. erhalten hatte, nicht bereits 1724 ebenfalls ausgemalt wurde, bleibt in der Forschung ungeklärt. Traute man Schropp die Hauptfresken nicht zu? Warum hatte man sie nicht auch Johann Heel übertragen? Reichten die finanziellen Mittel nicht mehr aus? Vermutlich war es Letzteres, da zum einen der Neubau der Kapelle noch anstand sowie zum anderen die Neuausstattung der Kirche mit Altären und Kanzel erst ein Jahrzehnt später unter dem seit 1730 neuen Pfarrer Joseph Herz erfolgte.[8] Die Nebenaltäre wurden als Bruderschaftsaltäre von der Rosenkranz- und der Nothelferbruderschaft gestiftet.[9] Die Corpus-Christi-Bruderschaft nutzte für ihre Bruderschaftsgottesdienste den Hochaltar im Chor, den Aufbewahrungsort des allerheiligsten Altarsakramentes. Die Themenwahl „Verherrlichung der Eucharistie“ im Apsisfresko nimmt auf beiderlei Funktionen Bezug.
[1] Insgesamt wurden auf diesen Weg 4.000 fl. gesammelt. Vgl. Schwarzhuber Bernbeuren 1995, 179.
[2] Vgl. ebd.
[3] Es handelt sich hierbei zwar nur um eine Zuschreibung, da die Baurechnungen fehlen, allerdings untermauern sowohl die Stilistik als auch die Erwähnung eines Baumeisters Fischers im Rahmen eines Prozesses diese Vermutung. Vgl. ebd., 178.
[4] Zitiert nach: ebd., 179.
[5] Vgl. CdbM 1/1976, 381; Schwarzhuber Bernbeuren 1995, 166 und 180; KF Bernbeuren 1997, 6.
[6] Vgl. CdbM 1/1976, 384; KF Bernbeuren 1997, 4.
[7] Heiligenrechnung aus dem Jahr 1776/77, Pfarrarchiv Bernbeuren.
[8] Anlässlich der Einweihung wurde gar eine Notkanzel bestellt. Vgl. KF Bernbeuren 1997, 7; KF Bernbeuren 2007, 10.
[9] Vgl. KF Bernbeuren 1997, 8; KF Bernbeuren 2007, 13.
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Zuletzt aktualisiert am: 20.05.2016