Sontheim (Unterallgäu), St. Martin Zitieren
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In den oberen zwei Bildecken lüften Engel einen roten Vorhang und öffnen den Blick auf einen mächtigen, in starker Untersicht wiedergegebenen Kuppelbau, in dessen Opaion Gottvater auf Wolken auf das Geschehen unter ihm blickt. Eingerahmt von drei Arkaden befindet sich auf einem türkisfarbigen Altar ein goldener Baldachin, aus dessen Mitte auf Wolken schwebend Maria mit dem Kind auf dem Arm steht. Sie ist als Himmelskönigin mit Krone und Szepter wiedergeben. Ihr Haupt ist von einem Strahlenkranz umgeben, mit ihrem rechten Fuß tritt sie auf eine Mondsichel. Ihre Jungfräulichkeit und Keuschheit findet durch ein Lilie, die ein Putto zu ihren Füßen hält, Betonung. Das Christuskind in ihrem Arm trägt ebenfalls eine Krone sowie einen Reichsapfel in seiner rechten Hand. In seiner linken Hand hält er einen goldenen Zweig sowie einen Rosenkranz, den er scheinbar aus einer Schale voller Rosenblüten und Rosenkränzen entnommen hat. Diese Schale wird von einem Engel dem Paar von rechts betreut. Flankiert wird diese Szene von den Heiligen Dominikus sowie Katharina von Siena. Beide in der Tracht der Dominikaner, knien auf dem Altar und halten in ihren Händen den empfangenen Rosenkranz. Ihr Blick wie auch der der Gottesmutter ist nach unten auf die vor dem Altar kniende Menschheit gerichtet. Diese wird allegorisch durch die vier Vertreter der Erdteile repräsentiert. Versammelt haben sich diese um eine Weltkugel.
Am linken Bildrand kniet zu vorderst Europa und hinter ihr Afrika. Europa ist in wallenden Gewänder gekleidet und auf ihrem gepuderten Haar trägt sie eine Mauerkrone. Sie deutet mit ihrer linken Hand auf weitere ihr zugeordnete Attribute auf einem Kissen vor ihr: Tiara, Schlüssel Petri, Papstkreuz und Mitra. Auf der ersten Stufe der dreistufigen Treppen, die zum Altar hochführen, ruhen ihre weiteren, überwiegend weltlichen Attribute: Kronen, Kurfürstenhut, Szepter und Kardinalshut. Ein Page, fragmentarisch am Bildrand zu erkennen, begleitet sie. Hinter ihm steht die ebenfalls weibliche Personifikation Afrikas. Bis auf einen wallenden grünen Mantel ist ihr Oberkörper entblößt. Neben Perlen sowie goldenen Reifen am Arm und diagonal über der Brust verlaufend schmückt sie sich mit einer reich verzierten Elefantenexuvie auf ihrem Kopf. Wie ihr Page hinter ihr, der sie mit einem grünen Sonnenschirm beschützt, ist sie von schwarzer Hautfarbe. Ein Papagei sitzt auf dem Scheingesims. Ihrer Verehrung der Rosenkranzspende gibt sie analog zu ihren „Geschwister“ durch einen himmelnden Blick, ihre Hand auf ihr Herz gelegt sowie die Darreichung eines brennenden Herzens (außer Europa) Ausdruck. Die ausstrahlende Wirkung auf die gesamte Weltbevölkerung wird auch nochmals durch das Attribut des heiligen Dominikus neben der Weltkugel unterstrichen: Ein Hund mit einer brennenden Fackel im Maul soll hiermit die ganze Welt mit der Liebe zu Gott in Flammen setzten.
Europa und Afrika gegenüber am rechten Bildrand befinden sich die anderen beiden Erdteilallegorien. Der männliche Repräsentant der Asia kniet im Vordergrund. Er trägt eine blaue Pluderhose und darüber einen roten wallenden Mantel mit Hermelinkragen, -futter und -besatz am Ärmelsaum. Perlen am Turban sowie am Hals wie auch eine Goldkette mit dem Sonnensymbol sowie dem osmanischen Halbmond auf dem Turban bezeugen den Reichtum wie auch die Andersgläubigkeit des Kontinents. Seine Begleitung setzt sich aus zwei Pagen und einem Kamel zusammen. Amerika ist als einzige alleine. Auch sie ist mit einem blauen wallenden Mantel bekleidet, der den Oberkörper frei lässt. Goldschmuck an den Armgelenken, am Oberarm, am Hals, an den Ohren sowie ein Diadem mit Federn im schwarzem krausem Haar dienen als Schmuck. Ein diagonal über die Brust verlaufendes Goldband hält den Köcher voller Pfeiler auf ihrem Rücken. Im linken Arm hält sie den dazugehörigen Bogen.
Von West nach Ost:
EMPROE (1988):
- heiliger Nikolaus vor der 1807 abgerissenen Sontheimer Nikolauskapelle
- König David und heilige Cäcilia
- zwei deutsche Kaiser: Ludwig der Fromme und Heinrich II. von Bamberg
LANGHAUS
- nördliche Seitenbilder:
- heiliger Mauritius: der Heilige und seine Gefährten leisten keinen Widerstand gegen die bevorstehende Enthauptung
- heiliger Martin: Wahl des Heiligen zum Bischof von Tours im Jahre 372
- heiliger Mauritius: das Martyrium des Heiligen
- Mittelbilder:
- Krönung Mariens (J. Baumann, 1950)
- Der Tod des heiligen Martin
- die Mantelspende des heiligen Martin (signiert: Joh Bap: Enderle pinxit..)
- Verherrlichung der Heiligen und Kirchenpatrone Nikolaus und Mauritius verherrlicht durch den Dorfpfarrer B. Wagner und die Kirchengemeinde
- südliche Seitenbilder:
- heiliger Mauritius: Verweigerung der Anbetung heidnischer Götter
- heiliger Martin: Taufe des Heiligen durch Hilarius, Bischof von Poitiers
- heiliger Mauritius: Glorie des Heiligen
CHOR
- nördliche Seitenbilder:
- heiliger Lukas (J. Baumann, 1946)
- heiliger Johannes (J. Baumann, 1946)
- Mittelbilder:
- Inschriftenkartusche: ALMa DeI genItrIX ConfratrIbVs tVI rosarII sIs pIa AVXLIatrIX [= 1757]
- Rosenkranzspende Mariens an die Heiligen Dominikus und Katharina von Siena, verherrlicht durch die vier Erdteile
- Wappen von Anselm Erb, Abt von Ottobeuren
- südliche Seitenbilder:
- heiliger Markus (J. Baumann, 1946)
- heiliger Matthäus (J. Baumann, 1946)
Die Kirche wurde zweimalig 1833 um ein Joch und 1949 um 3,5 Meter gen Westen verlängert. 1883 wurde die Orgelempore eingebaut. Im Anschluss an die letzte Verlängerung wurden die bis dato leeren Deckenflächen mit Fresken sowie Stuckaturen in der Art der barocken Vorbilder von Johann Baptist Enderle dekoriert. Ebenfalls wurde die Ausstattung zwischen 1951 und 1955 im Neorokoko erneuert, da die Kirche im Zweiten Weltkrieg nicht nur am Turm Schäden davontrug, sondern auch die Kanzel den Kriegswirren zum Opfer fiel. Die verantwortlichen Künstler waren der Stuckateur Josef Schnitzer (Buching), die Bildhauer Franz Hoser jun. (Günzburg) wie Hans Horst Beckert (Füssen b. Lech), der Fassmaler Georg Haugg (Sontheim) und der Maler J. Baumann.
Die Fresken befinden sich in sehr gutem Zustand. Nur der „Glanz“ des Chorfreskos mit den vier Erdteilen ist aufgrund von „falschen Restaurierungsmaßnahmen des ausgehenden 19. Jh. stärker angegriffen (Vergrauungen, z. T. mit dunklen, schwärzlichen Punkten durchsetzt)“[1].
Letztmalig wurde die Kirche 1975 außen und 1977/1978 innen restauriert.
[1] Harzenetter 1988, 6.
Johann Baptist Enderle hat sowohl sich selber als auch eine Reihe von Künstlerkollegen zitiert. Die in Grisaille ausgeführten östlichen Eckkartuschen im Langhaus mit Szenen aus dem Leben des heiligen Mauritius hat er im gleichen Jahr bereits[1] in der Pfarrkirche St. Moritz in Wallenhausen im jeweiligen Hauptbild im Chor und Langhaus integriert. Im Sontheimer Langhausfresko verwendet er bei seinen Engeln Versatzstücke aus dem Œuvre Tiepolos[2] (linke Engelgruppe), Johann Georg Bergmüllers (zwei Engel ganz außen rechts) und von seinem Lehrer Franz Martin Kuen (unterster Engel).[3]
Im Chorfresko verweist die starke Untersicht der Scheinarchitektur zu Kuens Chrofresko in der Pfarrkirche Heilig Kreuz von Mindelzell aus dem Jahr 1750. In den Figuren der Erdteilpersonifikation übernimmt er die Europa aus dem Herbertshofener Erdteilfresko von 1754, während die Asia und Amerika einem Stich von Gottfried Bernhard Göz „entnommen“ sind.
[1] Enderle arbeitete zuerst in Wallenhausen und dann in Sontheim. Vgl. Dasser 1970, 26f. (in der chronologischen Übersicht auf S. 161 hat Dasser die Reihenfolge fälschlicherweise umgekehrt).
[2] Bereits sein Lehrer Kuen war mit der Kunst Tiepolos bestens vertraut wie Zeichnungen im Bestand des Museum Weißenhorn zeigen. Vgl. hierzu ausführlich Kunze „Vorbild Tiepolo – Die Zeichnungen des Franz Martin Kuen aus dem Museum Weißenhorn“ (1992).
[3] Laut Mair diente auch Riepps Gemälde die „Vision des Hl. Franziskus“ aus der Kapuzinerkirche in Donauwörth Enderle als Vorlage für seine Engelsgruppe im Hauptfresko der Sontheimer Pfarrkirche (1757) und wiederum in Hochheim am Main (1775). Enderle lieferte 1755 zeitgleich zu Riepp ebenfalls ein Altargemälde für Donauwörth, dargestellt „Unterweisung Mariens“. vgl. Mair 2003, 6 Anm. 51. è INWIEWEIT NICHT EINFACH VERWENDUNG DER SELBEN VORLAGEE
Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2016