Prittriching (Landsberg am Lech), SS. Peter und Paul Zitieren
In einem Kirchenraum mit Kasettendecke sitzt die Personifikation des Glaubens beziehungsweise der Ecclesia im Zentrum. Ihr Thron ist mit den Symbolen der vier Evangelisten geschmückt. Es umgeben sie unmittelbar ihre zwei „Schwestern“ Liebe und Hoffnung und die Apostelfürsten und Kirchenpatronen. Sie überreicht dem heiligen Petrus die Schlüssel.
Auf den Stufen zu ihrem Thron haben sich die Erdteile in Begleitung ihrer Tiere um eine Weltkugel versammelt: links Europa (Pferd) und Afrika; rechts Asien (Elefant) und Amerika (Krokodil). Sie fungieren gemeinsam mit dem heiligen Paulus als Zeugen der Übergabe der Schlüssel an den heiligen Petrus durch die Personifikation der Ecclesia. Hierdurch gilt ihre Huldigung nicht primär dem heiligen Petrus, sondern seines göttlichen Auftrags – „Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18) – , sprich der Kirche an sich. Ihr Sieg über die Sünde wird rechts im Bild durch den Kampf des Erzengels Michaels gegen die Dämonen veranschaulicht.
Von West nach Ost:
ORGELEMPORE
- oben:
- die Predigt des heiligen Petrus im Anschluss an das Pfingstfest (Apg 2)
- der wunderbare Fischzug (Luk 5, 3–10)
- die Heilung des Lahmen durch den heiligen Petrus in Anwesenheit des heiligen Johannes (Apg 3)
- unten:
- Predigt des heiligen Paulus auf dem Areopag in Athen oder in Damaskus
- der Sturz Saulus bzw. Bekehrung desselbigen
- die Überwältigung des Zauberers Elymas (Apg 13, 4–13)
LANGHAUS
- nördliche Seitenbilder:
- Fortitudo – Inschrift: GAUDEO IN PASSIO NIBUS CoLoss C. I V. 24. - Untertitel: IN FORTITUDINE.
- Justitia – Inschrift: WISI IN D IUSTITIAE QUAE | IUSTITIA QUAE EST EXFU - Untertitel: IN IUSTITIAE
- Mittelbild: Martyrium der Kirchenpatrone Heiligen Petrus und Paulus [Signatur]
- südliche Seitenbilder:
- Temperantia – Inschrift: ABSTINERE VOS A DESIDERIIS I PET. Z – Untertitel: IN ABSTINENTIA CR. C. 1: V. G.
- Prudentia – Inschrift: VT PRUDENTIAM DOCEANT TiT IZ V 4
CHORBOGEN
MagnI DeI ECCLesIa [=1753]
CHOR
- nördliche Wand: Maria [erneuert 1883]
- nördliche Seitenbilder:
- Obelisk – Inschrift: UNDIQUE FIRMA
- die Furcht – Untertitel: IN TIMORE
- Palmen in Landschaft – Inschrift: INCLINATA RESURGIT
- Mittelbild: Verherrlichung der Ecclesia und der Schlüsselübergabe an den Apostelfürsten Petrus durch die vier Erdteile
- südliche Seitenbilder:
- Fels im Wasser – Inschrift: FORTIOR AESTATE
- die Liebe – Untertitel: IN AMORE
- aufrechtstehender und gebrochener Baum – Inschrift: INTACTA TRIUMPHAT
- südliche Wand: heiliger Josef [1883]
1853 wurden die Übertünchung der Fresken sowie die Veränderung der Chorbogeninschrift veranlasst. Zeitgleich wurden auch alle Altarblätter durch Arbeiten von Ferdinand Wagner ersetzt. Erst knapp 60 Jahre später, 1910 bis 1912, wurde durch Kögl der ursprüngliche Ausstattungszustand wiederhergestellt. Weitere Restaurierungen fanden 1933 (E. Vogt), 1964, 1991 bis 1993 (Außen) und die letzte Innenrenovierung 2001 bis 2004 statt.
Der Autor des Prittrichinger Bildprogramms ist zwar nicht belegt, aber mit großer Sicherheit stammt dieses Konzept aus der Feder von Pfarrer Sporer, der seit Herbst 1750 der Kirchengemeinde in Prittriching vorstand. Dieser hatte sich nachweislich 1758 „Gedanckhen zu der frescoarbeith“[1] in der Pfarrkirche St. Martin in Schwabmühlhausen gemacht.
[1] Zitiert nach: Dasser 1970, 172.
Während die Vorlagen für die Embleme aus zwei Emblembüchern stammen:[1]:
- Jakob Bosch, Symbolographia sive de arte Symbolica … Augsburg 1701,
- J. Zoller, Conceptus Chronographicus de Concepta Sacra Deipara etc., Augsburg 1712
stehen seine Erdteile in der Tradition der Stiche von Gottfried Bernhard Göz. In der Gestaltung des Langhausprogramms – das vier Szenen in einem Spiegel zeigt (sog. Diagonalkomposition) – orientierte sich Anwander hauptsächlich an Werken von Matthäus Günther. Dieser hatte Asams ersten Vorstoß einer Komposition, die mehrere Betrachterstandpunkte benötigt, um in ihrer Gesamtheit betrachtet werden zu können, sukzessiv über Rottenbuch (1742) und Brixen zu der Amorbacher Diagonalkomposition weiterentwickelt. [2]
[1]Vgl. Cornelia Kemp 1981, 278.
[2]Vgl. Merk Anwander 1982, 27f.
Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016