Aislingen (Dillingen a. D.), St. Georg Zitieren
In einem ovalen Bildfeld haben sich die Vertreter der Erdteile in Begleitung ihrer Tierattribute zur Verherrlichung des Allerheiligsten Altarsakrament versammelt. Inmitten von Wolken und umgeben von einer Engelschar erstrahlt die Hostie in einer goldenen Monstranz. Auf Erden haben von links nach rechts Europa, Afrika, Amerika und Asien ihren Blick auf diese Himmelserscheinung erhoben.
Europa wird durch den Papst vertreten. Dieser ist in einer weißen Soutane mit goldfarbiger Kasel gekleidet. Auf dem Kopf das Symbol seiner geistlichen Macht, die Tiara. Schräg hinter ihm in Frontalansicht am linken Bildrand steht ein Pferd.
Die Personifikation Afrikas kniet hinter der Europas in der Bildmitte. Er trägt ein wallendes violettes Gewand und ist von schwarzer Hautfarbe. Ein Goldreif mit Federn an der Stirnseite und Perlenohringen schmücken seinen Kopf. Auf dem Zeigefinger seiner rechten Hand sitzt ein Papagei.
Vis-à-vis von ihm betet die einzige weibliche Allegorie Asia. Ihre Hände sind zum Gebet gefaltet. Weder ihre Physiognomie (hellhäutig, blondes Haar) noch ihre Kleidung (weites grünrotes Gewand, Perlenschnüre im Haar) weisen sie als Repräsentantin Asiens aus. Lediglich die Vierzahl sowie das Kamel an ihrer Seite lassen eine solche Identifizierung zu.
Fast knabenhaft präsentiert sich Amerika. Von kleinem Wuchs kniet er in gleicher Haltung wie Asia. Sein rotbrauner Teint kontrastiert die bunte Farbigkeit seiner Kleidung (blau, grün, orange, gelb) und lässt die mit Edelstein besetzten Goldreifen am Hals und auf dem Kopf erstrahlen. Ein Elefant, dessen Kopf nur zu sehen ist, begleitet ihn.
Die Darstellung gehört zu einer der häufigsten Kombinationen (siehe hierzu Glossarbegriff „Eucharistie (Huldigungstypus)“. Der Künstler unterscheidet keine ethnografischen Merkmale. Besonders deutlich wird dies bei der Personifikation Asiens, die lediglich an ihrem Tier, ein Kamel, sowie über die Abgrenzung zu den anderen Erdteilen als solche zu erkennen ist (vgl. zur Asia in Schechingen). In Physiognomie und Kleidung könnte sie auch Europa darstellen, allerdings ist diese durch das geistliche Oberhaupt der Kirche, den Papst vertreten. Dies wiederum findet sich nicht häufig, da Europa meist sowohl die geistliche als auch die weltliche Herrschaft repräsentiert. Der vorliegende Fall eines Primats des Papstes könnte etwas mit dem Patronatsherren, dem Fürstbischof von Augsburg, zu tun haben, der seine Sommerresidenz in Aislingen hatte. Die anderen beiden Erdteile sind ebenfalls nicht eindeutig, da Wolcker die gängigen Tierattribute vertauscht. Es ist ein Merkmal der Erdteile des 18. Jahrhunderts, insbesondere der „letzten“ beiden Kontinente, dass die Attribute willkürlich zugeordnet werden.
von West nach Ost:
LANGHAUS:
nördliche Seitenbilder
- Türkenschwert mit Rosenkranz – Betten und zugleich dreinschlage | aus dem Feld den Feind kann jagen
- Rosenkranzspende an den heiligen Dominikus – Las uns nit aus deiner Hand | so wir sein in Gottes hand
- sieben Tiere die sieben Todsünden symbolisierend – Ohne unter | shid der Sünden | alle bey dir gnad thuen | fünden
- Fürbitte an Maria in Seenot – Niemand | ist der hilft begehrt | den Maria nit erhört.
- Flug dreier Adler zur Sonne – Die getreue(n) diener dein | führst mit Dir in himmel | ein.
- Esther in Begleitung einer Dienerin bittet König Ahasverus um Gnade für Israel (Est 2, 1–18) – Ester das Volkh | erhält bey Leben | Maria hats uns wider geben.
Mittelbilder:
- Maria mit Kind vor Gottvater
- Arche Noah – Nulla Salus extra
- Maria als Fürbitterin für den heiligen Dominikus vor dem zürnenden Christus (Pestpfeile)
- Waage, auf der einen Seite Kriegsgeräte und auf der anderen tieferen Seite Rosenkränze
- die Seeschlacht von Lepanto 1571
- Hieliger-Geist-Loch
- Unter dem Schutz Mariens (Schutzmantelmadonna) – unter deinem Mantel fahren | ist entrinnen alle g’fahren ANNO MDCCXXXVII
südliche Seitenbilder
- ein heller Stern leuchtet einem Schiff in Seenot – Gern Mariä gnadenhand | hilft zu wasser und zu land
- bittende Pilger vor Maria – Waß im Him | mel was auff Erden | zu deim Lob vereinbahrt werden
- Waldkapelle mit Gläubige – Ohn Maria | anzuflehet | umb und umb zugrun(d) | als gehet.
- Vertreibung und Vernichtung der sieben Todsünden im Zeichen Mariens – Wan dich | Bestreitten alle | Sünden | dich unüberwindlich finden.
- Gebirgslandschaft mit Kirche und See von der Sonne beschienen – Allen alles ist die Son | allen alles ist dein Thron
- eine Frau aus Tekoa erfleht von König David Gnade für den Königssohn Absalom (2 Sam 14, 4) – Wie Thecuit | dem Absalon | Maria unß erhalt pardon.
CHOR:
Mittelbilder:
- Hl. Georg
- Verherrlichung der Eucharistie durch die Vier Erdteile
- Hll. Sebastian und Leonhard
Stichkappen:
- Mannaregen – Caelesti origo | ecce panis angelorum – Juvenes et Virgines senes cum iunioribus laudent Nomen Dominus (ni) Ps. 148 (v. 12)
- Nachwuchsfütterung eines Vogels – Pascit Amore | Vere Panis Filiorum – Laudate eum in Tympano et choro laudate eum in chordis et organo Ps. 150 V. 4
- Isaaks Opferung – Volente deo | in Figuris Praesignatur – Benedicite. omnia opera Domini Domino laudate (ex superexaltate) eum in saecula Dan. 3 (V. 57)
- Hand mit Schwert und Feuer – Ad Utrimque pax | cum Isaac immolatur
- Ein Mädchen pflückt von einem Apfelbaum – Non finera Time | eritis sicuti dii (1 Mos 3,5)
- Opferlamm – Ad vulnera mutus | agnus paschae deputatur.
- eine Hand aus einer Wolke droht einem naschenden Hund – Terrore fugantur | non mittendus canbus
- ein Pilger pflückt vor einem Baum – Fouet et satiat | factus cibus uiatorum
1852 Innenrenovierung:
- tiefgreifende Veränderung des Raumes: Anpassung der Stuckdekoration an den Zeitgeschmack, evtl. Übertünchung der barocken Fresken (oder erst 1889)
- Umbau der Altäre
1889 Übermalung der barocken Fresken durch neue Deckengemälde (Maler: Karl Keller)
1951 Außenrenovierung
1965/55 Innenrenovierung
- Freilegung der Fresken von Matthias Wolcker
- Neufassung des Stucks (von Balthasar Suiter um 1735), der Altäre der Kanzel und Holzfiguren
Für die Erdteilallegorien zog Matthias Wolcker Inspiration aus dem Werk von Johann Christoph Storer, dessen Kompositionen durch die Kupferstiche von Bartholomäus Kilian Verbreitung fand. Die Erdteile weisen auffallende Ähnlichkeiten zu denen in dem Kupferstich „Verherrlichung der Immaculata Conceptio durch die Jesuiten und die Erdteile“ [1], der bereits in reduzierter Form für den unbekannten Maler des Immaculata-Bildes in der Eichstätter Schutzengelkirche vor 1697 fungiert hat.
Für die Embleme verwendete Matthias Wolcker als Vorlage die Emblembücher von
- Jakob Bosch, Symbolographia sive de arte Symbolica … Augsburg 1701,
- Anton Ginther, Mater Amoris et Doloris, Augsburg 1711,
- Anton Ginther, Speculum Amoris et Doloris in sacratissimo ac divinissimo corde Jesu, Augsburg 1731
sowie Kupferstiche von Johann Gaspar Guetwein. Darüber hinaus stammen die Zitate in den Emblemen im Chor aus der Hymnus „Lauda, Sion slavatorem“. Der Verfasser war Thomas von Acquin.[2]
Für das mariologische Programm im Langhaus bediente er sich des 1714 erstmals in Augsburg und dann in einer zweiten Auflage 1726 in Mindelheim erschienenen Wallfahrtsbuch „Gnaden-Bräu der Übergebenedeyten Mutter Gottes…“, das das Bildprogramm der Wallfahrtskirche in Kirchhaslach dokumentiert.
[1] Vgl. Appuhn-Radtke 2001, Abb. 44, D 42.
[2] Vgl. KD Schwaben 7/1972, 82 u. 84.
In Aislingen plante der am 1. Oktober 1732 in Dienst getretene Pfarrer Johann Matthias Brigl schon bald eine größere Erneuerung der Kirche. Zur Finanzierung musste er wohl von der Kanzel herab die Kirchengemeinde um Spenden angesucht haben, da sich bis zum Baubeginn 1737 „mehrere kleinere und größere Vermächtnisse“ gab, wie das von Juvenis Johann Kränzle, der am 28. Mai 1734 verstorben war. Er vermachte 180 fl. „ad altare summum“, 10fl. an die 1654 gegründete Rosenkranzbruderschaft und 10 fl. „ad sacra“.[1] Ansonsten begeisterte er auch den Patronatsherren, den Augsburger Fürstbischof, für seine Idee, da dessen Pflegverwalter Josef Ignaz Weitpodtner 1735 erste Kostenvoranschläge von Handwerkern aus Dillingen einholte:
1735 Dillingen:
- Maurermeister Baltasar Suiter (†1754) – 2 Mal Material von 450 fl. und 385 fl.
- Zimmermeister Josef Gebele – Dachstuhl 800 fl.
1737 Lauingen:
- Zimmermeister Johann Jakob und Josef Unterseher – Vorlage aquarellierter Risse der Kirche und Dachstuhl zu 664 fl.
Den Zuschlag zum Dachstuhl erhielt das preiswertere Lauinger Angebot, während beim Dillinger Maurermeister Suiter festgehalten wurde. Aus dem überarbeiteten Plan, der nun nicht nur die Materialkosten i. H. v. nun 647 fl. 10 kr., sondern auch seine Arbeitsstunden umfasste, werden folgende Umbaumaßnahmen für die Aislinger Kirche ersichtlich: Verlängerung, Erhöhung, Stabilisierung von alten Mauern, neue Stuckdecke, Einbau von Emporen, neue Pflasterung, Entfernung von Beichtstühlen, Verputzen …
„Erstlich 2 Schuh höher mauern als die alte sich befindet, und 12 Schuh in die Länge daran mauern; ein Vorzeichen mit einem Portal; auch eine Stiege außer dem Kirchhof aufmauern; im Riß zu sehen, daß 2 Beichtstühle ausgebrochen werden, auch daß man von der Sakristei durch den Beichtstuhl auf den Predigtstuhl kann gehen. Die Mauer gegen Mitternacht hat sich in der Mitte um einen ganzen Schuh hinausgegeben; kann nicht umgangen werden, die Mauer ein gutes Stück abgebrochen zu werden, bis man eine gute bekommt. Muß auch eine Decke gemacht werden von Gipsarbeit im Chor und Langhaus, Sakristei, 2 Emporen, auch das Pflaster zu legen. Daran hat der Mauerermeister zu verdienen 309 fl. 40. kr.; die Kirche außen und innen zu putzen 180 fl. 40 kr.; für das gipsen hat der Maurermeister zu verdienen 150 fl. 30 kr. = 640 fl. 40 kr. – Für Materialien 674 fl. 10 kr., darunter 4 Faß Yps à 7 fl. 30 kr. [= 30fl.]“[2]
Nach Zustimmung des neuen Fürstbischofs Johann Franz Schenk von Stauffenberg (reg. 1737–1740) wurden sogleich mit den Arbeiten begonnen. Da die Baurechnungen nur lückenhaft in Kopie im Hauptstaatsarchiv München erhalten sind, können die realen Kosten nur zum Teil mit 269 fl. 49 kr. für Gips- und Stuckarbeiten, 225 fl. für Malerei, 170 fl. für Material für Rost, Kirchengestühl und Empore sowie nochmals 560 fl. für die Schreinerarbeiten nachvollzogen werden. Weiter geht aus den Quellen hervor, dass die Kosten für das neue Kirchengestühl zwischen der Kirche und der Gemeinde aufgeteilt wurden. Während für das Chorgestühl die Kirche aufkam, wurde das Gemeindegestühl von jedem „Eingepfärrten“ selbst getragen.[3] Julius Schoettl vermutet darüberhinaus in seiner Analyse der Baugeschichte, dass die vielen Legate zur Rosenkranzbruderschaft ein Hinweis darauf sein könnten, dass diese für die Malerei aufgekommen sei.[4]
Nach Abschluss der Arbeiten kamen bischöfliche Kontrolleure zur Begutachtung des Baus und hielten in einem Bericht vom 28. Juli 1739 fest, dass nicht gespart wurde, sondern dass Stuckatur und Malerei und ebenso die „sauber gearbeiteten Kirchenstühle und die noch kostbareren Beichstühle“ „sumptuos“ waren.[5]
[1] Schoettl Baugeschichte 1967, 55f.
[2] Baurechnung von 1737, transkribiert in neuer Schreibweise von ebenda, 56.
[3] Vgl. ebenda, 57.
[4] Vgl. ebenda, 59f.
[5] Schoettl Baugeschichte 1967, 57. In den Folgejahren unter dem neuen Pfarrer Johann Georg Rueff (reg. 1740–mind. 1766) kamen noch Kanzel (1743), Orgel (aus Oberschönenfeld 1744) und die neue Fassung des Choraltars (bis 1755) dazu. Auch diese wurden zum Teil aus Vermächtnissen von Gemeindemitgliedern bezahlt: 1745/46 Johann Waiß (ehem. Bürgermeister) 50fl. zur Fassung des Hochaltars; 1747/48 Baltasar Heinle (Ziegler) 25 fl. zu Kirchenornat, 50fl. zu Choraltar und Kanzel; 1755 Maria Domina (Witwe) 100 fl. für den Hochaltar. Nicht nur monetär, sondern auch in Naturalien oder Objekten wurden gestiftet wie etwa von Anton Brigl, Kanonikus am Augsburger Stift Moritz, der der Pfarrei Aislingen Opferkännchen übergab. Eventuell war er mit dem Vorgänger Rueffs und Erbauer der Pfarrkirche Johann Matthias Brigl (†1739) verwandt. Vgl. ebenda, 59.
Zuletzt aktualisiert am: 07.12.2015