Mallersdorf (Straubing-Bogen), St. Johannes Evangelist [Fresken] Zitieren
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Das drei Joche überspannende Deckenfresko im Chor der Klosterkirche ist der Verherrlichung des apokalyptischen Lammes und der Missionstätigkeit des Benediktinerordens in der Welt gewidmet. Im Zentrum des Freskos erstrahlt in einer goldenen Glorie Gottvater thronend mit dem Tetramorph und unter ihm das Lamm Gottes mit dem siebenfach versiegelten Buch, das von einem Engel empor gehalten wird. Zu beiden Seiten sind die 24 Ältesten und eine Vielzahl von Engeln versammelt. Es handelt sich hierbei um die Vision des heiligen Johannes auf Patmos nach Offb 5,8–14. Johannes selber ist in Begleitung seines Symboltieres, dem Adler, und der Personifikation des Glaubens mit Federkiel auf einer Wolke schwebend im Osten des Freskos dargestellt. Unter ihm befindet sich eine der zwei terrestrischen Szenen, die das Himmelsphänomen an den Schmalseiten des Freskos beschließen.
Inmitten einer grünen Hügellandschaft führt der heilige Benedikt das Missionswerk seiner Brüder an, indem er mit seinem Abtstab eine Götzenstatue zerstört. Dieser Akt wird von der im Profil dargestellten Personifikation Europas ehrfurchtsvoll beobachtet. Einen Krönungsmantel tragend und mit Zepter und Krone kniet sie vor dem Sockel der gestürzten Statue. Zu ihren Füßen ist ihr steter Begleiter ein Pferd zu sehen. Neben diesem vertreiben Mitglieder des Klerus (Bischöfe, Papst und ein Benediktiner) mit der Kraft des allerheiligsten Altarsakraments und des Kreuzes (Blitze) die Anhänger Luthers, Zwinglis und Calvins. Die Personifikation Asiens und ihr Kamel bleiben davon unbehelligt. Sie sitzt etwas oberhalb von diesen Gottesstreitern und schaut gebannt zum Himmelsphänomen hinauf. Hinter Europa ist ein Benediktiner in der Lehre tätig, ein anderer tauft einen Herrscher, andere wiederum führen auf der gegenüberliegenden Seite eine Prozession an und sind im Gespräch mit Ordensschwestern vertieft.
Der Europa und Asien gewidmete Ostseite des Freskos steht im Westen die Tätigkeit des Ordens in Übersee gegenüber. Die Ordensbrüder nehmen die Gefahren der Überfahrt – dargestellt durch die wogende See und einer Hydra – im Schutze Maria Immaculatas auf sich. Unter ihrer Führung gelangen sie in fremde Welten, die rechts (Amerika) und links (Afrika) von dieser Mittelszene zu sehen sind. Die Bewohner beider Erdteile sind von brauner bis schwarzer Hautfarbe, meist nur mit einem Federrock gekleidet und mit Perlen und Goldbändern geschmückt. Sie empfangen voller Demut und Ergebenheit das Wort Gottes von den Benediktinern, die in ihrer Mitte missionierend tätig sind.
Theologisch bezieht sich das Programm des Chorfreskos auf die Bibelstelle Offb 5,8–14:
„Als es das Buch empfangen hatte, fielen die vier Lebewesen und die vierundzwanzig Ältesten vor dem Lamm nieder; alle trugen Harfen und goldene Schalen voll von Räucherwerk; das sind die Gebete der Heiligen. / Und sie sangen ein neues Lied: Würdig bist du, / das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du wurdest geschlachtet / und hast mit deinem Blut / Menschen für Gott erworben / aus allen Stämmen und Sprachen, / aus allen Nationen und Völkern / und du hast sie für unsern Gott / zu Königen und Priestern gemacht; / und sie werden auf der Erde herrschen. / Ich sah und ich hörte die Stimme von vielen Engeln rings um den Thron und um die Lebewesen und die Ältesten; die Zahl der Engel war zehntausendmal zehntausend und tausendmal tausend. / Sie riefen mit lauter Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet wurde, / Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, / Kraft und Ehre, Herrlichkeit und Lob. / Und alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde, unter der Erde und auf dem Meer, alles, was in der Welt ist, hörte ich sprechen: Ihm, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm / gebühren Lob und Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit. / Und die vier Lebewesen sprachen: Amen. Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an.“
Die Ikonografie der Erdteile wird hier mit dem neutestamentlichen Sinnbild des geopferten und siegreich auferstandenen Christus in Gestalt des Lammes verbunden.
Von West nach Ost:
LANGHAUS
Die Weigerung des Hl. Johannes Evangelist der Häresie nachzugeben [M. Schiffer, 1776]
Chorbogen [J.A. Schöpf, 1747]:
- (Langhausseite): Adler fliegen der Sonne entgegen – Inschrift: SURSUM CORDA – Spruchband: Hic es ni reverens instat caeli ultio stricta terrIbILIs LoCVs Iste, DeIqVe trI-VnIVs aeDes IVsta reportabIs, sI reVerenter aDs. [= 1740]
- (Chorseite): Stifter des Klosters die Grafen von Kirchberg – Inschrift: DEO TER OPT. MAX. IN HONOREM S. IOANNIS APOST & EVANGEL MARTVRIS VIRGINIS SECRETARIO VERBI DIVENI. FILII MARIAE VIRGINIS DILECTI IESU DISCIPULI MAGISTRI DILECTIONIS. — HANC AEDEM FUNDAMUS DICAMUS ET CONSECRAMUS PATER ET FILIUS HENRICUS ET ERNESTUS, COMITES KIRG-BERGENSES
CHOR [J.A. Schöpf, 1747]:
- nördliche Seitenbilder (Grisaille):
- Maria im Rosengarten und der heilige Johannes mit dem Symbol der Jungfräulichkeit Mariens einer Lilie – Spruchband: PASCITUR INTER LILIA Cant. 6. – Inschriftenkartusche: VIRGO
- Erhitzen eines Kessels und der heilige Johannes in siedendem Öl – Spruchband: TANQUAM AURUM FORNACE PROBAT Sap. 3. – Inschriftenkartusche: MARTIR
- Mann schaut einer Taube mit Ölzweig hinterher und heiliger Johannes als Autor seines Evangeliums „IN PRINCIPIO ERAT VERBU.“ - Spruchband: TULIT MEDULAM CEDRI Ezech. 17. – Inschriftenkartusche: EVANGELISTA
- Springbrunnen im Garten und Predigt des heiligen Johannes – Spruchband: IRRIGANS UNIVERSA PERFICIEM TERRAE Gen. 2 [Gen 2,6] - Inschriftenkartusche: APOSTOLUS
- Mittelbild: Vision des heiligen Johannes auf Patmos, im Angesicht der erfolgreichen Ausbreitung des Benediktinerordens unter dem Schutz Mariens [Signatur]
- südliche Seitenbilder (Grisaille):
- zwei Personen in einem Weinkeller und Predigt des heiligen Johannes – Spruchband: ORDINAVIT IN ME CHARITATEM Cant. 2. – Inschriftenkartusche: MAGISTER DILECTIONIS
- Moses segnet den Stamm Benjamins und das letzte Abendmahl – Spruchband: BENIAMIN AMANTISSIM[us] DOMINI Deut. 33 - Inschriftenkartusche: DILECTUS JESU
- ein Putto pflanzt einen Baum und die Kreuzigung Christi – Spruchband: ACCIPIT IN SUA Ioan. 19. – Inschriftenkartusche: FILIUS MARIAEV
- Putto mit Schlüsseln vor einer verschlossenen Tür und der heilige Johannes auf Patmos – Spruchband: TU POTUISTI APERIRE SACRAMENTUM. Dan. 2 – Inschriftenkartusche: SECRETARIUS VERBI
Das Chorfresko wurde laut Inschrift 1890 durch A. Kainz aus Pfaffenberg restauriert. Letzte Restaurierung des Inneren fand zwischen 1972 und 1975 statt.
Die Missionsgruppen entstammen zum Teil dem Kupferstich „Glorie des heiligen Benedikt“ von Johann Karl von Reslfeld (1658–1735), gestochen von Leonhard Heckenauer (1655–1704). Für eine Abbildung der gesamten Komposition Reslfelds sowie weiterführender Informationen siehe Die Glorie des Hl. Benedikt - Thesenblatt von J. K. von Reslfeld und dessen Rezeption.
Zuletzt aktualisiert am: 24.02.2016